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2. Das Recht der Sicherungsverwahrung (SV)

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Die Sicherungsverwahrung ist das schärfste und zugleich rechtlich umstrittenste Instrument gegen Straffällige, die als gefährlich gelten. Der Staat nimmt sich zum Schutz der Bevölkerung das Recht, einzelne Straftäter unter bestimmten Voraussetzungen auch noch nach Verbüßung ihrer regulären Strafe unter haftähnlichen Bedingungen einzusperren. Das Recht der Sicherungsverwahrung, das im letzten Jahrzehnt von immer weiteren Verschärfungen und einzelfallbezogenen, hektischen Änderungen gekennzeichnet war[5], ist zum 01.01.2011 grundlegend reformiert worden[6]. Handlungsbedarf war durch ein Urteil der EGMR vom 17.12.2009 entstanden, wonach unter den Bedingungen der Vollzugswirklichkeit in Deutschland die Maßregel der SV eine Strafe i.S.d. MRK darstelle, deren nachträgliche Verlängerung gegen das Recht auf Freiheit (Art. 5 MRK) und gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 7 MRK) verstoße[7].

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Um den Bedenken des EGMR Rechnung zu tragen, ist durch die Gesetzesnovelle v. 22.10.2010 die Sicherungsverwahrung auf Gewalt- und Sexualdelikte konzentriert worden. Während die Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung vorzubehalten, ausgebaut wurde, wurde das Instrument der nachträglichen Sicherungsverwahrung weitgehend abgeschafft. Psychisch gestörte Gewalttäter, von denen auch nach der Strafverbüßung Gefahren drohen, können künftig nach dem neuen Therapieunterbringungsgesetz (ThUG)[8] in geeigneten Einrichtungen untergebracht werden. Zugleich wurde die Führungsaufsicht erweitert. Insbesondere wurde eine elektronische Aufenthaltsüberwachung (elektronische Fußfessel) eingeführt, mit der zum Beispiel die Einhaltung von Weisungen, bestimmte Orte zu meiden, kontrolliert werden kann. Die Führungsaufsicht kann öfter als bisher unbefristet verlängert werden. Es gilt die Übergangsregelung des Art. 316e Abs. 1 EGStGB[9].

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Das BVerfG hat mit Urteil vom 04.05.2011[10] alle Vorschriften des StGB und des JGG über die Anordnung und Dauer der SV für verfassungswidrig erklärt und bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 31.05.2013, für die weitere Anwendbarkeit der für verfassungswidrig erklärten Vorschriften eine äußerst restriktive Übergangsregelung getroffen[11].

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Mittlerweile liegt der Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung“ vom 30.03.2012[12] vor, das, sofern es die parlamentarischen Hürden nimmt, am 01.06.2013 in Kraft treten soll.

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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