Читать книгу Rechtsanwaltsvergütung - Sabine Jungbauer - Страница 108
b) Verhältnis zu Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherungen
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Obwohl § 14 RVG festlegt, dass der Rechtsanwalt nach billigem Ermessen seine Gebühr unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestimmt, versuchen Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen in der Praxis, auch berechtigt angesetzte Gebührensätze zu „drücken“. Insbesondere gegnerische Haftpflichtversicherungen neigen dazu, vom erstattet verlangten Honorar ohne sachlichen Grund Abschläge vorzunehmen. Ein Großteil der Kanzleien wehrt sich hiergegen nicht, da es wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, sich wegen eines Gebührenabschlags von 0,1 oder 0,2 zu wehren. Diese Denkweise ist falsch. Denn so wird der „generelle Abschlag“ für eine Versicherung zur „Milchmädchenrechnung“. Man kann Versicherungen kaum vorwerfen, dass sie diese Abschläge zunächst generell vornehmen, wenn ein großer Prozentsatz der Anwälte sich hiergegen überhaupt nicht zur Wehr setzt.
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Tipp
Bei der Bestimmungen von Rahmengebühren das Ermessen sorgfältig ausüben und hartnäckig gegenüber erstattungspflichtigen Versicherungen bleiben!
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Weiterer Schriftwechsel führt in der Regel dazu, dass die Versicherer die geltend gemachten Gebühren oft doch noch übernehmen. Achten Sie auf die Schreiben der Versicherer. Es wird oft deutlich, dass dort Textbausteine verwandt werden, da auf den Inhalt der Anwalts-schreiben nicht eingegangen wird, sondern pauschal weiter eine Ablehnung erfolgt. Ggf. sind daher auch mehrere Schreiben notwendig, die Versicherung zum Einlenken zu bewegen.
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Aus der Praxis sind der Verfasserin haarsträubende Beispiele bekannt, wie z.B. ein Versicherer, der (nach Deckungszusage wenige Monate zuvor) nach Abrechnung eines Prozesses erwiderte: „Die Begleichung der Rechnung wird abgelehnt. Auf die Vorkorrespondenz wird hingewiesen.“ Es gab keine Vorkorrespondenz und erst auf mehrfache Mahnung und schließlich Klageandrohung erfolgte Zahlung mit den Anschreiben: „Der geforderte Betrag wurde heute überwiesen.“ Kein „Entschuldigung – Fehler passiert“ keine Erklärung, warum zuvor abgelehnt wurde. Solche Fälle sind ärgerlich. Werfen sie doch ein sehr schlechtes Bild auf manche Versicherer und tragen dazu bei, dass das Verhältnis zwischen Rechtsanwälten und Versicherungen sehr getrübt wird. Das müsste nicht sein, wenn einige wenige „schwarze Schafe“ der Anwaltschaft nicht generell falsch oder zu hoch abrechnen würden und Rechtsschutzversicherer diese unselige Praxis des Reduzierens begründeter Rechnungsbeträge aufgeben würden.
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Tipp
Auf Differenz nicht verzichten!
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Sofern der Rechtsanwalt gegenüber einer Versicherung mehr als die Mittelgebühr bzw. bei der Geschäftsgebühr mehr als die Regelgebühr (z.B. 1,3) geltend macht, sollte er bereits in seinem ersten Anschreiben an die Versicherung, mit dem er die Vergütungsrechnung übermittelt, darlegen, nach welchen Kriterien er die Gebührenhöhe festgelegt hat. Erfolgt dann durch die Versicherung eine Herabsetzung der Gebühren, empfiehlt es sich, nicht auf die weiter geltend gemachten Gebühren zu verzichten, auch wenn es sich um relativ geringe Beträge handelt. Die Versicherer wissen mit der Zeit genau, welche Kanzleien sie zu einer Herabsetzung ihrer Vergütungsrechnung veranlassen können und welche nicht. Es sollte daher grundsätzlich nach Absetzung von Gebühren die Rechtsschutzversicherung in einem Anschreiben darauf hingewiesen werden, dass der Rechtsanwalt nach billigem Ermessen die Gebühr bestimmt und nicht die Versicherung. Dabei sollte sachlich ausgeführt werden, welche Kriterien im vorliegenden Fall zu dem berechneten Gebührensatz geführt haben.
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Weigert sich die Versicherung beharrlich, eine berechtigte Vergütung zu begleichen, sollte der Rechtsanwalt in Erwägung ziehen, die Differenz gegenüber seinem Mandanten geltend zu machen.
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Sehr oft argumentieren Rechtsanwälte damit, dass sie eine etwaige von der Rechtsschutzversicherung nicht übernommene Differenz bei dem Mandanten deswegen nicht geltend machen, weil sie fürchten, dass dieser zukünftig keinen Auftrag mehr erteilen wird. Wie die Praxis zeigt, ist diese Befürchtung meist unbegründet. Der Rechtsanwalt sollte auch hier in sachlichem Ton den Mandanten darauf hinweisen, dass seine Rechtsschutzversicherung unberechtigt die geltend gemachten Gebühren nicht in voller Höhe übernehmen will und er gegebenenfalls seinerseits diese Differenz gegenüber der Rechtsschutzversicherung geltend machen kann, bis hin zur Klage.
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Zu überlegen ist auch, ob sich der Rechtsanwalt die Ansprüche des Mandanten gegen seinen Rechtsschutzversicherer abtreten lässt und dann im eigenen Namen die Vergütungsdifferenz gegen die Rechtsschutzversicherung einklagt. Damit trägt der Mandant kein Kostenrisiko und der Rechtsanwalt muss nicht auf seine berechtigte Vergütung verzichten. Nochmals: Die Verfasserin plädiert für einen sachlichen Umgang miteinander. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass die Bemessung der Gebühr angemessen dargelegt wird. Hierauf hat der Mandant grundsätzlich einen Anspruch. Es macht keinen Sinn, im Auftrag des Mandanten die Versicherung zu verklagen und erst im Prozess die Kriterien für die Bemessung der Gebühr darzulegen.