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3. Kostenschuldner

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Mehrere Kostenschuldner haften nach § 31 Abs. 1 GKG als Gesamtschuldner.

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Die Kosten schuldet nach § 29 GKG

Nr. 1 wem durch gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind;
Nr. 2 wer sie durch eine vor Gericht abgegebene oder dem Gericht mitgeteilte Erklärung oder in einem vor Gericht abgeschlossenen oder dem Gericht mitgeteilten Vergleich übernommen hat; dies gilt auch, wenn bei einem Vergleich ohne Bestimmung über die Kosten diese als von beiden Teilen je zur Hälfte übernommen anzusehen sind;
Nr. 3 wer für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet und
Nr. 4 der Vollstreckungsschuldner für die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung.

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Soweit ein Kostenschuldner aufgrund von § 29 Nr. 1 oder 2 (Erstschuldner) haftet, soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint, § 31 Abs. 2 S. 1 GKG. Zahlungen des Erstschuldners mindern seine Haftung aufgrund anderer Vorschriften dieses Gesetzes auch dann in voller Höhe, wenn sich seine Haftung nur auf einen Teilbetrag bezieht, § 31 Abs. 2 S. 2 GKG.

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Soweit einem Kostenschuldner, der aufgrund von § 29 Nr. 1 haftet (Entscheidungsschuldner), PKH bewilligt worden ist, darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners nicht geltend gemacht werden; von diesem bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen, § 31 Abs. 3 S. 1 GKG.

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Auch das FamGKG regelt, dass mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner haften, § 26 Abs. 1 FamGKG.

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Soweit ein Kostenschuldner aufgrund von § 24 Nr. 1 oder Nr. 2 FamGKG (Erstschuldner) haftet, soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners (z.B. Entscheidungsschuldners) nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint, § 26 Abs. 2 S. 1 FamGKG. Zahlungen des Erstschuldners mindern seine Haftung aufgrund anderer Vorschriften dieses Gesetzes auch dann in voller Höhe, wenn sich seine Haftung nur auf einen Teilbetrag bezieht, § 26 Abs. 2 S. 2 FamGKG.

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Soweit einem Kostenschuldner, der aufgrund von § 24 Nr. 1 FamGKG haftet (Entscheidungsschuldner), Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners nicht geltend gemacht werden; von diesem bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen, soweit es sich nicht um eine Zahlung nach § 13 Abs. 1 und 3 des JVEG handelt und die Partei, der die Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, der besonderen Vergütung zugestimmt hat, § 26 Abs. 3 S. 1 FamGKG. Die Haftung eines anderen Kostenschuldners darf auch nicht geltend gemacht werden, soweit dem Entscheidungsschuldner ein Betrag für die Reise zum Ort einer Verhandlung, Anhörung oder Untersuchung und für die Rückreise gewährt worden ist, § 26 Abs. 2 S. 2 FamGKG.

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Problematisch war in der Zeit vor dem 1.8.2013 (Inkrafttreten des 2. KostRMoG) die Frage der Gerichtskostenhaftung, wenn sich eine VKH-Partei im Vergleich zur Übernahme von Kosten verpflichtet hat. Die Rechtsprechung der OLGs war sehr unterschiedlicher Auffassung darüber, ob mit einer solchen Kostenübernahme nicht auch die Gerichtskostenfreiheit der VKH-Partei entfällt. Zum Teil haben selbst die Senate einzelner OLG eine unterschiedliche Auffassung vertreten, wie z.B. das OLG Frankfurt a.M.:

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„1. Die Partei, der Prozesskostenhilfe gewährt wurde, kann vom Gericht auf die Zahlung von Gerichtskosten auch dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn sie die Kosten in einem Vergleich ganz oder teilweise übernommen hat. § 122 Abs. 1 Nr.1a) ZPO schließt eine Inanspruchnahme nicht nur als Veranlassungsschuldner (§ 22 GKG), sondern auch als Entscheidungs- und Übernahmeschuldner (§ 29 GKG) ausdrücklich aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 31 Abs. 3 GKG, der den Entscheidungsschuldner nach § 29 Nr. 1 GKG, nicht aber den Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG vor einem Kostenausgleich des auf die Gerichtskosten in Anspruch genommenen Gegners schützt. Da der Gesetzgeber die Problemlage kannte und er in mehreren Änderungen des GKG von der Anordnung einer Inanspruchnahme ausdrücklich abgesehen hat, fehlt es an einer Regelungslücke, die im Wege der Analogie geschlossen werden könnte. Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 51, 295; NJW 2000, 3271) und Bundesgerichtshof (BGH MDR 2004, 295) haben deswegen bislang aus § 31 Abs. 3 GKG (bzw. seinen Vorläufernormen) auch nur den Kostenausgleich zwischen den Parteien, nicht aber die unmittelbare Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfepartei durch die Gerichtskasse zugelassen. (amtlicher Leitsatz)

2. Im Übrigen verletzt die nicht vorhersehbare Inanspruchnahme der Partei, der Prozesskostenhilfe gewährt wurde, auf Gerichtskosten deren Anspruch auf ein faires Verfahren, wenn die Partei aufgrund einer langjährigen früheren Praxis mit einer solchen Inanspruchnahme zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht rechnen musste. (amtlicher Leitsatz)[1]“

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Mit dem 2. KostRMoG wurde die Frage der Kostenhaftung klargestellt. Entsprechende Neuregelungen, die aber für den Anwalt eine erhebliche Haftungsgefahr bergen, finden sich in § 31 Abs. 4 GKG und § 26 Abs. 4 FamGKG. Gerichtskostenfreiheit bleibt in Zukunft nur noch unter den dort genannten Voraussetzungen bestehen.

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§ 31 Abs. 4 GKG wurde wie folgt geändert:

„(4) Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, soweit der Kostenschuldner aufgrund des § 29 Nummer 2 haftet, wenn

1. der Kostenschuldner die Kosten in einem vor Gericht abgeschlossenen oder gegenüber dem Gericht angenommenen Vergleich übernommen hat,

2. der Vergleich einschließlich der Verteilung der Kosten von dem Gericht vorgeschlagen worden ist und

3. das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag ausdrücklich festgestellt hat, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht.“

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§ 26 FamGKG wurde für Familiensachen wie folgt geändert:

„a) In Absatz 3 Satz 1 werden jeweils die Wörter „Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe“ durch das Wort „Verfahrenskostenhilfe“ ersetzt.
b) Folgender Absatz 4 wird angefügt:

(4) Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, soweit der Kostenschuldner aufgrund des § 24 Nummer 2 haftet, wenn

1. der Kostenschuldner die Kosten in einem vor Gericht abgeschlossenen, gegenüber dem Gericht angenommenen oder in einem gerichtlich gebilligten Vergleich übernommen hat,
2. der Vergleich einschließlich der Verteilung der Kosten, bei einem gerichtlich gebilligten Vergleich allein die Verteilung der Kosten, von dem Gericht vorgeschlagen worden ist und
3. das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag ausdrücklich festgestellt hat, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht.[2]“

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Der Gesetzgeber begründet die Änderung wie folgt:

Zu § 31 Abs. 4 GKG

„Die auf den Entscheidungsschuldner beschränkte Regelung des § 31 Absatz 3 GKG er-schwert einer Partei, der die Prozesskostenhilfe bewilligt ist, den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ganz erheblich. Liegen die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichs vor, muss die VKH-Partei entweder in Kauf nehmen, dass ihr durch die Kostenregelung im Vergleich insoweit der Schutz vor Zahlung von Gerichtskosten verloren geht, oder sie muss die Kostenregelung ausdrücklich ausklammern und insoweit auf gerichtlicher Entscheidung bestehen. Dies führt jedoch dazu, dass auch der Prozessgegner, dem keine Prozesskostenhilfe bewilligt ist, durch den Vergleich nicht in den Genuss der Gebührenermäßigung, insbesondere nach Nummer 1211 Nummer 3 KV GKG, kommt. Hierdurch ist dessen Vergleichsbereitschaft eingeschränkt.

Die Regelung erschwert es auch dem Gericht, ein Verfahren auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags zum Abschluss zu bringen. Die vorgeschlagene Regelung soll die Vergleichsbereitschaft auch bei bewilligter Prozesskostenhilfe stärken. Sie entspricht einer Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 1. März 2010 – 5 UF 147/08 (zitiert in juris).

Die Belastung der Staatskasse dürfte sich in Grenzen halten, weil die Wirkungen denjenigen entsprechen, die im Fall einer Streitentscheidung ohnehin eintreten würden. Im Übrigen würden mögliche Mindereinnahmen durch eine Entlastung der Gerichte ausgeglichen. Ein mögliches Missbrauchspotential ist sehr gering, weil ein eigener Spielraum der Parteien für die Kostenverteilung nicht besteht. Jede Abweichung von dem Vorschlag des Gerichts würde die Schutzwirkung der vorgeschlagenen Vorschrift für die VKH-Partei entfallen lassen. . . . . .[3]“

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Der Gesetzgeber begründete die erfolgte Änderung in § 26 FamGKG ergänzend wie folgt:

„Entsprechend der für das GKG in Art. 3 Abs. 1 Nr. 14 vorgeschlagenen Regelung soll auch § 26 FamGKG in redaktionell angepasster Form ergänzt werden. Anders als im GKG wird hinsichtlich des gerichtlichen Kostenverteilungsvorschlags nicht an den Sach- und Streitstand wegen des Hauptgegenstands angeknüpft, sondern an die sonst zu erwartende Kostenentscheidung. Dies ist notwendig, weil es im FamFG keine zwingende Anknüpfung an den Verfahrensausgang gibt.[4]“

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Tipp

Anwälte sollten mit dieser Neuregelung insbesondere bei Vergleichsabschlüssen im Termin vertraut sein.

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Da diese Neuregelung noch nicht jedem bekannt ist, ist zu überlegen,

diese Neuregelung mit Gesetzesbegründung in Kopie mit sich zu führen, um das Gericht im Zweifelsfall informieren zu können
zum Gerichtstermin immer auch eine Gerichtskostentabelle sowie einen Taschenrechner mitzuführen (empfehlenswert aus Sicht der Referentin: Schwarzwälder Gebührentabelle), um eine etwaige Gerichtskostenbelastung für den Mandanten vor Ort berechnen zu können
in den Fällen, in denen der Mandant trotz Hinweis auf eine Gerichtskostenbelastung an einer vom gerichtlichen Vorschlag abweichenden Vergleichsidee festhalten möchte das Gericht zu bitten, den ggf. im Gerichtssaal erteilten Hinweis an den Auftraggeber im Sitzungsprotokoll zu vermerken
in den Fällen, in denen trotz Hinweis des Anwalts der Auftraggeber einen anderweitigen Vergleich abschließen möchte, den erteilten Hinweis zu dokumentieren.

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Hinweis

Es gibt keine gesetzliche Dokumentationspflicht des Anwalts. Es existiert allerdings Rechtsprechung des BGH, die den Anwalt verpflichtet, bei erkennbarem Aufklärungsbedürfnis des Mandanten diesen über etwaige Kosten aufzuklären. Um sich nicht später dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen: „Das hätte ich nie so abgeschlossen, wenn ich DAS gewusst hätte.“ empfiehlt sich allerdings eine Dokumentation.

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Achtung

Zwar gilt das neue Recht erst seit dem 1.8.2013. Gerichte können sich jedoch durchaus der früheren Rechtsprechung anschließen und auch für Altfälle auf die Idee kommen, diese Rechtsprechung im Sinne der neuen Vorschrift des § 26 FamGKG anzuwenden.

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Die Gerichtskostenbelastung kann wie folgt geltend gemacht werden:

a) Die VKH-Partei ist Antragsteller

Die VKH-Partei erhält eine der Unterliegens-Quote entsprechende Gerichtskostenrechnung.

b) Die VKH-Partei ist Antragsgegner

Die Antragstellerseite kann gegen die VKH-Partei die Festsetzung der Gerichtskosten im Kostenfestsetzungsverfahren beantragen. Hat die Antragstellerseite auch VKH, erhält der Antragsgegner wiederum eine GK-Rechnung.

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Berechnungsbeispiel

Antragstellerin und Antragsgegner schließen einen Vergleich in einem Zugewinnausgleichsverfahren; Wert: 6.000 €. Der Antragsgegnerin wurde VKH unter Beiordnung eines Anwalts bewilligt. Gerichtskosten musste sie aufgrund der VKH-Bewilligung nicht einzahlen, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 122 Abs. 1 ZPO. Der Vergleich kommt nicht auf Vorschlag des Gerichts zustande, sondern wurde vielmehr zwischen AG und ASt schriftlich ausgehandelt. Der AG verpflichtet sich mit diesem Vergleich, 4.000 € zu bezahlen. Kostenquote: 2/3 der Kosten trägt der AG; 1/3 der Kosten die ASt. Gerichtskostenbelastung durch Gerichtskostenrechnung nach seit 1.8.2013 geltender Rechtslage (3,0 Verfahrensgebühr reduziert sich auf 1,0 Verfahrensgebühr wegen des Vergleichs; aus Wert: 6.000 € = 165,00 €; hiervon 1/3 = 55,00 €.

2. Kapitel Wertermittlung und GerichtskostenVII. Gerichtskosten › 4. Gebührenhöhe

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