Читать книгу Rechtsanwaltsvergütung - Sabine Jungbauer - Страница 185
Оглавление3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen Gebührenrechts › XI. Zurückverweisung, § 21 RVG
XI. Zurückverweisung, § 21 RVG
3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen Gebührenrechts › XI. Zurückverweisung, § 21 RVG › 1. Allgemeines
1. Allgemeines
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Wenn ein Rechtsmittelgericht das angefochtene Urteil aufhebt, kann es den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverweisen (Vertikalverweisung), damit dieses Gericht in der Sache neu verhandelt und abschließend entscheidet. Das Rechtsmittelgericht muss durch ein Rechtsmittel (Berufung, Revision, sofortige Beschwerde) mit der Sache befasst gewesen sein.
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Bei der Revision ist die Zurückverweisung die Regel, da das Revisionsgericht (BGH), wenn es die Revision für zulässig und begründet hält, die Sache an das Berufungsgericht (OLG) zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweist, § 563 Abs. 1 ZPO. Bei Berufungen hat das Berufungsgericht die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden, § 538 Abs. 1 ZPO.
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Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nach der Zivilprozessreform nur zurückverweisen,
• | soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist; |
• | wenn durch das angefochtene Urteil ein Anspruch als unzulässig verworfen ist; |
• | wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist; |
• | wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist; |
• | wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist; |
• | wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder |
• | wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil ist, |
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt.
3. Kapitel Grundlagen des anwaltlichen Gebührenrechts › XI. Zurückverweisung, § 21 RVG › 2. Gebühren
2. Gebühren
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Soweit die Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, ist das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug mit der Folge, dass alle Gebühren mit Ausnahme der Verfahrensgebühr erneut entstehen können. Die Anrechnungsvorschrift für die Verfahrensgebühr ergibt sich aus Abs. 6 der Vorbem. 3 VV RVG.
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Beispiel Zurückverweisung
Klage 7.000 €. Mündliche Verhandlung, Beweisaufnahme, Urteil. OLG verweist als Berufungsinstanz nach mündlicher Verhandlung antragsgemäß an das LG zurück. Vor dem LG wird erneut verhandelt und ein Vergleich geschlossen.
Gebühren:
1. | Verfahren vor dem LG, vor Zurückverweisung 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG zzgl. Auslagen und USt. |
2. | Verfahren vor dem OLG 1,6 Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG zzgl. Auslagen und USt. |
3. | Verfahren vor dem LG, nach Zurückverweisung 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (hierauf anzurechnen nach Abs. 6 der Vorbem. 3 VV 1,3 Verfahrensgebühr aus Ziff. 1) 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG zzgl. Auslagen und USt. |
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Beachte
Zur Reihenfolge der Anrechnung vgl. bitte auch die Ausführungen in Kap. 7, Rn. 107 und zu § 15a RVG unter Kap. 7, Rn. 201. Zu den Übergangsvorschriften im Zusammenhang mit der Zurückverweisung vgl. Kapitel 1, Rn. 107.
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Zu beachten ist jedoch eine nach der Zurückverweisung erfolgte Streitwerterhöhung, z.B. durch Klagerhöhung, Widerklage oder Ähnliches. In solchen Fällen kann der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr aus dem höheren Streitwert fordern.
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Beispiel Zurückverweisung und Erhöhung des Gegenstandswertes
In einem Rechtsstreit über 7.000 € wird nach mündlicher Verhandlung und Urteilsverkündung Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz verweist die Sache nach Verhandlung antragsgemäß zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurück.
Der Gegner beantragt nach Zurückverweisung Klageabweisung und erhebt Widerklage über 4.000 €. Es kommt zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme.
Welche Gebühren können seitens der Anwälte abgerechnet werden?
1. | Verfahren vor Zurückverweisung 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 7.000 € 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 7.000 € zzgl. Auslagen und USt. |
2. | Verfahren vor dem OLG 1,6 Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG aus 7.000 € 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG aus 7.000 € zzgl. Auslagen und USt. |
3. | Verfahren nach Zurückverweisung 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 11.000 € abzgl. 1,3 Verfahrensgebühr aus 7.000 € (aus diesem Wert wurde bereits vor Zurückverweisung eine Verfahrensgebühr verdient) 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 11.000 € zzgl. Auslagen und USt. |
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Tipp
Anrechnungsausschluss beachten!
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Liegen zwischen der Beendigung des erstinstanzlichen Verfahren vor Einlegung des Rechtsmittels und dem Verfahren nach Zurückverweisung mehr als zwei Kalenderjahre, entfällt eine erforderliche Anrechnung der Verfahrensgebühr, § 15 Abs. 5 RVG.
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§ 21 Abs. 2 und 3 behandelt Fälle aus dem Familienrecht. In den Fällen des § 146 FamFG, auch in Verbindung mit § 270 FamFG, bildet das weitere Verfahren vor dem Familiengericht mit dem früheren einen (1) Rechtszug, § 21 Abs. 2 RVG. Wird eine Folgesache als selbstständige Familiensache fortgeführt, sind das fortgeführte Verfahren und das frühere Verfahren dieselbe Angelegenheit, das heißt, es erfolgt eine einmalige Abrechnung aus dem addierten Wert, vgl. § 21 Abs. 3 RVG i. V. m. § 137 Abs. 2 FamFG.