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1.9 Gesellschaftsrecht

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Bei juristischen Personen gilt die Sitztheorie, wonach der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung über Gründung, Rechtsfähigkeit, Voraussetzungen und Umfang der Vertretungsmacht von Gesellschaftern und Organen sowie Haftung der Organe und Gesellschafter entscheidet, heute nur noch für ausländische Gesellschaften, die weder unter dem Schutz des EUV noch eines bilateralen Staatsvertrages stehen.[97] Wegen europarechtlicher Vorgaben gilt jedoch grundsätzlich die Gründungstheorie, nach welcher das Recht des Gründungsorts für die o.g. Fragen maßgeblich ist.[98] In Ergänzung hierzu hat der EuGH im Jahr 2011 entschieden, dass eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt – ohne dass die Verlegung des Sitzes ihre Eigenschaft als Gesellschaft nach dem Recht des ersten Mitgliedstaats berührt – sich auf Art. 49 AEUV berufen kann, um die Rechtmäßigkeit einer ihr von dem ersten Mitgliedstaat anlässlich dieser Sitzverlegung auferlegten Steuer in Frage zu stellen.[99]

Von besonderer Bedeutung sind im Gesellschaftsrecht neben diesen Theorien Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträge. So hat der BGH mit Hinweis auf den einschlägigen deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrag zur Haftung einer in den USA gegründeten „Inc.“ mit Verwaltungssitz in Deutschland entschieden, dass sich die Beantwortung von Rechtsfragen hinsichtlich dieser grundsätzlich nach dem in den USA geltenden Recht richtet. Eine Anwendung deutschen Rechts komme allenfalls in Betracht, wenn die Gesellschaft in den USA keinerlei geschäftliche Aktivitäten entwickelt hat. Hinreichende Beziehungen zum Gründungsstaat bestünden jedenfalls schon dann, wenn die Gesellschaft in irgendeiner Form geschäftliche Aktivitäten in den USA entwickelt. Dies nahm der BGH hier an, da die S. Inc. bei der A. Inc. in den USA ein Depot unterhielt.[100]

Auch die Haftung des Geschäftsführers für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten einer gemäß Companies Act 1985 in England gegründeten PLC mit tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland richtet sich nach dem am Ort ihrer Gründung geltenden Recht. Dazu urteilte der BGH, die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) greife hier mangels Eintragung der persönlichen Handelndenhaftung für deren rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten in einem deutschen Handelsregister analog § 11 Abs. 2 GmbHG nicht.[101]

Vom Fortbestand einer ausländischen Gesellschaft, die nach ihrem Personalstatut die Rechtsfähigkeit bereits verloren hat, als „Restgesellschaft“ ist so lange auszugehen, wie die Liquidation inländischen Vermögens noch nicht beendet ist.[102]

Die internationale Zuständigkeit für Ansprüche aus § 64 S. 1 GmbHG, die gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz geltend gemacht werden, bestimmt sich nach dem Luganer Übereinkommen vom 16.09.1988. Ansprüche aus § 64 S. 1 GmbHG sind solche „aus einem Vertrag“ i.S.d. Art. 5 Nr. 1 LugÜ. Erfüllungsort für Ansprüche aus § 64 S. 1 GmbHG ist der Sitz der Gesellschaft.[103]

Aufgrund der besonderen materiellen Bedeutung von § 2 Abs. 1 GmbHG reicht die Einhaltung der Ortsform gemäß Art. 11 Abs. 1 Var. 2 EGBGB nicht aus.[104] Ausweislich der Gesetzesbegründung der Bundesregierung sollte sich – der auf das EG-Schuldrechtsübereinkommen zurückzuführende – Art. 11 EGBGB ausdrücklich nicht auf Fragen der Verfassung juristischer Personen beziehen.[105]

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