Читать книгу Slow Dancing In A Burning Room - Rika Mayer - Страница 12

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Sie kaute gedankenverloren an einer Haarsträhne, während sie mit verzweifeltem Blick den Inhalt ihres Kleiderschranks scannte. Auf dem Bett hatte sie bereits einige Outfits ausgelegt und dann doch gleich wieder verworfen. Die Kleiderfrage war ihr schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Früher war das so einfach gewesen: Ein Top, Jeans und ganz viel Schmuck. Aber sie konnte schlecht wie ein Punk zu dem Interview erscheinen. Oder doch? Immerhin war die Band auch nicht gerade Mainstream.

„Sinnkrise?“ Im rettenden Augenblick tauchte Albin hinter ihr auf und legte seine Arme um ihre Hüften. Linnea zuckte erschrocken zusammen und brachte Albin damit zum Lachen. Linnea war allerdings längst viel zu genervt, um ihre Situation lustig zu finden und sie wand sich aus seiner Umklammerung. Albin wollte keinen erneuten Streit provozieren und schob einen Berg Wäsche zur Seite, um sich aufs Bett setzen zu können. „Ich bin früher nach Hause gekommen, um dir für dein Interview viel Glück zu wünschen...“ „Hallooo!“ „Allerdings musste ich auch deine Mutter herein lassen...“

Agneta spazierte fröhlich zur Tür herein und gesellte sogleich zu ihrer Tochter und betrachtete deren Spiegelbild in der Schranktür. „Wusst ich’s doch, dass du ohne mich völlig verloren sein würdest.“ Damit überreichte sie Linnea mit einem selbstbewussten Lächeln einen Kleidersack. „Und keine Sorge, es ist nur aus dem Büro geliehen.“ Linnea nahm etwas skeptisch an und öffnete den Reißverschluss. Zum Vorschein kam ein dunkelblaues Etuikleid – spießig – mit tiefem Ausschnitt – sexy - und Nieten an Kragen und Gürtel – lässig. „Mamma...“ „Du brauchst nichts zu sagen“, wehrte Agneta sofort ab. „Ich weiß doch, dass mein Kind nicht meinen Sinn für Stil geerbt hat.“ Nein, den hatte sie eindeutig von ihrem Vater. Rock und T-Shirt waren schon Abendgarderobe. Es war das was man als Ironie bezeichnete, dass sie mit zwei absoluten Modefreaks zusammen lebte.

„Mach schon, zieh es an!“, drängte Albin und Linnea beeilte sich, sich aus dem Handtuch zu schälen, das sie nach dem Duschen eilig umgewickelt hatte. Agneta hatte bereits mit dem sicheren Gespür einer Modejournalistin einen BH aus der Kommode gezogen und half dann ihrer Tochter dabei das Kleid überzuziehen. „Wow“, staunte Albin, als Agneta den Reißverschluss zuzog und Linnea sich vor dem Spiegel hin und her drehte. „Ich weiß nicht, ob ich dich so zu einem Interview mit Haydn Cavendish gehen lassen kann.“ „Ach Unsinn!“, schüttelte Agneta den Kopf. „Hör nicht auf ihn, Kind. Du siehst fantastisch aus und er wird sich hüten, dich anzufassen.“ Dann suchte sie die passenden Schuhe aus einer der anderen mitgebrachten Tüten. Schwarze Ankleboots mit zwei sich überkreuzenden Nietenbändern. Gerade hoch genug, um Linnea die perfekte Silhouette zu verpassen, ohne dass sie dabei über ihre eigenen Füße stolperte.

„Aber was mach ich mit den Haaren?“, drehte sie sich schließlich herum und sah von ihrer Mutter zu Albin. Als Teenager – in ihrer 80s Rock Phase in der sie davon träumte ein berühmtes Groupie zu sein - hatte sie sich ihre blonde Mähne schwarz gefärbt und Agneta damit zur Weißglut getrieben. Heute reichten ihre Haare fast bis zum Po, waren aber völlig ohne jeden Schnitt, weshalb Agneta immer wieder an ihr herummaulte. „Irgendwann schneide ich sie dir in der Nacht einfach ab“, drohte sie jedes Mal.

„Ich wüsste ja die perfekte Frisur zu diesem Kleid“, zuckte sie auch diesmal die Schultern. „Aber dazu müssten wir dich zum Frisör schicken.“ „Ich hol mal den Fön und Lockenstab“, lenkte Albin ein und verschwand ins Bad. Linnea wickelte sich das Handtuch vom Kopf und schüttelte ihr Haar aus. Dann stieg sie wieder aus dem Kleid, um es nicht gleich zu ruinieren. Wenn Agneta es tatsächlich aus dem Büro mitgebracht hatte, kostete es so einiges.

Etwa eine halbe Stunde später hatte Albin so etwas wie Ordnung in das Wirrwarr auf ihrem Kopf gebracht und Linnea drehte sich eine Locke um den Finger, während sie sich ein letztes Mal im Spiegel betrachtete. In diesem Outfit fühlte sie sich beinahe sicher genug, um den König zu interviewen. Wobei sie sich im selben Moment nicht ganz sicher war, was nun im Endeffekt schlimmer war: König oder Haydn Cavendish.


„Linnea, bist du das etwa?“ Oscar hielt ihr die Tür zum Taxi auf und grinste ihr entgegen. Linnea streckte das Kinn vor und stieg ein. Erst als das Taxi anrollte, spürte sie, wie ihre Handflächen feucht wurden. ‚Nein’, versuchte sie sich zu beruhigen. ‚Du wirst nicht ohnmächtig! Du wirst nicht ohnmächtig!’ Obwohl die Vorstellung, von Haydn Cavendish aufgefangen zu werden... ‚Denk erst gar nicht daran, dir das vorzustellen!’

„Sag mal“, wandte sie sich schließlich an Oscar, der ja schon so einige Erfahrungen mit Interviews gesammelt hatte, „kannst du mir nicht ein paar Tipps geben?“ Sie gab sich Mühe nicht völlig verzweifelt zu klingen, denn das war sie eigentlich gar nicht. Nur unsicher. „Ich krepier hier sonst, weil ich nicht weiß, wie ich das Ganze angehen soll.“ „Was willst du wissen?“, trommelte Oscar auf seiner Tasche und Linnea zuckte die Schultern. „Wie begrüße ich ihn?“ „Ha-ha.“ „Nein, ehrlich! Ich hab keine Ahnung. Sag ich hi oder hallo oder guten Tag?“ Oscar hantierte an seiner Kamera herum und zuckte nun seinerseits die Schultern. „Wahrscheinlich begrüßt er dich zuerst. Dann sagst du einfach dasselbe.“ „Und soll ich fragen, ob wir uns siezen oder duzen?“ „Du meine Güte, hast du dir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht?“ „Sicher“, nickte sie. Sie würde allerdings nicht zugeben, dass sie sogar im Badezimmer vor dem Spiegel versucht hatte zu üben. „Deshalb stell ich dir jetzt all diese Fragen.“ Oscar steckte die Kamera zurück in die Tasche und lehnte sich zurück. „Weißt du, Linnea, zieh einfach dein Ding durch und lass dich nicht beirren.“ Ihr Ding? Welches Ding denn? Sie hatte ja überhaupt kein Ding. Sie hatte nur einen Spickzettel und ihren Sturkopf. Reichte das?


Slow Dancing In A Burning Room

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