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Japan – Kyoto
ОглавлениеVon Tokyo sind wir mit dem Zug weiter nach Kyoto gereist, in die alte Kaiserstadt. Wir haben uns in einem sehr alten, original japanischen, Hotel „Ryokan“ einlogiert. In sich allein ein so großes Erlebnis, daß ich mich ernsthaft zurückhalten muß, um nicht hier Reisebeschreibungen zu bringen, die keine Bedeutung für dieses Buch haben.
Einige Tage spielten wir schön Touristen, obwohl ich die ganze Zeit Probleme hatte, das Fieber unten zu halten. Unser letzter halber Tag in der alten Kaiserstadt war jetzt angebrochen. Wir waren wie ergriffen von Tempeln und Anlagen und hatten von einer Neueröffnung einer sehr alten Tempelanlage gehört, die Enshui, die der wohl berühmteste japanische Gartenarchitekt seinerzeit angelegt hatte.
An diesem Morgen war ich so vom Fieber mitgenommen, daß ich mich schlecht fühlte und nur langsam gehen konnte. Auf dem Weg zur Tempelanlage hatte ich meinem Mann gesagt, daß ich dachte, bald einen Arzt in Japan aufsuchen zu müssen (wegen rheumatischem Fieberausbruch). Wir hatten nur ein paar Stunden zur Verfügung, da die nächste Zugreise fest geplant war.
Die Anlage war speziell, und ich bin dankbar, sie gesehen zu haben. Ein langer geschnörkelter Pfad führte uns zu einer Erhöhung hin, einem winzigen Hügel mit Wasserfall und einigen schmalen Treppenstufen, die an einem kleinen Plateau endeten.
Der Platz reichte gerade mal für eine kleine Zwei-Personen-Bank. Von diesem Plateau aus hatte man Blick auf einen kleinen Wasserlauf und die schönste Aussicht über die Anlage. Die Sonne erwärmte unsere Körper und wir genossen den Moment, bis meine Augen eine Dame fixierten, die entlang des Pfades in unsere Richtung ging. Sie sah ganz anders aus als die anderen japanischen Frauen in ihrem Alter. Älter mit hochgesteckten Haaren, gekleidet in einem Spinlonkleid, ungewöhnlich für Japaner, welches mit den starken Farben Blau, Fuchsia und Gelb gemustert war. Darüber trug Sie eine beige Strickjacke und dazu eine helle Handtasche.
Sie ging direkt Richtung Treppen. Wir hatten Augenkontakt gehabt und ich war erstaunt, da ich dachte, daß sie ja sehen konnte, daß hier oben überhaupt kein Platz mehr war und wunderte mich.
Die Japanerin stieg die Treppen empor, ohne die Augen von mir zu nehmen und stand jetzt direkt vor mir. Sie sprach uns auf Japanisch an. Ich hatte nur ein paar Floskeln und Wörter gelernt und konnte nichts verstehen und schüttelte deswegen lächelnd den Kopf. Daraufhin öffnete sie ihre Handtasche und nahm einen kleinen Notizblock heraus, blätterte bis zu einer Seite, die sie mir zeigte und jetzt verstand ich, was sie wollte. Ich sollte das auf Englisch geschriebene übersetzen.
Die Meinung des Inhaltes war mir klar und ich deutete auf die zwei unterschriebenen Namen. Während ich diese mit besten Mimikgesten aussprach, legte ich erst die rechte Hand auf das Herz und dankte ihr dann auf japanische Weise, indem ich mich mit beiden Handflächen vor meiner Brust gesammelt verbeugte.
Sie strahlte mich lächelnd an und fing dann eifrig gestikulierend an, auf Japanisch zu mir zu sprechen. Ich schüttelte den Kopf und zog die Schultern hoch. Mein Mann wurde unruhig und wollte gehen, aber ich hatte jetzt einen so intensiven Kontakt mit ihr und sagte ihm schnell:?„Verhalte dich bloß ruhig“, er gehorchte erstaunlicherweise und saß still wie eine Maus und beobachtete.
Die Japanerin schaute mir tief in die Augen und sagte das Wort „Spirit“. Sie signalisierte mir, daß ich meinen Kopf etwas gebeugt und still halten sollte. Es war mir in dem Moment klar, daß sie spezielle Fähigkeiten besaß und daß sie meinen Zustand schon auf Distanz von dem Pfad aus gesehen hatte. Vielleicht via Aura-Lesen, vielleicht via Kanal (Channel).
Als erstes hielt sie ihre Hand vor meine Augen und Stirn, während sie eine Weile auf Japanisch laut betete. Ich saß ganz still und nahm instinktiv vertraulich entgegen, auch als ich danach meinen Kopf noch mehr beugen sollte und sie mir ihre Hand darüber legte; jetzt weiß ich wie es heißt „Kronenchakra“, und diesmal betete sie noch intensiver und lauter auf Japanisch. Ich fühlte eine Wärme aus ihrer Hand durch mich strömen.
Als sie nach ungefähr fünfzehn Minuten fertig war, hatten sie und ich einen so intensiven und starken Augenkontakt; sie strahlte mir eine unglaubliche Liebe entgegen. Es war so ergreifend schön, wir konnten mit den Augen sprechen. Jedenfalls dachte ich damals, daß es nur durch Augenkontakt war.
Jetzt kamen wir in Zeitdruck, um unsere Zugverbindung zu schaffen und mein Ehemann konnte sich nicht länger ruhig halten. Ich war gezwungen schnell Abschied von ihr zu nehmen und bedankte mich herzlichst. Das ging viel zu schnell und bedrückte mich im nachhinein. Hätte so gern auch etwas für sie getan. Sie wollte kein Geld, aber wie gerne hätte ich sie wiedergesehen. Zu dem Zeitpunkt als wir anfangen mußten zu laufen, um unseren Bus nicht zu verpassen, merkte ich, daß mein Fieber gesunken war. Am selben Morgen hatte ich gesagt, daß ich einen Notarzt aufsuchen müßte, da es nicht mehr lange gut gehen würde.
Am nächsten Tag war das Fieber völlig verschwunden und ich begriff jetzt erst vollständig, was diese Frau war:„ein großer Healer“. Ich trug sie in Gedanken über viele Jahre bei mir und spürte, daß sie für mich da war. So wie sie es mich damals wissen ließ. Wenn ich an ihr strahlendes Lächeln voller Liebe dachte, wurde ich immer gerührt und fühlte mich unterstützt.
Ich hege einen großen Wunsch zu diesem Park in Kyoto zurückzukehren, um nach Spuren von ihr zu suchen. Eventuell ist sie jetzt tot oder vielleicht auch nicht. Healer können sehr alt werden.
Etwas merkwürdig ist es schon, daß ich das Bedürfnis habe, Bestätigung zu bekommen, daß diese Frau real existiert. Nicht genug für mich, daß mein damaliger Mann Augenzeuge war.
Später im Buch werde ich ein paar Geschehnisse, die dieses wunderbare Erlebnis tangieren, näher erläutern. Nicht nur war mein Fieber weg, sondern auch lange Wandertouren in den Bergen bei Takayama, wo wir danach hinreisten, waren für mich gut zu meistern. Aber das Allergrößte bestand darin, daß ich herumlief und von Glück im Inneren erfüllt war. Und daß ich auch später dieses Glücksgefühl für einige Augenblicke hervorrufen konnte, indem ich sie mir vor meinem inneren Auge mit ihrem strahlenden Lächeln voller Liebe vorstellte.