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CHARLOTTE

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Charlotte ist glücklich. Sie hat eine Frau kennengelernt, die sich schon jetzt wie ihre beste Freundin anfühlt. Heute Abend wollen sie sich zum ersten Mal treffen und ausgiebig plaudern, das hat sie schon ewig nicht mehr erlebt. Eigentlich noch nie, denkt sie, während sie sich zum Ausgehen zurechtmacht. Sie hatte sich immer nach einer Freundin gesehnt, doch ihre depressive Mutter konnte keine anderen Kinder in ihrer Nähe ertragen. In ihrer Kindheit war Charlotte wegen der Krankheit ihrer Mutter oft alleine, und sie ist es noch heute. Sie hat sich daran gewöhnt, doch die Sehnsucht nach einer Vertrauten ist nicht verschwunden.

Wenn Silvia nur nicht absagt, denkt sie, das wäre typisch. Schon oft sind ihre Freundschaften auf unerklärliche Weise zum Erliegen gekommen, noch bevor sie überhaupt angefangen haben. Während sie sich schminkt, wird ihre Laune immer schlechter. Hoffentlich haben wir uns überhaupt etwas zu sagen, überlegt sie. Bestimmt will Silvia nichts von ihrem ziemlich langweiligen Alltag im Büro hören. Mit spannenden Männergeschichten kann sie nicht aufwarten, für Mode interessiert sie sich nicht besonders und eigentlich mag sie auch nicht den Wein trinken, zu dem sie sich verabredet haben. Pfefferminztee wäre ihr lieber. Es konnte nämlich sein, dass sie noch Auto fahren muss – falls ihre Mutter anruft und um Hilfe bittet. Vielleicht sollte sie Silvia besser gleich absagen, denkt sie, während sie den neuen Lippenstift aufdreht, den sie sich extra für das Treffen gekauft hat. Dann könnte sie gleich zu ihrer Mutter fahren, wenn sie sie braucht. Wer ist sie überhaupt, dass sie Spaß hat, während es ihrer Mutter so schlecht geht?

Schluss jetzt, weist sie sich zurecht, du wirst deiner Mutter nicht erlauben, dir den Abend zu verderben, ohne dass sie überhaupt im Raum ist.

Doch ihre Freude ist bereits verflogen. Sie schaut in den Spiegel und findet sich viel zu angemalt, total überzogen. Sei nicht immer so laut, schallt es in ihren Ohren, so wie sie es in ihrer Kindheit zigmal gehört hat. Und dazu gehört auch die »Lautstärke« ihrer Erscheinung.

Charlotte ist zum Glück nicht dumm. Trotz ihrer Gedanken und Gefühle geht sie aus dem Haus und verbringt einen schönen Abend mit Silvia. Sie erlaubt es sich, Tee zu trinken, obwohl Silvia sie deswegen aufzieht, und sie lachen viel. Dennoch bleiben ihre Gespräche seltsam leer, so, als wäre Charlotte nicht wirklich anwesend. Silvia wird sich nicht wieder melden, denkt Charlotte auf dem Heimweg, und leider hat sie recht. Auch diese Freundschaft verläuft im Sande, wie so viele davor.

Am besten bleibt sie ganz alleine, denkt sie eines Abends. Doch dann sollte sie sich zumindest eine Katze anschaffen – nein, das geht nicht, die Mutter ist allergisch gegen Katzen …

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Heile die Wunden deiner Kindheit

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