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III.Korrektur durch den ordre public-Vorbehalt
Оглавление278Der IPR-Gesetzgeber lässt es zu, dass die Anwendung der Vorschriften des Vertragsstatuts zur Ausschaltung seiner intern zwingenden Vorschriften führen kann. Dieses Prinzip unterliegt auf kollisionsrechtlicher Ebene mehreren Einschränkungen, namentlich im Bereich des Inlands- oder Binnenmarktsachverhalts nach Art. 3 III, IV Rom I-VO, teilweise auch im Bereich der besonderen Anknüpfungen bestimmter Vertragstypen, vgl. Art. 5 bis 8 Rom I-VO und Art. 46b EGBGB. Zwei weitere wichtige Einschränkungen nehmen ihren Ausgangspunkt auf der Ebene des Sachrechts: Die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen nach Art. 9 Rom I-VO und der Vorbehalt der öffentlichen Ordnung (ordre public), vgl. Art. 21 Rom I-VO. Da jeder Gesetzgeber im Rahmen seiner verfassungsmäßigen, politischen und religiösen Wertvorstellungen agiert, ist es denkbar, dass die Anwendung fremden Rechts zu einem Ergebnis führt, dass mit den wesentlichen Grundsätzen des Rechts des angerufenen Gerichts unvereinbar ist. Das Kollisionsrecht darf ein deutsches Gericht nicht dazu zwingen, Grundwertungen sowie die eigene Verfassung zu verletzen. Daher ermöglicht der ordre public-Vorbehalt die Korrektur der Verweisung. Sachnormen eines ausländischen Vertragsstatuts, die im Einzelfall zu einem mit der öffentlichen Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts in untragbarem Konflikt stehenden Ergebnis führen, bleiben danach unangewendet. Angesichts der dem Kollisionsrecht zugrundeliegenden Prämisse von der Gleichwertigkeit der Rechtsordnungen muss es sich jedoch um Ausnahmefälle handeln. Eine zu großzügige Handhabung gefährdete den internationalen Entscheidungseinklang. Zudem liefe die hiervon begünstigte Partei Gefahr, dass sich ausländische Staaten weigern, ein auf den ordre public-Vorbehalt gestütztes Urteil anzuerkennen und zu vollstrecken (s. a. Kapitel 2, § 5).