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12

Chris

10. November

Erde

Sekunden später schlug Chris eine höllische Hitze ins Gesicht, und wider Erwarten ging er nicht in Flammen auf. Es brauchte einige Sekunden und mehrere Schreie von irgendwo über ihm, bis er einigermaßen verstand, was passiert sein musste: Dorian hatte Adrian abgefangen, von Chris weggezerrt und sie beide in die Luft befördert, wo sie nun aufeinander losgingen. Adrian schrie Dorian währenddessen eine nicht enden wollende Schimpftirade entgegen, bei der sich Chris schon nach wenigen Worten die Ohren auswaschen wollte.

Mit zitternden Knien sank er zurück ins Gras, als ihn eine erneute Schockwelle erfasste, und schaute dem Geschehen kopfschüttelnd weiter zu. Jedes Mal, wenn sich Adrian dem Boden näherte, stieß Dorian ihn zurück in die Luft und weiter von Chris weg.

›Er verteidigt mich‹, dachte er langsam. ›Erst entführt er mich und jetzt rettet er mir vielleicht das Leben. Was ist los mit ihm?‹

Adrian wich Dorian aus und schlug ihm danach so heftig in den Bauch, dass die Luft um ihn herum bebte. Dorian taumelte und fiel mehrere Meter tief, bevor er sein Gleichgewicht wiederfand, während Adrian sich umwandte und Chris grinsend ins Gesicht sah.

Chris überlegte kurz, sich einfach zu ergeben, aber am Ende überwiegte sein Überlebensinstinkt. Er kam auf die Beine, stieg mit einem Flügelschlag in die Luft und sah Adrian unter sich ins Leere schlagen. Eine Stichflamme loderte Sekunden später an der Stelle auf, an der er gerade noch gesessen hatte.

Dorian kam ihm entgegen. Es sah wie ein Angriff aus, bis er im letzten Moment bremste und eine Handbreit vor Chris zum Stehen kam. »Weg von hier!«

›Guter Witz.‹ »Wohin denn?«

Darauf wusste er offenkundig keine Antwort. Zeit zum diskutieren hatten sie allerdings ohnehin nicht, denn Adrian schoss auf sie beide zu. Dorian streckte einen Arm aus und kurz darauf wurde Chris von einer unsichtbaren Macht mehrere Meter rückwärts gestoßen. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte nach unten und konnte sich gerade genug bremsen, um sich beim Aufprall nicht alle Knochen zu brechen. Kurz flackerten schwarze Punkte vor seinen Augen.

In der Luft schlugen die Angriffe der beiden Engel unterdessen Wellen im Nebel. Dorian tauchte unter Adrian hindurch und auf dessen Rückseite wieder auf, legte ihm eine Hand auf den Rücken, direkt zwischen die Flügel. Im nächsten Moment stürzte Adrian in freiem Fall Richtung Wald und verschwand mit einem lauten Schrei zwischen den Baumkronen.

Dorian landete mit einem leidenden Gesichtsausdruck. Wieder stand er Chris zunächst regungslos gegenüber und überlegte sichtlich, was er sagen sollte. »Er wird wiederkommen. Weg von hier.«

Sie stiegen erneut in die Luft, Dorian hielt mitten auf die Großstadt zu. Chris warf einen Blick zurück und erschrak, als er feststellte, dass sowohl der Wald als auch die Wiese so verwüstet aussahen, als hätte dort gerade ein Sturm gewütet. Bäume waren entwurzelt und jegliches Laub von den Ästen gerissen worden, die Erde aufgewühlt und das Gras niedergedrückt. Von der Scheune fehlte jede Spur.

»Ach du Scheiße«, murmelte Chris. Wind und Nebel verschluckten seine Worte. ›Wenn sie das ohne Probleme anrichten können, wie hab ich dann bis hierhin überlebt?‹

Chris hatte geglaubt, mittlerweile Fliegen gelernt zu haben, doch jetzt kam er Dorian kaum hinterher. Erst wollte er den Engel einfach ziehen lassen und entschied sich im letzten Moment dagegen. »Warte!«

Dorian bremste und schwebte auf der Stelle, bis Chris zu ihm aufgeschlossen hatte.

»Ich kann nicht schneller«, erklärte er und bekam wie zur Bestätigung direkt Seitenstechen. »Und… und ich kann auch nicht mehr.«

»Oh«, machte Dorian, als käme das vollkommen überraschend für ihn. »Ein bisschen weiter noch.«

»Ich geb mein Bestes.«

»In der Nähe von Menschen ist es sicherer. Sie wollen nicht auffallen.«

»Okay. Gut.« Chris atmete tief ein und mobilisierte, was sich wie seine letzten Kräfte anfühlte. Hoffentlich fiel er nicht vom Himmel. »Was genau willst du eigentlich von mir?«

Dorian schüttelte nur den Kopf.

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