Читать книгу Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft - Simone Stöhr - Страница 15

Dienstag, 12.08.2008 New York, 14:40 Uhr

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Mike telefonierte unterdessen einen Psychologen nach dem anderen ab. Es gab genau drei Psychologen in New York, die auf Drogenentzug spezialisiert waren. Doch die Chancen auf einen Therapieplatz für Catherine schwanden enorm. Der erste befand sich im Urlaub, was im August nun mal nicht ungewöhnlich war. Die nächste Psychologin war restlos überfüllt und konnte selbst mit Bestechungsversuchen nicht überzeugt werden. Also blieb Mike nichts anderes übrig, als seine ganze Hoffnung in die letzte Adresse zu investieren. Dr. Steve Myers. Er klang nicht außergewöhnlich, noch erfolgreich. Auch die Anzeige macht nicht wirklich viel her. Eher schlicht und unscheinbar und sicherlich nicht Mikes erste Wahl, weshalb er ihn auch zuletzt wählte. Doch in der jetzigen Situation blieb auch keine andere Wahl mehr übrig. Er wählte die Nummer, die in der Anzeige stand und wartete bis jemand am anderen Ende der Leitung den Hörer abnahm. Es dauerte kürzer, als Mike erwartete und zu seinem Erstaunen war auch Dr. Myers selbst am Telefon, anstelle einer Sprechstundenhilfe, die üblicherweise die Telefongespräche annahm und Termine vergab.

„Dr. Myers am Apparat, wie kann ich Ihnen helfen?“, schoss er bereits los.

„Guten Tag Dr. Myers. Mike Carrington ist mein Name. Ich wollte nachfragen, ob Sie derzeit vielleicht noch freie Therapieplätze haben.“

„Handelt es sich dabei um Sie selbst?“, bombardierte er ihn weiter.

„Nein, es geht um eine Freundin, um die ich mich derzeit kümmere.“

Ehe Mike weitersprechen konnte, stellte Dr. Myers bereits die nächste Frage.

„Stehen Sie in einer festen Beziehung zueinander und ist Ihre Freundin bereits clean oder strebt Sie einen Entzug an?“

Mike wollte gerade ansetzen die ersten Fragen zu beantworten, als er wieder von Dr. Myers mit weiteren Fragen überrumpelt wurde.

„Möchte Ihre Freundin den Entzug freiwillig anstreben oder helfen Sie gerade mit Druck nach? Ist das ihr erster Entzug oder gibt es bereits schon mehrere Versuche, die gescheitert sind? Was erwarten Sie sich von dieser Therapie?“

„Dr. Myers“, unterbrach Mike ihn endlich. Er war schon soweit gleich aufzulegen, so sehr nervte ihn dieser Mann. Wie sollte er Catherine helfen können, wenn er nicht einmal zuhören konnte? Er gab ihm nicht einmal Gelegenheit auf seine Fragen einzugehen. War in diesem Beruf nicht das Wichtigste seinen Patienten zuzuhören? Mike zweifelte, dass dieser Doktor der Richtige für Cathy war und hoffte darauf, dass auch er ihm eine Absage erteilen würde.

„Dr. Myers, darf ich bitte erst einmal antworten, ehe Sie weitere Fragen stellen?“, nachdem keine Antwort, aber auch kein Einwand zu hören war, redete Mike einfach weiter.

„Es handelt sich dabei um eine gute Freundin, die mit den Drogen aufhören möchte. Derzeit befindet Sie sich in Boston in der Medical Klinik von Dr. Briskow zum Turboentzug. In zwei Tagen wird sie dort entlassen und ich hole sie zu mir nach New York, um sie aus der jetzigen Umgebung herauszuholen und hier einen Neuanfang beginnen zu können. Körperlich ist zwar der Entzug laut Dr. Briskow bereits vorbei, jedoch braucht sie eine begleitende Psychotherapie für den psychischen Entzug und seine Ursachen der Abhängigkeit. Können Sie diese Art der Therapie machen und haben Sie noch freie Kapazitäten, Dr. Myers?“

„Ja, ja und nochmal ja. Das klingt doch alles sehr vielversprechend. Darf ich nachfragen, wie Sie auf mich gekommen sind?“

„Ehrlich gesagt gibt es nicht allzu viele Psychologen und Psychiater, die in New York auf Drogenentzug spezialisiert sind und Sie sind bereits der Letzte auf meiner Liste. Es ist mir wichtig, dass sie die besten Chancen für ihren Entzug bekommt und daher gleich von Anfang an unterstützend die Therapie machen kann. Es heißt aber nicht, dass ich sie dazu zwingen möchte. Sie wird entscheiden, ob die Therapie die Richtige für Sie ist oder nicht. Ich möchte daher nur den Erstkontakt herstellen und für den Anfang alles vorbereiten. Alles weitere wird sie dann selbst entscheiden und festlegen.“

Mike war fest entschlossen auch den Psychologen in seine Schranken zu weisen und ihm nicht das Gefühl zu vermitteln, nur weil er der Letzte auf der Liste war, dass er tun und lassen konnte, was er wollte. Er war auch schneller wieder abgeschossen, wie er dachte.

„Mr. Carrington, darf ich Sie noch etwas fragen?“

Mike war erstaunt, dass Dr. Myers sich sofort seinen Namen merken konnte. Er hatte bislang nicht den Eindruck, dass er überhaupt richtig zugehört hatte.

„Ja, was möchten Sie wissen?“

„Sie klingen mir nach einem Menschen, der gerne plant und sein Leben fest im Griff hat. Desweiteren kenne ich Dr. Briskow persönlich und halte sehr viel von seinen umfassenden Drogenstudien und –therapien. Ich kenne auch seine monatelangen Wartelisten für seine Klinik. Warum kümmern Sie sich ausgerechnet so kurzfristig vor der Entlassung um einen Therapieplatz? Dr. Briskow empfiehlt meines Wissens diese Suche bereits Monate im Voraus und händigt auch eine Liste mit Empfehlungen an die Angehörigen aus.“

„Das kann durchaus sein. Aber Dr. Briskow hat mir einen persönlichen Gefallen mit der kurzfristigen Aufnahme meiner Freundin getan und daher fehlt mir jetzt auch die Zeit für die Suche nach einem geeigneten Therapeuten. Können Sie mir also helfen und sie in ihren Terminplan noch aufnehmen?“

„Wenn Sie mich so fragen, kann ich das natürlich. Freitagvormittag gegen 9 Uhr hätte ich noch einen Termin frei. Aber kommen Sie pünktlich, ich hasse Unpünktlichkeit.“

Damit legte er auf und Mike wusste nicht wirklich, was er von diesem seltsamen Kauz halten sollte. Mike war er auf Anhieb unsympathisch und auch rückblickend war das ganze Gespräch mehr als ungewöhnlich. Die Professionalität der ersten beiden Praxen ließ es gänzlich vermissen und auch Eigenschaften, wie Verständnis und Mitgefühl, die Mike sich von einem Psychologen erwartete, konnte er keinesfalls widerspiegeln. Ganz im Gegenteil, er hatte Mike den Eindruck vermittelt, als ob er selbst psychologische Hilfe benötigte. Dieser Dr. Myers war jedenfalls ein Punkt, der noch perfektioniert werden musste. Doch für den Anfang war er das Einzige das verfügbar war und nach diesem Gespräch war es Mike auch nicht verwunderlich, warum ausgerechnet er noch freie Kapazitäten hatte. Um sich abzulenken machte er sich auf in die 43th Street zu Macys. Er wollte Cathy von oben bis unten eine neue Garderobe besorgen. Es stimmte zwar nicht immer das Sprichwort, dass Kleider Leute machten, aber er wusste von sich selbst, dass die Kleidung das Wohlbefinden und die Stimmung beeinflussten. Und Cathys frühere Kleidung traf sicherlich eher ein wunder Punkt, denn dass es ihre Stimmung hob. Zum anderen waren die meisten ihrer Habseligkeiten noch bei ihrem Dealer in Quincy und da wollte Mike sie erst gar nicht mehr sehen, geschweige denn sich mit ihm anlegen. Da war es doch viel einfacher mit der Kreditkarte bis zum abwinken in den Geschäften bummeln zu gehen. Und außerdem machte es ihm um ein vielfaches mehr Spaß. Nachdem er das Inventar eines ganzen Kleiderschranks eingekauft hatte, war er zu diversen Möbelhäusern unterwegs. Es gab einiges, das er sofort kaufen würde, jedoch waren diese Möbel an mehrere Wochen Lieferzeit gebunden und waren damit ausgeschieden von seiner Wahl. Er wollte in zwei Tagen alles fertig haben, was bedeutete, dass er sich Ausstellungsstücke oder Waren aussuchen musste, die sofort verfügbar waren. Bei Ethan Allen wurde er endlich fündig. Nicht, dass sie alles vorrätig hatten, das nicht. Aber sie waren bereit, gegen Aufpreis natürlich, die Ausstellungsstücke bereits zu verkaufen und somit sofort lieferfähig zu sein. Das entsprach auch Mikes Vorstellung und so vereinbarte er die Liefertermine auf Donnerstagmorgen. Die Maler dürften bis dahin fertig sein und alles würde noch rechtzeitig fertig werden, bis Catherine nachmittags in New York ankam. In Windeseile hatte er ein neues Schlafzimmer für Catherine, ein neues Wohnzimmer und Esszimmer, sowie eine neue Küche ausgesucht. Selbst die Accessoires hatte er nicht vergessen und orderte in Mengen Bilder, Vasen und Kleinigkeiten, die die Wohnung wohnlicher gestalteten. Mike war zufrieden mit seinem Werk und kehrte fertig, aber glücklich zurück in seine Wohnung. In nur zwei Tagen würde die Wohnung nicht wieder zu erkennen sein. Dafür hatte er heute gesorgt. Doch jetzt war er müde und würde seinen Schlaf brauchen. Schon morgens hatten sich die Maler angekündigt, um dem schwarz-weißen Aussehen der tristen Wohnungen einen farblichen Anstrich zu verpassen.

Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft

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