Читать книгу Seewölfe Paket 12 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 30
4.
Оглавление„Profos!“
„Sir?“ Edwin Carberry ließ die Männer allein, die damit beschäftigt waren, die gefüllten Wasserfässer in den Laderaum abzufieren. Nach dem Zwischenfall am Strand hatten sie nicht lange suchen müssen, um eine geeignete Wasserstelle zu finden.
„Nimm zehn Mann mit, Ed, und begrabt die Toten. Vergeßt die Musketen nicht.“
„Denkst du etwa, da laufen noch mehr von diesen verfluchten spanischen Affenärschen herum?“ Carberry reckte sein Rammkinn vor.
Der Seewolf zog die Schultern hoch.
„Unser deutscher Freund ist überzeugt, daß es keine weiteren Verfolger gibt. Aber man soll seiner Sache nie zu sicher sein.“
„Aye, aye, Sir. Wenn noch so eine Horde von lausigen Philipps aufkreuzt, werden wir ihnen ein Feuerchen unter dem Hintern entfachen. Und zwar gewaltig! Ho, die werden denken, sie seien mitten im Kombüsenfeuer des Gehörnten gelandet!“ Der Profos bekräftigte seine Prophezeiung mit einem grimmigen Nicken und stapfte zu den Männern zurück.
Hasard drehte sich um. Vor dem Niedergang zum Achterdeck hatte der Kutscher einen provisorischen Behandlungstisch aufgebaut. Seine Instrumente lagen auf einem weißen Tuch. Die Zwillinge hatten heißes Wasser in einer Pütz herangeschleppt, die auf einem Schemel stand. Voller Eifer besorgten die Söhne des Seewolfs alle kleinen Handreichungen für den schmalbrüstigen, dunkelblonden Mann. Dabei fühlten sie sich allem Anschein nach wie die Gehilfen eines großen Doktors.
Johannes Lederer hockte mit schmerzverzerrtem Gesicht inmitten dieser Hilfsbereitschaft. Er hatte die Streifschußwunde an der rechten Schulter mit einer Handbewegung abtun wollen. Aber damit hatte er bei dem Kutscher auf Granit gebissen.
Ben Brighton, Hasards breitschultriger Stellvertreter, lehnte an der Schmuckbalustrade des Achterkastells und blickte schmunzelnd auf die Prozedur hinunter.
„Einen Moment müssen Sie noch aushalten, Sir“, sagte der Kutscher, dessen richtigen Namen niemand kannte. Bei Sir Anthony Freemont, einem Arzt in Plymouth, war er Kutscher gewesen, und fortan hatte er sich so nennen lassen. An Bord der „Isabella“ versah er die Aufgaben des Kochs und des Feldschers.
„Lieber noch zwei Streifschüsse als eine solche Behandlung!“ stöhnte Lederer, der leidliches Englisch sprach. Letztere Kenntnisse rührten aus jener kurzen Zeit her, die er während der Venezuela-Expeditionen an Bord von Segelschiffen verbracht hatte. Decksleute aus angelsächsischen Breiten fuhren auf allen Schiffen dieser Welt.
„Bitte, Sir, Sie müssen schon stillhalten“, forderte der Kutscher eindringlich. Mit leichter Hand bewegte er die Holzstäbchen mit den Wolltupfern, die zuvor im kochenden Wasser gereinigt worden waren.
Lederer verzog das Gesicht zu einer gequälten Grimasse, als der Feldscher der „Isabella“ die letzten festgetrockneten Stoffasern des zerrissenen Hemds aus der offenen Wunde entfernte.
„Wenn es nach unserem Kutscher ginge“, meinte Ben Brighton grinsend, „müßten wir jeden Tag mindestens ein halbes Dutzend Verletzte an Bord haben. Er ist mal wieder ganz in seinem Element.“
„Ich hoffe, Sie fühlen sich nicht als eine Art Versuchskaninchen, Mister Lederer“, wandte sich der Seewolf an den Deutschen.
Der Kutscher hob empört den Kopf.
„Ich muß doch sehr bitten, Sir. Ich habe niemals behauptet, daß mein medizinisches Wissen allumfassend ist. Aber für eine einfache Wundbehandlung reicht es wahrhaftig aus. Was Mister Brightons Bemerkung betrifft, so möchte ich dem entgegenhalten, daß ich meine Arbeit nicht aus Leidenschaft, sondern allein aus der Notwendigkeit heraus verrichte. Ich denke, es ist nicht angebracht, mich mit einem Quacksalber auf eine Stufe zu stellen.“
Ben Brighton hob die Hände und ließ sie wieder fallen.
„Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Mister Feldscher. Auf die Füße treten wollte ich dir nun wirklich nicht.“
Der Kutscher brummte Unverständliches und fuhr mit seiner Behandlung fort.
Hasard warf einen Blick zu seinem Ersten Offizier und nickte beschwichtigend. Ben war ein Mann, der meist nicht viele Worte verlor. Ließ er sich doch einmal zu einer lässigen Bemerkung hinreißen, wie jetzt, dann trat er auch noch ins Fettnäpfchen. Der Seewolf klopfte dem Kutscher auf die Schulter.
„Niemand will deine Arbeit in den Dreck ziehen. Ist dir eine Laus über die Leber gekrochen, oder kannst du keinen Spaß mehr verstehen?“
„Es handelt sich nur darum, Sir, daß man die Autorität eines Erwachsenen in Gegenwart von Kindern nicht untergraben sollte.“
Hasard zog die Augenbrauen hoch. Die distinguierte Redeweise des Kutschers war allen geläufig. In diesem Fall hatte er sich wohl besonders gewählt ausgedrückt, damit die Zwillinge es nicht begriffen.
„Ich verstehe“, sagte der Seewolf ernst und nickte. „Diesen Aspekt hat Mister Brighton offenkundig nicht in seine Überlegungen einbezogen.“
„Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen, Sir.“
Die beiden Jungen starrten abwechselnd ihren Vater und den Kutscher an. Ihre Mienen waren so entgeistert, als redeten die beiden Männer in einer Fremdsprache. Auch Johannes Lederer hatte Mühe, dem Gespräch zu folgen, denn seine Englischkenntnisse reichten nur für eine Unterhaltung auf durchschnittlichem Niveau.
„Haben wir irgendwie Mist gebaut, Dad?“ fragte Philip junior.
„Oder sollen wir irgendwas nicht wissen?“ fügte Hasard junior hinzu.
„Weder — noch“, versicherte der Seewolf. „Es ist alles in Ordnung. Manchmal braucht ihr eben nicht hinzuhören, wenn Erwachsene sich unterhalten.“
Die Zwillinge wechselten einen vielsagenden Blick. Aber sie verkniffen sich die Bemerkung, daß eben jene Erwachsenen es sich manchmal zu einfach machten. Sollten sie etwas Bestimmtes nicht mitkriegen, dann wurden sie wie Kinder behandelt. Sollten sie jedoch Handreichungen erledigen, dann erwartete man von ihnen, daß sie es genauso zuverlässig taten wie ein Erwachsener. Weil sie aber den Kutscher besonders in ihr Herz geschlossen hatten, verzichteten sie darauf, die Sache breitzutreten.
„Nur eine Frage“, sagte der Seewolf gedehnt, „wie lange wird es noch dauern? Es dreht sich darum, daß ich mit unserem Gast ein paar Worte wechseln möchte.“
Der Kutscher lächelte zum ersten Mal wieder.
„Ich bin gleich fertig, Sir. Die Behandlung war unbedingt notwendig. Unser Freund hätte sich sonst den schönsten Wundbrand zugezogen.“
„Ich weiß das durchaus zu schätzen“, sagte Johannes Lederer, „denken Sie bloß nicht, ich wäre ein undankbarer Hund, auch wenn es sich so angehört hat.“
Der Kutscher lächelte abermals, sagte aber nichts.
„Wir sehen uns auf dem Achterdeck“, entschied Hasard und stieg den Niedergang hinauf.
Auf der Kuhl waren Edwin Carberry und die Männer damit beschäftigt, das Beiboot abzufieren. Außer den Schaufeln lagen Waffen auf den Bodenplanken der Jolle.
„Hopp, hopp, bewegt die müden Knochen, ihr Stinte!“ brüllte der Profos. „Wollt ihr im Stehen einschlafen? Reißt euch gefälligst zusammen, oder ich wickle euch ums Ankerspill, daß ihr später nicht mehr wißt, ob ihr Männer oder Kabelgarn seid!“
Für die Männer war es so etwas wie Begleitmusik. Jeder Handgriff, der an Bord der „Isabella“ zu erledigen war, klappte schnell und reibungslos. Selten hatte es auf den sieben Weltmeeren eine Crew gegeben, die so gut aufeinander eingespielt war wie die Männer des Seewolfs. Trotzdem waren Edwin Carberry und seine Sprüche etwas, das keiner von ihnen missen mochte. Ohne den Hintergrund seiner Stimmgewalt fehlte ihnen etwas bei der harten Arbeit an Bord. Und jeder wußte natürlich auch, daß unter der rauhen Schale des Profos’ ein sehr menschlicher Kern steckte.
„Wollt ihr wohl pullen, ihr Bilgenratten!“ grollte Carberry, als das Boot zu Wasser gelassen war. „Himmel, Arsch und Hafergrütze, soll das eine Tagesreise werden bis zum Strand?“
Immerhin lief das Beiboot schon mit rauschender Fahrt dem Küstenstreifen entgegen. Es hinderte den Profos aber nicht, sein Gebrüll fortzusetzen.
Hasard wandte sich mit versonnenem Lächeln seinem Stellvertreter zu. Auf der Kuhl flitzten die Söhne des Seewolfs in Richtung Kombüse, um irgendwelche Gerätschaften oder Instrumente zu holen, die der Kutscher brauchte. Sonst herrschte ausnahmsweise eine geradezu idyllische Ruhe an Bord der Galeone.
Arwenack, der Schimpanse, hockte auf einer Taurolle auf der Back und hatte beide Arme über den Kopf gelegt. Ob er schlief oder sich nur vor der Sonne schützte, war nicht festzustellen. Sir John, der karmesinrote Papagei, saß wohlgefällig und aufgeplustert auf Moses Bills Schulter im Großmars. Will Thorne, der grauhaarige Segelmacher, hatte den Rest der Crew in der Nähe der Kuhlgräting um sich geschart. Sie hatten all das Tuch aus der Segellast geholt, das noch ausgebessert werden mußte. Die Ruhe, die sie nach dem Zwischenfall mit den Spaniern hatten, mußte genutzt werden.
War es nur eine Ruhe vor dem Sturm?
„Ich werde das Gefühl nicht los“, sagte Ben Brighton gedehnt, „daß wir mit den Dons noch eine Menge Ärger kriegen werden.“
„Gefühle müssen sich nicht immer bestätigen.“ Hasard nahm das Spektiv und spähte zum Strand. Ed Carberry und seine Männer hatten mit der Arbeit begonnen. Bob Grey und Al Conroy standen mit schußbereiten Musketen abseits. Das Dickicht war wie eine feindselige Wand, die jeden Moment neues Unheil ausspucken konnte.
„Du weißt genau, wovon ich rede, Sir.“
Der Seewolf ließ den Kieker sinken.
„Ich weiß. Aber das Risiko wäre das gleiche gewesen, wenn wir Trinidad und Tobago nordöstlich umsegelt hätten. Mit den Spaniern müssen wir überall rechnen.“
„Sicher. Hier im Golf von Paria lassen sie uns vielleicht noch in Ruhe. Aber vor uns liegt der Drachensund. Da können sie uns höllisch in die Zwickmühle nehmen, wenn sie es darauf anlegen.“
„Ich kenne deine Theorie, Ben. Gerade das ist es, worüber ich mir von dem Deutschen Aufschluß erhoffe.“
„Ich glaube, es ist mehr als eine Theorie. Es ist verdammt lange her, seit wir zuletzt in der Karibik waren. Die Spanier haben in der Zwischenzeit nicht geschlafen. Wenn sie in der Neuen Welt nicht an Boden verlieren wollen, dann müssen sie ganz einfach etwas tun.“
„Gut. Das leuchtet ein. Aber ebensoviel deutet darauf hin, daß König Philipp sich verzetteln könnte. Die neuen Seewege nach Ostindien gewinnen immer mehr an Bedeutung. Wenn er da den Anschluß verliert, kann es sein, daß andere den Rahm abschöpfen.“
„Trotzdem sollte man die Spanier nicht unterschätzen. Besonders Venezuela dürfte ihnen am Herzen liegen. Silber und andere Edelmetalle soll es hier in unvorstellbaren Mengen geben.“
Hasard nickte. Er wußte, daß Ben Brightons mahnende Worte keineswegs unbegründet waren. Überhaupt hatte der Erste Offizier der „Isabella“ eine gute Nase dafür, wo und wann sich etwaige Schwierigkeiten abzeichnen konnten. Hasard hatte Ben stets ernst genommen. Andererseits war es nicht die Art des Seewolfs, in allen Dingen übervorsichtig zu sein. In diesem Wechselspiel hatten Ben und er sich immer prächtig ergänzt.
Schon als sie vor dem Sturm in den Golf von Paria ausgewichen waren, hatte Ben Brighton seine Bedenken angemeldet. Ben vermutete, daß die Spanier neuerdings verstärkte Aktivitäten an der venezolanischen Küste entfalteten. Nicht unbegründet, denn wenn sie systematisch das Landesinnere zu erforschen gedachten, brauchten sie Ansiedlungen, die ihnen als Stützpunkte dienen konnten.
Bekannt war dem Seewolf auch, welche Rolle Männer wie Johannes Lederer in diesem Zusammenhang spielten. Die Deutschen, die hierzulande ihre vertragsmäßigen Rechte ausschöpfen wollten, wurden den Spaniern einfach zu schlau. Und es war eine verdammt einfache Sache, einen Vertrag für null und nichtig zu erklären. Passende Argumente konnte man sich dafür leicht zurechtlegen.
Johannes Lederer erklomm den Niedergang mit einem weiß leuchtenden Schulterverband. Er verzog verlegen das Gesicht.
„Es sieht aus, als hätte ich eine lebensgefährliche Wunde. Glauben Sie mir, Gentlemen, ich nehme so etwas nicht so ernst.“
„Aber der Kutscher nimmt sein Handwerk ernst“, sagte Ben Brighton lächelnd. „Und dabei läßt er sich von keinem dreinreden.“
„Das habe ich gemerkt.“ Lederer nickte. „Ich möchte Ihnen noch einmal für alles danken, Sir Hasard.“
Der Seewolf zog die Augenbrauen hoch.
„Woher …“
„Überflüssig zu fragen“, fiel ihm Ben Brighton ins Wort. „Das waren deine Herren Söhne. Stimmt’s, Mister Lederer?“
„Nun ja“, antwortete der Deutsche. „Die beiden Jungen haben mir voller Stolz erzählt, daß ihr Vater von Königin Elisabeth zum Ritter geschlagen wurde. Darauf können sie in der Tat stolz sein.“
Hasard winkte ab.
„Hier an Bord sind wir nicht so förmlich. Reden Sie mich an, wie alle anderen es auch tun. Ich heiße Hasard.“
Lederer reichte ihm die Hand.
„Bescheidenheit ist eine Zier, sagt man bei uns.“
„Ein wahres Wort“, meinte Ben Brighton. „Wir sind gespannt auf Ihren Bericht, Johannes.“
Der Deutsche lehnte sich an die Schmuckbalustrade. Einen Moment blickte er gedankenverloren zum Strand hinüber, wo der Profos und die anderen ihre traurige Arbeit verrichteten. Dann wandte er sich wieder den beiden Männern zu.
„Ich kann es noch immer nicht ganz begreifen, daß ich es überlebt habe. Dabei habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir vorstelle, wie es meinen Freunden ergeht.“
Der Seewolf schüttelte energisch den Kopf.
„Die Sache sieht etwas anders aus. Ihre Freunde müssen froh sein, daß Sie fliehen konnten. Andernfalls könnten sie im Kerker verrecken, und kein Mensch würde es jemals erfahren.“
„Sicher, das sage ich mir auch. Von der Vernunft her ist das unbedingt richtig. Aber manchmal sind die Gefühle stärker, und dann denke ich, ich würde mich wohler fühlen, wenn ich alle Schwierigkeiten gemeinsam mit meinen Kameraden durchstehen würde.“
Hasard nickte bedächtig. Schon in der Miene dieses aufrechten Mannes las er, daß dieser jedes Wort so meinte, wie er es sagte. Es gab nicht einen Hauch von Unehrlichkeit an Johannes Lederer. Hasard dachte an seinen eigenen Vater, der gleichfalls Deutscher gewesen war. Nach allem, was er gehört hatte, mußte sein Vater ein Mann von ebenso ehrenhaftem Schlag gewesen sein wie der Gast an Bord der „Isabella“. Vielleicht waren derartige Wesenszüge eine Tugend, die die Deutschen ganz allgemein auszeichnete.
„Wie war das?“ fragte der Seewolf. „Befanden Sie sich mit Ihren Gefährten bereits auf dem Weg ins Landesinnere, als Sie von den Spaniern überrascht wurden?“
„So war es. Wir hatten unseren Stützpunkt nordwestlich von Punta Peñas verlassen, und nach einem knappen Tagesmarsch wurden wir von einem Trupp spanischer Soldaten gestellt. Wir haben natürlich keinen Widerstand geleistet, denn wir glaubten, daß es sich um einen Irrtum handele, der sich rasch aufklären würde, zumal unser Stützpunkt noch nie offen angegriffen wurde. Dabei wäre es den Spaniern ein leichtes, ihn dem Erdboden gleichzumachen. Sie haben aber offiziell nicht erklärt, daß sie den Vertrag von fünfzehnhundertachtundzwanzig für ungültig halten.“
„Das kann ich mir gut vorstellen“, sagte Hasard lächelnd, „denn damit würden sie ernsthafte Probleme heraufbeschwören. Heimlich still und leise geht es besser. Es dürften Jahre vergehen, bis Berichte von Überfällen auf deutsche Expeditionen bis nach Europa gelangen.“
„Allerdings“, sagte Johannes Lederer grimmig. „Nur in diesem Fall werde ich ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Sie haben sich unsere gesamte Ausrüstung unter den Nagel gerissen, ganz zu schweigen davon, daß sie uns an der Ausübung unseres vertragsmäßigen Rechts hinderten. Unser Protest hat nämlich nicht das geringste genutzt. Sie haben meine Freunde in die Festung Macuro verschleppt. Das ist eine neue Ansiedlung direkt am Drachensund.“
Ben Brighton wechselte einen Blick mit dem Seewolf, und Hasard wußte genau, was sein Erster dachte.
„Keine Sorge, Ben“, sagte er deshalb, „wir werden nichts riskieren, was wir nicht im voraus kalkulieren können.“
„Wie meinen Sie das?“ fragte Lederer. „Wollen Sie damit etwa andeuten …“
„Genau das“, knurrte Ben Brighton, „Philip Hasard Killigrew wäre nicht der Seewolf, wenn er die Gelegenheit nicht nutzen würde, um den Dons ein wenig Feuer unter dem Hintern zu machen.“
„Nur, wenn es gute Gründe gibt“, sagte Hasard gedehnt, „und danach sieht es fast aus.“
Johannes Lederers Augen begannen zu leuchten.
„Vielleicht kann ich Ihnen noch einen zusätzlichen Grund liefern. Nach unserer Ankunft in Venezuela haben wir gehört, daß in letzter Zeit etliche Silbertransporte in Macuro eingetroffen sein sollen. Wir haben unsere Informanten unter den Eingeborenen, müssen Sie wissen. Es ist damit zu rechnen, daß die Silbervorräte von Macuro in Kürze nach Spanien verschifft werden sollen.“
„Ich kann deine Gedanken regelrecht lesen“, sagte Ben Brighton, wobei er den Seewolf forschend musterte.
Hasard gab sich einen Ruck.
„Wir haben mehrere Gründe für einen Angriff auf Macuro. Erstens könnten wir den Drachensund vermutlich sowieso nicht passieren, ohne mit den Dons aneinanderzugeraten. Zweitens handelt es sich um die Deutschen, die dort unrechtmäßig festgehalten werden. Und drittens wäre es in unser aller Interesse, ihnen die Silbervorräte abzuknöpfen – falls vorhanden.“
„Phantastisch!“ rief Johannes Lederer begeistert. „Nicht im Traum hätte ich damit gerechnet, daß sich die Dinge so wenden würden!“
Der Seewolf blickte ihn ernst an.
„Es wird alles andere als ein Vergnügen, Johannes. Was ich von Ihnen brauche, sind alle Informationen, die Sie über die Festung Macuro haben.“