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3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen Gebührenrechts › X. Verweisung

X. Verweisung

3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen GebührenrechtsX. Verweisung › 1. Allgemeines

1. Allgemeines

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§§ 20 und 21 RVG bilden eine Ergänzung zu § 15 Abs. 2 RVG. Beide Bestimmungen umreißen den Begriff des Rechtszugs näher für den Fall der Verweisung oder Zurückverweisung und regeln, ob der Rechtsanwalt, der vor den beiden Gerichten tätig wird, in solchen Fällen die Gebühren mehrmals fordern kann. Unter Verweisung im gebührenrechtlichen Sinne (§ 20 RVG) ist die Verweisung des Rechtsstreits von einem Gericht an ein anderes Gericht zu verstehen. Deshalb gehören hierzu nicht die Verweisungen innerhalb des gleichen Gerichts, z.B. von der Zivilkammer an die Kammer für Handelssachen.

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§ 20 S. 1 RVG unterscheidet die Abgabe innerhalb der gleichen Instanz (horizontale Verweisung, § 20 S. 1 RVG) und die Verweisung der Sache an ein Gericht des niederen Rechtszuges (diagonale Verweisung, § 20 S. 2 RVG). Nur im zweiten Fall können erneute Gebühren entstehen:

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Beispiel Verweisung innerhalb der gleichen Instanz/Horizontalverweisung

A in Dortmund verklagt den Vermieter V in Wiesbaden in einer Mietangelegenheit bei dem Amtsgericht des Ortes des Wohnsitzes des Vermieters in Wiesbaden.

Das Amtsgericht Wiesbaden verweist die Sache jedoch an das Amtsgericht in Dortmund, da sich die Wohnung in Dortmund befindet und nach § 29a ZPO das Gericht am Ort der belegenen Sache ausschließlich zuständig ist.

Hier fand eine Verweisung innerhalb der gleichen Instanz statt (§ 20 S. 1 RVG), ohne dass ein neuer Rechtszug entstanden ist.

Die Gebühren entstehen nur einmal.

3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen GebührenrechtsX. Verweisung › 2. Verweisung an ein Gericht der gleichen instanzlichen Ebene

2. Verweisung an ein Gericht der gleichen instanzlichen Ebene

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Eine Verweisung i.S.d. § 20 S. 1 RVG (Horizontalverweisung) erfolgt stets an ein anderes Gericht der gleichen instanzlichen Ebene, und zwar dann, wenn z.B.

eine Klage bei einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht erhoben worden ist. In diesen Fällen verweist dieses Gericht auf Antrag des Klägers durch unanfechtbaren Beschluss den Rechtsstreit an das nach seiner Meinung zuständige Gericht, § 281 ZPO. Der Beklagte hat in der Regel zuvor die Unzuständigkeit gerügt, § 39 ZPO. Dies gilt auch dann, wenn das in erster Instanz angerufene Landgericht wegen Unzuständigkeit an das Amtsgericht verweist, da in diesem Fall beide Gerichte erstinstanzlich sind;
eine nachträglich eingetretene sachliche Unzuständigkeit, verursacht durch eine Erhöhung des Streitwerts bei Widerklage oder Klageerweiterung, § 506 ZPO vorliegt;
nach Widerspruch die Mahnabteilung an das zuständige Streitgericht abgibt;
beim Landgericht an die Kammer für Handelssachen oder umgekehrt von der Kammer für Handelssachen an die Zivilkammer abgegeben wird;
bei der Verweisung von einem Rechtsweg in den anderen, z.B. von der ordentlichen Gerichtsbarkeit zur Arbeits-, Finanz-, Verwaltungs- oder Sozialgerichtsbarkeit.

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Wird ein Rechtsstreit von einem Gericht an ein anderes Gericht der gleichen instanzlichen Ebene verwiesen oder abgegeben, so bilden das Verfahren vor dem verweisenden Gericht und das Verfahren vor dem übernehmenden Gericht ein Rechtszug, § 20 S. 1 RVG. Für den Rechtsanwalt bedeutet dies, dass er für seine Tätigkeit vor beiden Gerichten seine Gebühren nur einmal erhält. Etwas anderes gilt nur, wenn ein zweiter Anwalt mit der Sache betreut wird, z.B. wenn der Beklagte nach Zustellung der Klage zunächst einen Rechtsanwalt beauftragt hat und schließlich nach Verweisung an das andere Gericht an diesem Gerichtsort einen neuen Rechtsanwalt beauftragt. In diesen Fällen hat der Beklagte auch im Unterliegensfall Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, nicht zu tragen (§ 281 Abs. 3 ZPO).

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Der Kostenausspruch in solchen Angelegenheiten lautet daher meist:

„Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Der Kläger hat jedoch die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstehenden Mehrkosten zu tragen.“

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Tipp

Auch aus Kostengründen sollte man die Anrufung eines sachlich oder örtlich unzuständigen Gerichts vermeiden!

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Auf die Einreichung einer Klage oder eines Antrags beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht ist deshalb im Hinblick auf die etwaig entstehenden Mehrkosten erhöhte Sorgfalt zu legen.

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Beispiel Mehrkosten bei Anrufung eines unzuständigen Gerichts

Rechtsanwalt H erhebt im Auftrage seines Mandanten Klage vor dem LG Hamburg. Das LG Hamburg weist darauf hin, dass es sich örtlich für unzuständig hält und fordert den Kläger auf, Verweisungsantrag an das örtlich zuständige LG München I zu stellen. Der Kläger beantragt die Verweisung, weil er ansonsten die Abweisung seiner Klage wegen Unzulässigkeit zu fürchten hat. Für den Klägervertreter entsteht keine neue Verfahrensgebühr.

3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen GebührenrechtsX. Verweisung › 3. Verweisung vom Rechtsmittelgericht an ein erstinstanzliches Gericht

3. Verweisung vom Rechtsmittelgericht an ein erstinstanzliches Gericht

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Eine Verweisung im Sinne des § 20 S. 2 RVG (Diagonalverweisung) erfolgt stets von einem Rechtsmittelgericht an ein Gericht einer niedrigeren instanzlichen Ebene. Sie kommt vor, wenn ein Gericht einer niedrigeren instanzlichen Ebene seine Zuständigkeit bejaht, diese aber von dem Rechtsmittelgericht verneint und nunmehr Verweisungsantrag an ein anderes Gericht einer niedrigeren instanzlichen Ebene gestellt wird.

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Eine Verweisung i.S.d. § 20 S. 2 RVG liegt nur dann vor, wenn das Rechtsmittelgericht an ein Gericht der niedrigeren Instanz verweist, das mit der Sache noch nicht betraut war.

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Beispiel Diagonalverweisung

Klage vor dem LG München I, das seine örtliche Zuständigkeit bejaht. Das OLG München verneint jedoch die Zuständigkeit und verweist auf Antrag an das LG Hamburg.
Das OLG Hamburg (2. Instanz) verweist als Berufungsgericht einen nichtvermögensrechtlichen Streit an das LG München II (1. Instanz).
Das Landesarbeitsgericht verweist an das Sozialgericht (1. Instanz).
Der BGH verweist an das Verwaltungsgericht (1. Instanz).

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Verweist ein Rechtsmittelgericht eine Sache an ein Gericht des niedrigeren Rechtszugs, so ist nach § 20 S. 2 RVG das weitere Verfahren vor dem niedrigeren Gericht gebührenrechtlich eine besondere Angelegenheit, somit ein neuer Rechtszug, so dass vor diesem Gericht alle Gebühren, auch die Verfahrensgebühr neu entstehen. Eine Anrechnungsvorschrift für die Verfahrensgebühren gibt es nicht. Diese Art der Verweisung ist in der Praxis allerdings äußerst selten.

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Beispiel Diagonalverweisung

Rechtsanwalt Huber erhebt Klage vor dem Amtsgericht Bonn. Der Klage wird stattgegeben. Der Beklagte legt Berufung ein zum Landgericht Bonn. Das Landgericht Bonn erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist an das Arbeitsgericht Siegburg. Der Rechtsstreit wird vor dem Arbeitsgericht Siegburg fortgeführt und endet mit Urteil.

Sowohl vor dem Amtsgericht Bonn als auch dem Landgericht Bonn und auch dem Arbeitsgericht Siegburg entstehen alle Gebühren je nach Tätigkeit des Rechtsanwalts auch die Verfahrensgebühren.

3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen GebührenrechtsX. Verweisung › 4. Niedrigeres oder untergeordnetes Gericht?

4. Niedrigeres oder untergeordnetes Gericht?

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Um die §§ 20 und 21 RVG richtig verstehen zu können, muss der Unterschied zwischen niedrigerem und untergeordnetem Gericht klar sein. Ein Gericht einer niedrigeren Instanz muss nicht zwangsläufig das untergeordnete Gericht sein. So ist das Amtsgericht Köln zwar niedriger im Instanzenzug als das Landgericht München I. Allerdings ist es diesem nicht untergeordnet. Untergeordnet ist dem Landgericht München das Amtsgericht München. Eine Zurückverweisung, wie sie nachfolgend und in § 21 RVG angesprochen ist, bedeutet immer, dass ein Rechtsmittelgericht den Streit an ein ihm im gegebenen Instanzenzug untergeordnetes Gericht zurückverweist. Dieses Gericht der untergeordneten Instanz war bereits mit der Angelegenheit betraut. Damit erklärt sich auch, dass in den Fällen, in denen ein Gericht mit der Sache noch überhaupt nicht betraut gewesen ist, so bei der Diagonalverweisung nach § 20 S. 2 RVG, von einem Rechtsmittelgericht an ein Gericht des niedrigeren Rechtszugs, alle Gebühren neu entstehen können.

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Bei der Zurückverweisung nach § 21 RVG war das Gericht, an das verwiesen wird, bereits mit der Sache betraut, so dass sich hier gebührenrechtlich auch andere Konsequenzen ergeben.

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