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Japan – Tokyo

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Nach kurzem Aufenthalt im Krankenhaus bekam meine Mutter einen Pflegeheimplatz einige Kilometer von der Heimatstadt entfernt zugewiesen. So konnte mein Vater jeden Nachmittag hinfahren und sie besuchen. Hatte die Auskunft bekommen, daß es zu dem Zeitpunkt keinerlei Anzeichen für einen nahestehenden Tod gab, obwohl man das mit Sicherheit nie sagen kann.

Mit dem Leben meiner armen Mutter in Gedanken hatte ich auch ein volles Leben und viel zu tun mit drei Kindern und Karrieremann mit dazugehörigen Repräsentationspflichten für mich: Mittage, Bälle, Messen, Parties und Personalfeierarrangements bei uns und zudem Auswahl von leitendem Personal und Strategieplanungen an Wochenenden. Mein Ehemann hatte lange den Wunsch geäußert, mit mir nach Japan zu reisen. Er war mehrmals in Verbindung mit seiner Arbeit da gewesen, und ich hatte eine ganz besondere Verbindung zu seinem japanischen Chef; bekam ihn immer zu Tisch, da mein Englisch sehr gut war. Selber hatte ich auch überaus großes Interesse, Japan näher zu erleben. Während unseres einjährigen Aufenthaltes in Fontainebleau auf der internationalen Managementschule, INSEAD, hatte ich mich in besonderem Maße von der japanischen Kultur angezogen gefühlt und auch japanische Freunde gewonnen, was nicht so selbstverständlich war.

Also überredet, nur mit meinem Ehemann und ohne Kinder privat zwei Wochen nach Japan zu reisen. Es wurde eine fantastische Reise. Alle Kinder in liebevoller Pflege in Dänemark und Mama unter Aufsicht im Pflegeheim mit täglichem Besuch von Papa (mit unserem „rote-Früchte-Experiment“, meist aus eigener Zucht, war alles bestens organisiert).

Nach Ankunft in Tokyo wohnten wir für etwa vier Tage in einem typischen Hauptstadthotel direkt im Zentrum. Wir unternahmen meistens auf eigene Hand Sightseeing und erlebten in einem Viertel eine ganz spezielle Straßenfete mit vielen jungen Leuten und einem dermaßen freien Umgang zwischen den Geschlechtern, der gar nicht mit meinem damaligen Bild von eher steifen und überkorrekten Japanern übereinstimmte. Wir hatten schöne Erlebnisse am Fischmarkt, wo es von Sushirestaurants von hoher Qualität wimmelte.

Wir dürfen nicht vergessen, daß unsere Geschmackssinne uns unvergeßliche Erlebnisse bereiten können und daß es unsere Pflicht ist, es zu genießen.

Am letzten Tag in Tokyo wollten wir einen ganztags Sightseeing-Bus vom Hotel aus nehmen. Der fuhr viel weiter, als wir es selbst hätten schaffen können. Unser Guide war ein Japaner, der über 25 Jahre in Amerika gearbeitet hatte und aufgrund dessen gut Englisch sprach. Er hatte eine eingehende Kenntnis von westlichen Kulturen und Haltungen.

Aus irgendeinem Grund hielt er es für wichtig, mir den Unterschied zwischen Koreanern und Japanern beizubringen. Am Anfang konnte ich keinen Unterschied sehen, aber ich lernte nach den Schuhen, der Stoffqualität, den Schnitten und dem Stil zu schauen und ließ das die Kriterien sein, wenn er wieder auf jemanden zeigte und mich fragte. Es war ihm sehr wichtig, eine Art Stolz auf sein Volk, das seiner Meinung nach viel höher rangierte.

Unser letzter Halt auf der Tour galt einem großen, alten Tempel am Rande von Tokyo. Name vergessen. Hier kann ich nur meinen Gesundheitszustand angeben und der war zu diesem Zeitpunkt nicht gut.

Das Reiseteam bestand überwiegend aus Amerikanern und einigen Westeuropäern. Als wir im Tempel drinnen angekommen waren, bekamen wir Rituale und Sitten näher erklärt. Bei einem Ritual standen wir alle in einem Halbkreis um eine große, hohe Kommode herum, voller kleiner Schubladen mit verschiedenen japanischen Schriftzeichen aufgemalt.

Unser Guide erklärte, wie man das dazugehörige Ritual ausführte und sagte:?„Wir können es mit einem von Euch probieren.“ Er hatte es so geheimnisvoll erklärt und einige schauten etwas ängstlich bei dem Gedanken, daß ihr Schicksal offen dargelegt werden sollte. Ich nicht und ich wurde „die Auserwählte“.

Erster Schritt bestand darin, daß ich eine große längliche „Dose“, mit einem kleinen Loch an dem einen Ende, schütteln sollte. Danach die Dose mit dem Loch nach unten halten und schütteln, bis ein dünner Holzstock herauskam. Kann mich gut daran erinnern, welche Probleme ich hatte, einen Stock herauszubekommen!

Auf diesem Holzstock war ein Schriftzeichen gemalt, das mit einem Schriftzeichen auf einer der Schubladen korrespondierte. Ich durfte sie selber suchen und bekam dann gesagt, daß ich die Schublade herausziehen und ein Blatt Papier herausholen sollte.

Der Zettel aus der Schublade war aus Seidenpapier mit vielen Zeilen schwarzer japanischer Schriftzeichen. Das sah ja sehr dekorativ aus, aber für uns westlichen Leute unverständlich. Alle waren neugierig und riefen zu unserem Guide:„Lies es laut vor, bitte!“

Da wurde unser sonst so lächelnder Guide sehr ernst, fast streng. Er schaute sich um und sagte in etwa:„Hiermit ist nicht zu spaßen. Das ist etwas, daß man sehr ernst nehmen soll und es ist nur für denjenigen berechnet, der den Schicksalsstock selbst herausgeschüttelt hat.“

Kurz an mich gerichtet sagte er:„Komm mit mir“ und zog mich weg von den verwunderten Tourteilnehmern, weg zu dem anderen Ende des Tempels, außer Sichtweite. Mein damaliger Ehemann, typisch für ihn, war uns gefolgt und versuchte, aus der Nähe zu filmen. Er wurde streng zurückgewiesen.

Jetzt stand ich da, in einem alten Tempel und hatte ein besonders starkes Gefühl, daß ich wirklich diesen Mann, egal was er sagen würde, ernst nehmen müßte.

Schnell für sich las er nun die ganze Inschrift. Hielt eine kleine Pause und fragte mich dann:„Sag mal, ist dieser Mann, der uns folgte um uns zu filmen, dein Ehemann?“ Auf diese Frage antwortete ich positiv, worauf er kurz sagte:„Nicht mehr lange wird diese Ehe halten, kein anderer Weg.“

Er blickte wieder auf das Seidenpapier und sagte als nächstes, daß ein mir nahestehendes Familienmitglied bald sterben würde.

Was er noch sagte, weiß ich nicht mehr, nur daß es nicht gut war. Es „schwirrte“ für mich und ich fühlte ganz gewiß, daß dies der Wahrheit entsprach, obwohl auch ich es mit den Anderen ganz am Anfang nur als ein lustiges Erlebnis angesehen hatte.

Auf dem Weg zurück zu dem Reiseteam sagte er noch eindringlich zu mir:„Du darfst den Anderen nichts vom Inhalt erzählen, auch nicht deinem Ehemann!“ Sie alle und natürlich mein Mann besonders waren neugierig die Botschaft zu hören, aber ich wiederholte bloß die Wörter des Guide:„Nur für mich bestimmt zu hören“.

Jetzt wo ich gerade das Wort „Guide“ geschrieben habe, schaue ich etwas verwundert darauf. Nie zuvor habe ich ihn als spirituellen Guide gesehen, aber jetzt weiß ich, daß er diese Rolle für mich hatte. Danke!

Geh immer nach dem Licht

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