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Das materielle Disziplinarrecht 1.Der Zweck des Disziplinarverfahrens und die verfassungsrechtlichen Vorgaben

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1Das Disziplinarrecht verfolgt keinen Strafzweck. Sein Anliegen ist vielmehr, die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Aufrechterhaltung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsbeamtentums.1 Im Vordergrund des Disziplinarrechts steht der spezialpräventive Aspekt der Pflichtenmahnung, also auf den betroffenen Beamten mit dem Ziel einzuwirken, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten. Hinzu kommt der generalpräventive Aspekt, die Vertrauenswürdigkeit des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen.2 Bei der Ahndung von Dienstvergehen eines Ruhestandsbeamten entfällt der spezialpräventive Zweck der Pflichtenmahnung und es geht nur noch um die generalpräventive Wirkung auf aktive Beamten. Der Zweck des Disziplinarrechts, die Integrität der aktiven Beamten, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Berufsbeamtentum und die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern, tritt in den Vordergrund und ist für die Festlegung der erforderlichen (milderen) Disziplinarmaßnahme maßgebend.3

2Disziplinarmaßnahmen setzen eine persönliche Schuld voraus und müssen daher unabhängig von den Auswirkungen des Dienstvergehens der persönlichen Schuld des Beamten angemessen sein. Daneben ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Unschuldsvermutung und das Prinzip des fairen Verfahrens zu beachten. Das Schuldprinzip bedeutet, dass die disziplinarrechtliche Sanktion für ein bestimmtes Verhalten in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und dem Maß der persönlichen Schuld des Beamten stehen muss. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert eine möglichst frühe Erinnerung des Beamten an seine Dienstpflichten und ihre Erfüllung. Er kann daher verletzt sein, wenn das Disziplinarverfahren nicht unverzüglich eingeleitet wird oder eine unverhältnismäßig lange Zeit andauert.4 Die Unschuldsvermutung bedeutet, dass eine Disziplinarmaßnahme nur ausgesprochen werden darf, wenn das Dienstvergehen zur Gewissheit der Disziplinarbehörde feststeht und vernünftige Zweifel am Tatgeschehen und der Schuld des Beamten nicht mehr bestehen.5 Der Grundsatz des fairen Disziplinarverfahrens verlangt zum einen alle verwertbaren Beweismittel auszuschöpfen und in die Beweiswürdigung einzubringen und begründet zum anderen das Recht des Beamten auf Beweisteilhabe im Disziplinarverfahren.6 Dieses Recht wird durch die Befugnis des Beamten gesichert, an der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie an der Einnahme eines Augenscheins teilzunehmen und sachdienliche Fragen zu stellen, § 16 Abs. 2 LDG.

Disziplinarrecht Baden-Württemberg

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