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Kapitel 14

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Markus fand sich vor einem kleinen, unscheinbaren Häuschen wieder, als er aus dem Taxi stieg. Die graue Farbe schien speziell gewählt worden zu sein, um das Anliegen möglichst unauffällig zu machen, aber er wusste, was sich darin verbarg.

Ein Monster, anders konnte und wollte er den hier ansässigen Pfarrer nicht bezeichnen. Jemand der sich seit Jahrzehnten an unschuldigen Kindern verging konnte auf keinerlei Mitgefühl von ihm hoffen.

Wenn er nicht den Auftrag bekommen hätte, die ganze Sache genauer unter die Lupe zu nehmen, wäre er bereits wieder am Weg zurück in den Vatikan. So aber würde er sich jetzt mit diesem Pfarrer Brahm an einen Tisch setzen müssen, und versuchen, irgendwelche Informationen aus ihm herauszubekommen.

Er atmete nochmals tief durch, ging dann die drei kleinen Stufen zur Haustüre hoch und betätigte die Klingel. Er musste viermal läuten, bevor die Tür vor ihm einen Spalt geöffnet wurde und eine viel zu junge Person zu ihm aufblickte.

„Ja?“, fragte eine weibliche Stimme.

„Grüß Gott“, antwortete er, „Ich bin auf der Suche nach einem gewissen Sebastian Brahm. Laut meinen Unterlagen sollte er hier wohnen.“

Die junge Frau erwiderte: „Er ist aktuell nicht hier. Da müssen Sie später wiederkommen.“

Und schloss die Türe vor seinem Gesicht.

Genervt klingelte Markus erneut und der Eingang öffnete sich wieder einen Spalt.

„Was wollen Sie hier noch?“, fragte die Frau wieder.

„Ich bin vom Vatikan hierher geschickt worden und muss dringend mit dem Pfarrer Brahm sprechen. Es handelt sich um eine offizielle, kirchliche Angelegenheit.“

Die Pforte schloss sich kurz, bevor eine Kette innen weggezogen wurde und eine junge Frau vor ihm stand.

Sie hielt ihre Arme vor sich verschränkt und starrte ihn mit großen Augen an.

„Sagen Sie das doch gleich. Der Herr Pfarrer ist wirklich nicht hier, Sie können aber ruhig hier auf ihn warten. Er sollte bald zurück sein.“

„Vielen Dank“, sagte Markus und trat an der Frau vorbei ins Haus.

Sie folgte ihm ins Wohnzimmer und wies ihm einen Platz auf einem Bequem aussehenden Ledersessel zu, woraufhin er sich niedersetzte.

Markus zückte einen kleinen Block als die junge Frau sich auf die Couch fallen ließ und räusperte sich, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

„Wenn es Sie nicht stört, hätte ich da auch ein paar Fragen an Sie“, sprach er.

„Das macht mir nichts aus. Fragen Sie los.“

„Zuerst bräuchte ich Ihren Namen und was Sie mit dem Pfarrer zu tun haben.“

„Maria Suttner. Ich bin nun seit knapp einem halben Jahr die Haushälterin von Pfarrer Brahm.“

„Wie hat sich diese Anstellung ergeben?“

„Eines Tages ist meine Mutter zu mir gekommen und hat mir von der Stelle hier erzählt. Damals hab ich noch in einem kleinen Dorf nördlich von hier gewohnt und war in einem Friseursalon beschäftigt. Also hab ich mich beworben und bin hierhergekommen “

Die junge Frau zögerte ein wenig, fügte dann aber hinzu: „Woher meine Mutter von dieser Stelle wusste kann ich Ihnen aber auch nicht sagen.“

„Haben Sie in der Zeit ihrer Anstellung hier irgendwelche, sagen wir mal Unstimmigkeiten, bemerkt?“

Bei dieser Frage schien sie genauer zu überlegen, bevor sie antwortete:

„Nein. Der Pfarrer ist nur ganz gerne unter der Woche spazieren gegangen und hat sich mit einem Freund getroffen. Das würde ich aber nicht als Unstimmigkeit bezeichnen.

Also bis heute Morgen. Da bin ich von der Polizei angerufen worden. Der Herr Pfarrer ist früh losgefahren, weil er etwas von seinem Freund holen wollte, er ist aber in der Kirche zusammengebrochen. Ich habe ihn dann abholen müssen und seitdem hat er sich schon sehr seltsam verhalten. Er glaubt, etwas ist hinter ihm her und will ihn umbringen.

Wenn Sie mich fragen, ist das alles aber nur der Stress. Er hat anscheinend die Leiche seines Freundes gesehen und ich glaube das hat ihm schlimm zugesetzt.“

„Mhm“, machte Markus nur, während er sich die Details notierte.

„Was genau hat der Herr Pfarrer zu Ihnen gesagt, als sie ihn abgeholt haben?“

„Einfach nur, dass er in der Kirche war, seinen Freund gefunden hat und jetzt etwas hinter Ihm her ist. Als wir wieder hier waren hat er sich dann schnell in sein Büro verzogen und ist danach wieder losgefahren. Ich mache mir schon Sorgen um ihn, weil er sich seit Stunden nicht gemeldet hat.

Bevor er gegangen ist, hat er mir noch gesagt, ich soll etwas aus seinem Schreibtisch holen, wenn er nicht bis zum Abend wieder da ist.“

Markus zog eine Augenbraue hoch.

„Haben Sie schon nachgeschaut?“, fragte er.

„Ja“, gab Maria schuldbewusst zurück, stand auf und zog einen grauen Umschlag aus dem Bücherregal hervor.

„Ich hab den Umschlag aber noch nicht geöffnet. Vielleicht sollte ich wirklich damit warten.“

Der Assistent nickte nur. Es wäre falsch, der jungen Dame hier hereinzureden.

„Besitzt der Pfarrer ein Handy?“, fragte er, um das Thema zu wechseln.

Maria steckte den Umschlag wieder zurück zwischen die Bücher und nickte.

„Könnten Sie versuchen, ihn anzurufen?“

„Ja. Das kann ich gerne tun“, sagte sie und zog ihr eigenes Mobiltelefon aus der Hosentasche. Sie drückte ein paar Tasten und hielt sich das Gerät ans Ohr, ließ es nach wenigen Sekunden aber wieder sinken.

„Er hat es ausgeschaltet. Kein Grund zur Sorge, er macht das öfters.“

Das Gespräch verkam immer mehr zu typischem Smalltalk, während Markus die junge Dame in periodischen Abständen aufforderte, das Telefon des Pfarrers anzurufen. Maria servierte den beiden eine um die andere Tasse Tee, bis Markus es nicht mehr länger im Sitzen aushielt.

Die ganze Situation hier gefiel ihm überhaupt nicht. Er wartete nun schon seit Stunden hier untätig, während eine Stimme in seinem Kopf ihn dazu aufforderte, so schnell wie möglich weiterzukommen. Schlussendlich erhob sich und sprach: „Ich muss mal kurz ein eigenes Telefonat führen.“ Mit den Worten ging er ins Vorzimmer des Hauses um nicht gestört zu werden.

Eigentlich hatte er ja David anrufen wollen, nur irgendwie waren seine Pläne vollkommen durcheinander gekommen. Zumindest hatte er jetzt Zeit, das Telefonat nachzuholen.

Als er die Nummer seines Freundes gewählt hatte, hörte er auch das Handy der Haushälterin läuten. Er hörte sie noch „Ja?“ fragen, bevor die Person am anderen Ende seiner Leitung das Telefonat annahm.

„Hallo?“, die Stimme war viel zu tief, zu alt und hatte einen zu starken Akzent, um David zu sein.

„Wer spricht da?“, fragte Markus, aber die Antwort fiel ihm selbst ein, Bruchteile nachdem er die Frage fertig gestellt hatte. Monsignore Fermi war am Telefon seines Freundes.

„Markus!“, klang es fröhlich aus der Leitung.

„Ähm, Monsignore Fermi“, gab er gespielt fröhlich zurück, um seine Sorgen zu übertönen, „ist David irgendwo bei Ihnen?“

„Es tut mir leid, Markus, aber David ist heute Morgen zusammengebrochen. Wir haben uns alle schon schlimme Sorgen um ihn gemacht, aber der Doktor hat gesagt, dass er nur schläft. Es liegt wahrscheinlich an dem ganzen Stress. Ich habe sein Handy bei mir, damit ich die Leute, die anrufen, persönlich informieren kann.“

„Wenn David aufwacht, richten sie ihm aus, dass ich in ein paar Stunden schon wieder zurück bin“, sagte Markus, nun überaus beunruhigt.

Er hatte während der Zugfahrt einen Traum gehabt, das wusste er. Aber er konnte sich nicht mehr an die Einzelheiten erinnern. David war ins einem Traum vorgekommen, aber irgendjemand anderes hatte ihn bedroht.

Markus entschloss sich, nicht länger zu warten. Wenn dieser Pfarrer Brahm starb, so war das wirkliche kein großer Verlust. Er würde Maria noch einmal bitten, zu versuchen, den Pfarrer zu erreichen, danach konnte er sich aber sofort zurück auf den Weg machen.

„Nein!“, die Stimme aus dem Telefon hatte einen befehlenden Tonfall angenommen, „Markus, bleiben Sie, wo Sie sind. Ich weiß, Monsignore Schleck hat sie irgendwo nach Deutschland geschickt, und er hat das zum richtigen Zeitpunkt getan. Der Heilige Vater, er ist tot. Heute Morgen haben sie seine Leiche gefunden. Hier bricht gerade die Panik aus. Du weißt wie die Leute so sind …“

Der junge Assistent blieb mit angehaltenem Atem stehen. Wenn der Papst tot war, so hieß das, dass das interne Streiten um den Nachfolger schon begonnen hatte.

„Markus? Bist du noch da?“, hörte er die Stimme fragen und stammelte:

„Ja. Monsignore. Ich bin noch da.“

„Gut, bleib dem Vatikan fern. Erledige deine Aufgabe, hänge vielleicht noch ein, zwei Wochen Urlaub dran, bis sich alles hier beruhigt hat. Es gibt hier ein paar Leute, die den Tod vom Heiligen Vater ausnutzen wollen und die Panik durch die Priestermorde scheint ihnen gerade recht zu kommen. Ich weiß nicht, was sie noch anstellen werden, aber bleib dem Vatikan fern.

Wenn sich irgendetwas wegen David ergibt, werde ich die persönlich anrufen. Versprochen!“

Markus nickte. Die Welt um ihn herum schien sich zu drehen. Er wollte am liebsten Kirby anrufen, und schauen, ob Monsignore Fermi sich nur einen kranken Spaß mit ihm erlaubte, wusste aber, dass dem nicht so war.

„Okay, Monsignore Fermi. Danke“, damit legte er auf und wandte sich um, nur um in das besorgte Gesicht von Maria zu schauen.

„Es ist etwas Furchtbares passiert“, sagte sie.


















Sünder

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