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1. Rechtsgrundlagen

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Hat in einem Verfahren gegen einen Angeklagten, der zur Tatzeit Jugendlicher oder Heranwachsender war, statt des zuständigen Jugendgerichts ein Erwachsenengericht gleicher (oder niedrigerer) Stufe entschieden, begründet dies nach § 338 Nr. 4 StPO die Revision.

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Über Verfehlungen Jugendlicher entscheiden die Jugendgerichte (§ 33 Abs. 1 JGG).[29] Dies gilt gleichermaßen für Heranwachsende (§ 107 JGG),[30] unabhängig davon, ob auf sie Jugendrecht oder allgemeines Strafrecht anzuwenden ist (§ 108 JGG). Bei der Zuständigkeit des Jugendgerichts verbleibt es auch dann, wenn eine einheitliche Tat bzw. mehrere Verfehlungen desselben Beschuldigten Gegenstand des Verfahrens sind, die dieser teilweise als Heranwachsender, teilweise als Erwachsener begangen hat,[31] ohne dass es darauf ankommt, wo das Schwergewicht der Taten liegt.[32] Bei einer einheitlichen Tat bewirkt eine Beschränkung des Verfahrens wegen der vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangenen Einzelhandlungen bzw. Tatteile (§ 154a Abs. 2 StPO) keine Zuständigkeitsänderung.[33] Dies hat zur Folge, dass das allgemeine Strafgericht seine Zuständigkeit nicht dadurch herbeiführen kann, dass bei einer einheitlichen Tat das Verfahren auf die Einzelhandlungen bzw. Tatteile gem. § 154a Abs. 2 StPO beschränkt wird, die nach Vollendung des 21. Lebensjahres begangen worden sein sollen.[34]

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Eine Zuständigkeitsänderung kann auch nicht mehr dann erfolgen, wenn nach Eröffnung des Verfahrens durch das Jugendgericht eine Abtrennung bzw. eine Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO bzgl. derjenigen Verfahren erfolgt, die Taten eines Jugendlichen bzw. Heranwachsenden zum Gegenstand haben. Nach §§ 47a, 109 Abs. 1 JGG darf sich das Jugendgericht auch dann nicht mehr als unzuständig erklären, wenn die zur Aburteilung verbleibenden Taten vor ein für allgemeine Strafsachen zuständiges Gericht gleicher oder niedrigerer Ordnung gehören. Die Vorschrift berührt die Zulässigkeit der Abgabe eines Verfahrens vom Jugendrichter bzw. Jugendschöffengericht an die Strafkammer gem. § 270 StPO also nicht. Verhandelt mithin ein für allgemeine Strafsachen zuständiges Gericht gleicher oder niedrigerer Ordnung in einem Verfahren, das erst nach Eröffnung durch das Jugendgericht übernommen worden ist, begründet dies den Revisionsgrund der Verhandlung vor einem unzuständigen Gericht nach § 338 Nr. 4 StPO.

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Bei der Zuständigkeit des Jugendgerichts verbleibt es auch dann, wenn sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens herausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat nicht Jugendlicher oder Heranwachsender war. Gelangt demgegenüber ein allgemeines Strafgericht erst in der Hauptverhandlung zu der Erkenntnis[35], dass der Angeklagte bei Begehung der Tat (nicht ausschließbar) noch Jugendlicher oder Heranwachsender war, ist die Sache an das zuständige Jugendgericht zu verweisen. Das gilt selbst dann, wenn zuvor die Jugendkammer das bei ihr angeklagte Verfahren nach §§ 209, 209a Nr. 2a StPO wegen gegenteiliger Einschätzung vor der Strafkammer eröffnet hatte.[36] Eine Verfahrensbeschränkung nach §§ 154 Abs. 2, 154a Abs. 2 StPO lässt die Unzuständigkeit des Erwachsenengerichts nicht entfallen.[37]

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Die Erhebung der Verfahrensrüge der Verkennung der Zuständigkeit (§ 338 Nr. 4 StPO) setzt nicht voraus, dass der Beschwerdeführer rechtzeitig zu Beginn der Hauptverhandlung die Unzuständigkeit des Gerichts gerügt hat, da § 6a StPO im Verhältnis zur Jugendgerichtsbarkeit keine Anwendung findet.[38] Erforderlich ist die ausdrücklich auf § 338 Nr. 4 StPO zu stützende Verfahrensrüge der Unzuständigkeit.[39]

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