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3. Keine unbedingte Unverwertbarkeit bei fehlender qualifizierter Belehrung

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Der unbelehrt einvernommene Beschuldigte ist nunmehr zu Beginn der Folgevernehmung zusammen mit der Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO darauf hinzuweisen, dass wegen der bis dahin unterbliebenen Belehrung die zuvor gemachten Angaben unverwertbar seien (sog. qualifizierte Belehrung)[25]. Da der Verstoß gegen die Pflicht zur qualifizierten Belehrung aber nach Auffassung des BGH nicht dasselbe Gewicht hat wie der Verstoß gegen die Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO, ist in einem solchen Fall die Verwertbarkeit der weiteren Aussagen nach erfolgter Beschuldigtenbelehrung durch Abwägung im Einzelfall zu ermitteln[26].

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Es bedarf keiner Hervorhebung, dass sich mit dieser Rechtsprechung ein dramatischer Rückschritt vollzieht. Mit seiner über alle Strafsenate hinweg abgestimmten Grundsatzentscheidung vom 27.02.1992[27], ein Verwertungsverbot für Belehrungsfehler unabhängig von der Schwere des Vorwurfs und losgelöst davon anzuerkennen, ob es sich um eine bewusste Belehrungsfinte oder ein bloßes Versehen des Beamten gehandelt hat, hatte der 5. Strafsenat in verdienstvoller Weise erstmals eine konsistente Lösung gefunden, die Rechtssicherheit bot und den Rechtsanwender von schwierigen, oftmals willkürlich anmutenden Abwägungen zum „Unrechtsbewusstsein“ des jeweiligen Beamten befreite. Es ist in keiner Weise einleuchtend, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur „qualifizierten“ Belehrung anders zu behandeln ist als sonstige ganz „normale“ Belehrungsmangelfälle[28].

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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