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f) Vorschuss gegenüber Rechtsschutzversicherer

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Die Vorschusspflicht trifft grundsätzlich den Auftraggeber. Auch bei einer eventuell bestehenden Rechtsschutzversicherung ist ein etwaiger Vorschuss vom Auftraggeber zu leisten. Sofern die Rechtsschutzversicherung die Zahlung eines Vorschusses verweigert, sollte der Auftraggeber auf seine Eintrittspflicht hingewiesen werden. Häufig kommt es vor, dass ein Schadensfall nach den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) nicht gegeben ist, die Rechtsschutzversicherung mit rückständigen Beiträgen aufrechnet oder eine vereinbarte Selbstbeteiligung in Abzug bringt. Der Rechtsanwalt kann sich vor solchen unliebsamen Überraschungen nur durch korrekte Anforderung und Vorschussüberwachung absichern. Insbesondere bei Rechtsschutzversicherern, die als besonders restriktiv bekannt sind und die Einforderung der Deckungszusage mit großem Bearbeitungsaufwand verbunden ist, sollten die zu erwartenden Gebühren vorschussweise angefordert werden.

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Beispiel Vorschussanforderung bei der Rechtsschutzversicherung

In einer Rechtsstreitigkeit mit einem Klageauftrag über 10.000 € verweist der Mandant auf das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung bei der XY-Versicherungs AG. Der Rechtsanwalt sollte daher vor Beginn seiner eigentlichen Tätigkeit bei der Rechtsschutzversicherung folgende Beträge vorschussweise einfordern:

Gegenstandswert: 10.000 €
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 725,40 €
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 669,60 €
PT-Pauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Zwischensumme 1.415,00 €
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG 268,85 €
Summe der Gebühren 1.683,85 €
3,0 Allgemeine Verfahrensgebühr, §§ 10, 12 Abs. 1 GKG,Anlage 1 zu § 3 Abs. 2, Nr. 1210 KV GKG 723,00 €
Summe Vorschuss 2.406,85

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Da zwischen dem Rechtsanwalt und der Rechtsschutzversicherung des Mandanten grundsätzlich keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen, kann der Vorschuss nach § 9 RVG nur gegenüber dem Mandanten geltend gemacht werden. Jedoch ist der Rechtsschutzversicherer zahlungspflichtig, sobald der Versicherungsnehmer berechtigterweise in Anspruch genommen wird, § 5 Abs. 2 ARB 2014. Hierunter fällt auch die Vorschussanforderung. Von der Versicherung gezahlte Vorschüsse können vom Anwalt nicht zurückverlangt werden, selbst wenn nachträglich die Deckungszusage wirksam widerrufen wird oder aus anderen Gründen Ersatzansprüche bestehen. Rückforderungsansprüche des Versicherers bestehen allein gegen den Versicherungsnehmer.

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Zu beachten ist darüber hinaus, dass Rechtsschutzversicherer nicht mehr zur Zahlung verpflichtet sind, sobald der Gegner in die Kosten verurteilt worden ist. Eine Zahlungspflicht setzt erst wieder ein, wenn der Gegner erfolglos zur Zahlung aufgefordert wurde.

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Tipp

Vorschuss gegen RSV rechtzeitig verlangen – keine Leistungspflicht mehr bei rechtskräftiger Verurteilung wegen Vorsatz!

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Die Rechtsschutzversicherung des Mandanten sollte unbedingt zur Zahlung eines Vorschusses aufgefordert werden, wenn dem Mandanten ein verkehrsrechtliches Vergehen vorgeworfen wird und eine Verurteilung wegen Vorsatzes möglich erscheint. In diesen Fällen besteht nämlich dann kein Versicherungsschutz mehr, wenn das vorsätzliche Handeln des Versicherungsnehmers rechtskräftig festgestellt wird, § 33 Abs. 2 ARB 2014 (z.B. Deurag). Wird das vorsätzliche Handeln des Versicherungsnehmers rechtskräftig festgestellt, entfällt die Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers. Gezahlte Vorschüsse muss der Rechtsanwalt an die Rechtsschutzversicherung nicht zurückzahlen. Die Rechtsschutzversicherung kann sich dann gegenüber dem Versicherungsnehmer schadlos halten.

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Tipp

Einholen der Deckungszusage als besondere Angelegenheit gesondert abrechnen!

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Der Rechtsanwalt ist berechtigt, für die Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung gesonderte Gebühren geltend zu machen, da es sich um eine besondere Angelegenheit handelt. Dabei fällt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an. Dem Argument, dass die Einholung der Deckungszusage zum „Service der Kanzlei“ gehöre, ist nur insoweit zuzustimmen, als die Einholung der Deckungszusage problemlos mit einem oder zwei Schreiben erfolgen kann. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der Schriftverkehr mit der Rechtsschutzversicherung oftmals einen größeren Umfang annimmt als der Schriftverkehr in der Hauptsache. Hier sollte der Mandant darauf hingewiesen werden, dass weiterer Streit über die Deckungszusage mit der Rechtsschutzversicherung gebührenpflichtig ist. Der Verzicht auf entstehende Gebühren in außergerichtlichen Angelegenheiten ist in voller Höhe nach dem Berufsrecht aber nicht unproblematisch, vgl. dazu § 49b BRAO i.V.m. § 4 RVG. Zwar ist es erlaubt Zeit- und Pauschalvereinbarungen abzurechnen, die unter den gesetzlichen Gebühren liegen; sie müssen aber in einem angemessenen Verhältnis zu Haftungsrisiko und Arbeitsaufwand stehen. Der Wert, aus dem sich die Geschäftsgebühr berechnet, bestimmt sich nach den Kosten und Auslagen, von denen der Mandant befreit werden möchte. Dies betrifft somit die eigenen Anwaltskosten, die Anwaltskosten des Gegners, die Gerichtskosten und gegebenenfalls Sachverständigengebühren, Zeugenauslagen. Die wenigsten Kanzleien rechnen in der Praxis Gebühren für die Einholung einer Deckungszusage ab; es wird insoweit auf die gesonderten Ausführungen zu diesem Thema in Kapitel 12, Rn. 4 ff. und Kap. 7, Rn. 247 verwiesen. In der Praxis empfiehlt es sich aus wirtschaftlichen Gründen, den Versicherungsnehmer bei Gebührenerwartungen von weniger als 250 € selbst mit der Deckungsschutzanfrage bei der Rechtsschutzversicherung zu beauftragen.

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Tipp

Einholen der Deckungszusage bei geringer Vergütung durch Mandant!

3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen GebührenrechtsVI. Vorschuss, § 9 RVG › 2. Sondervorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB

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