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2. Erfasste Dienstvergehen

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2Das LDG ist nur anwendbar auf Dienstvergehen (im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 BeamtStG) der vorgenannten Personen bei den vorgenannten Dienstherren. Sodann bestimmen Abs. 1 Nrn. 1 bis 3, zu welchem Zeitpunkt das Dienstvergehen begangen worden sein muss, um dem sachlichen Anwendungsbereich des LDG zu unterfallen:

Abs. 1 Nr. 1: Durch das LDG erfasst werden zunächst diejenigen Dienstvergehen, die die Betroffenen „während ihres Beamtenverhältnisses“ (Abs. 1 Nr. 1) begangen haben. Die Gesetzesbegründung3 spricht von „Dienstvergehen im aktiven Beamtenverhältnis beim gegenwärtigen Dienstherrn“. Dies erscheint konsequent, wenn man den Begriff „Beamtenverhältnis“ als aktives Beamtenverhältnis versteht. Erfasst wird also der (gegenwärtige) Beamte, der während seines (gegenwärtigen) aktiven Beamtenverhältnisses ein Dienstvergehen begangen hat. Erfasst wird aber auch der (gegenwärtige) Ruhestandsbeamte oder Unterhaltsbeitragsempfänger (Abs. 1 Satz 2), der während seines (seinerzeitigen) aktiven Beamtenverhältnisses ein Dienstvergehen begangen hat. Klar nicht vom LDG erfasst ist der Fall, dass ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst arbeitsvertragliche Pflichten verletzt; selbst wenn er später zum Beamten ernannt werden sollte und die seinerzeitige Pflichtverletzung nach beamtenrechtlichen Maßstäben ein Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 BeamtStG) dargestellt hätte, ist der Anwendungsbereich des LDG für solche vordienstlichen Pflichtverletzungen niemals eröffnet.

Abs. 1 Nr. 2: Erfasst werden zudem Dienstvergehen, die begangen wurden „während eines früheren Dienstverhältnisses als Beamter, Richter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit“. Hiervon erfasst ist also derjenige Beamte/Ruhestandsbeamte/Unterhaltsbeitragsempfänger (Abs. 1 Satz 2), der in einem früheren aktiven Dienstverhältnis (insbesondere bei einem anderen Dienstherrn bestanden hat) ein Dienstvergehen begangen hat. Die Vorschrift erreicht, dass ein Dienstherrnwechsel letztlich keine Rolle spielt und dient damit auch der Verwirklichung des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens.4

Abs. 1 Nr. 3: Und schließlich werden diejenigen Dienstvergehen erfasst, die „nach Beendigung eines solchen Dienstverhältnisses (Nummer 1 oder 2)“ begangen wurden. Nach der Gesetzesbegründung5 sollen hierdurch „Dienstvergehen erfasst werden, die von einem früheren Beamten im Ruhestand, in einem sonstigen Versorgungsverhältnis oder ohne Versorgungsbeziehungen zu einem Dienstherrn begangen wurden“. Anders ausgedrückt betrifft die Nr. 3 frühere Beamte, die nach der Beendigung ihres Beamtenverhältnisses oder nach der Beendigung eines früheren Dienstverhältnisses (als Beamter, Richter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit) ein Dienstvergehen begangen haben. „Klassisch“ unter die Nr. 3 fällt insbesondere der frühere Beamte und jetzige Ruhestandsbeamte oder Unterhaltsbeitragsempfänger (Abs. 1 Satz 2), der nach Beendigung seines Beamtenverhältnisses etwa gegen seine (ja fortdauernde) Verschwiegenheitspflicht verstößt oder sich jetzt Vorteile gewähren lässt für seine frühere Dienstausübung. Das Bundesverfassungsgericht hebt zu Recht darauf ab, ob „die Verfehlung zur Tatzeit für den Täter ein Dienstvergehen gewesen“ ist.6 Das kann aber richtigerweise auch bei nachwirkenden beamtenrechtlichen Pflichten der Fall sein.

Ergänzend ist für Abs. 1 Nrn. 2 und 3 auf Folgendes hinzuweisen: Ihre Anwendung kann dazu führen, dass ein baden-württembergischer Dienstherr die Disziplinargewalt ausübt für einen Pflichtenverstoß, der herrührt aus einer (früheren) Beziehung zu einem nicht-baden-württembergischen Dienstherrn. So ist etwa denkbar, dass das Land Baden-Württemberg als gegenwärtiger Dienstherr des Beamten diesen disziplinarrechtlich belangt für eine Dienstpflichtverletzung, die der Beamte während eines früheren Dienstverhältnisses bei einem anderen Dienstherrn (etwa als Berufssoldat des Bundes) begangen hat (Fall des Abs. 1 Nr. 2) – beispielsweise, weil erst jetzt offenbar wird, dass der Betroffene in seiner Zeit als Berufssoldat des Bundes einen Arbeitszeitbetrug begangen hat. Oder es wird jetzt offenbar, dass der derzeitige baden-württembergische Landesbeamte nach der Beendigung seines früheren Dienstverhältnisses als Berufssoldat des Bundes fortwirkende Verschwiegenheitspflichten aus diesem Soldatenverhältnis verletzt hat (Fall des Abs. 1 Nr. 3). In diesen Fällen übt grundsätzlich der gegenwärtige Dienstherr (im Beispiel also: das Land Baden-Württemberg) die Disziplinargewalt aus. Dies lässt sich nur dadurch erklären, dass frühere und spätere Dienstverhältnisse eines Beamten rechtlich als Einheit gelten. Dies wiederum geht zurück auf die (materiell-rechtliche) Figur der „Einheit des Dienstvergehens“. Danach gilt: Liegen mehrere (möglicherweise auch zeitlich weit auseinanderliegende) Pflichtverletzungen vor, so bilden diese jedenfalls dann ein einheitliches Dienstvergehen, wenn und soweit zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht, etwa eine dem Beamten eigene Fehleinstellung zu bestimmten Beamtenpflichten.7 Für ein einheitliches Dienstvergehen ist grundsätzlich in einem einheitlichen Disziplinarverfahren eine einheitliche Disziplinarmaßnahme festzusetzen. Dieser Grundsatz kann (mittelbar) auch dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG entnommen werden, wonach der Beamte „ein“ Dienstvergehen begeht, wenn er „die ihm obliegenden Pflichten“ verletzt. Für die hier interessierenden Konstellationen bedeutet all das: Ein Dienstvergehen kann (und muss grundsätzlich) auch dann geahndet werden, wenn inzwischen ein Wechsel des Dienstherrn (oder des Dienstverhältnisses) eingetreten ist oder der Beamte in den Ruhestand getreten ist oder das Dienstverhältnis auf andere Weise beendet wurde. Hierbei ergibt sich aber folgende wichtige Einschränkung, auf die die LDG-Gesetzesbegründung8 ausdrücklich hinweist: „Aus der Einheit des Dienstvergehens ergibt sich andererseits, dass solche Vergehen nur insoweit verfolgt werden können, als auch bei dem anderen Dienstherrn oder in dem anderen Dienstverhältnis eine entsprechende Dienstpflicht verletzt wurde, und dass deswegen ein Verfahren durch baden-württembergische Behörden unzulässig ist, wenn z. B. nach dem Disziplinargesetz des anderen Gesetzgebers Verjährung eingetreten ist.“ Insbesondere gilt demnach also: Es muss in den Fällen des Abs. 1 Nrn. 2 und 3 nicht nur geprüft werden, ob nach dem baden-württembergischen LDG inzwischen ein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs eingetreten ist (§ 35) sondern auch ob nach dem zum Zeitpunkt des Dienstvergehens (bei dem anderen Dienstherrn) einschlägigen Disziplinarrecht ein solches Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs eingetreten ist.

3Abs. 2: Nach Abs. 2 finden die Vorschriften des LDG, die grds. nur von „Beamten“ sprechen, gleichermaßen auch auf Ruhestandsbeamte Anwendung – es sei denn, das LDG bestimmt selbst, dass eine Vorschrift nur für (aktive) Beamte gelten soll. Letztlich geht es nur um eine Straffung und Verständlichkeit des Gesetzestextes, weil auf diese Weise ein häufiges Nebeneinander der Begriffe „Beamter“ und „Ruhestandsbeamter“ vermieden werden kann.9 Ein Anwendungsbeispiel hierfür ist etwa § 25 Abs. 1 und 2: Nach § 25 Abs. 1 sind gegen „Beamte“ die Disziplinarmaßnahmen Verweis, Geldbuße, Kürzung der Bezüge, Zurückstufung und Entfernung aus dem Beamtenverhältnis möglich. Nach § 25 Abs. 2 sind gegen „Ruhestandsbeamte“ nur Kürzung des Ruhegehalts und Aberkennung des Ruhegehalts mögliche Disziplinarmaßnahmen. Eine weitere Vorschrift, die für Ruhestandsbeamte „etwas anderes bestimmt“, ist § 6 (Definition der zuständigen Disziplinarbehörde für Ruhestandsbeamte).

Disziplinarrecht Baden-Württemberg

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