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Linnea lag im Bett und starrte wachen Auges an die Decke. Schon lange hatte sie sich nicht mehr so munter gefühlt, obwohl sie eigentlich unglaublich erschöpft war. Aber ihr Kopf wollte sich einfach nicht zur Ruhe betten und sie wälzte sich so lange hin und her, bis sie Angst bekam, Albin aufzuwecken und seufzend die Decke zurückschlug. Ihre Füße tasteten nach ihren Pantoffeln und sie tapste zur Couch. Wenn sie schon nicht schlafen konnte, dann konnte sie die Zeit genauso gut nutzen und sich ein bisschen mit ihrem Job vertraut machen. Auch wenn sie für die Universitätszeitung geschrieben hatte, so wusste sie doch viel zu wenig darüber, wie man ein Interview führte. Man konnte ja nicht einfach irgendwelche Fragen stellen. Und was, wenn man vom Thema abkam? Etwas, das bei ihrem Partner mehr als zu erwarten war.

Das Büro hatte ganze Arbeit geleistet. Die Mappe, die Karla ihr so bestimmt zugeschoben hatte, war voll mit Zeitungsartikeln, Interviews und Fotos des kanadischen Topmodels und Sängers, der so viele Gerüchte auslöste und über den man doch so wenig wusste. Außerdem fand Linnea auch die Special Edition des ersten Albums Murders They Sang. Ihre Mutter hatte die Cd eines Tages mit in ihre Wohnung gebracht und erklärt, sie hätte noch nie einen derart heftigen Orgasmus gehabt. Allein diese Aussage hatte Linnea bislang davon abgehalten, die Musik tatsächlich zu hören. Das und die Tatsache, dass ihre Mutter ihre unsterbliche Liebe zu ihrem Sänger geäußert hatte. Aber wenn sie nicht gefeuert werden wollte, musste sie dem Album wohl oder übel eine zweite Chance geben. Und jetzt war genauso gut Zeit dafür.

Sie beugte sich also erneut nach ihrer Tasche und holte ihren treuen Begleiter – ihren Discman – heraus. Ihre Zehen wickelte sie in die alte Häkeldecke, die ihr ihre Oma geschenkt hatte und sie schob sich ein Kissen ins Kreuz. Vielleicht würde die Musik ihr bei ihrem Auftrag helfen.

Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, völlig davon abgelenkt zu werden. Es war unmöglich, sich auf Interviewfragen zu konzentrieren, sobald Haydn Cavendish zum ersten Mal den Mund öffnete. Seine Stimme in all ihren Facetten, Höhen und Tiefen, hatte etwas Hypnotisierendes. Sie war voll, wie die eines Opernsängers, rau, wie die eines Rockstars und weich wie die eines Folksängers und es war fast unmöglich zu glauben, dass es immer ein und dieselbe Person war. Agents Provocateurs schienen sowieso in kein Muster zu passen: Sie waren zu flamboyant für Rock, aber kein Glam; viel Flöte und Violine, aber kein Folk; Alternative Riffs, aber kein Indie. Und jeder Einzelne von den Mitgliedern beherrschte seine Sache beinahe schon zu perfekt. Diese perfekte Illusion wurde allerdings durch die Texte zerstört, die leidenschaftlich, roh und metaphorisch daherkamen.


Slow Dancing In A Burning Room

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