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Wolfsmoor, Teil 1 „Leefke“ 1. Tabea, Tamme und Elfriede
Оглавление....I am me,
I am who I`m meant to be
I am my past; my present
and who I want to be
I am not anyone, I am all three.
I am a work in progress, a destiny.
I am who I choose to be,
I am me…...
unknown
Fröstelnd klappte Tabea Luise Hinrichsen den Mantelkragen hoch und schüttelte sich leicht. Dieser Novemberabend war hier im Moor typisch mit seinem Nebel und seiner Luftfeuchtigkeit und doch bildete sie sich ein, sie könne durch ein Schütteln den dichten Nebel daran hindern, sie zu umkreisen und immer enger einzuschließen. Sie fühlte den Autoschlüssel in ihrer Manteltasche, umklammerte ihn, als ob er sie vor dem Nebel beschützen könnte.
„Nur noch ein paar Meter bis zum Auto“, murmelte sie vor sich hin.
Mittlerweile war der Nebel so dicht, dass sie ihre Schuhe nicht mehr sehen konnte. Sie spürte, wie der feuchte Nebel ihr langsam die Hosenbeine von innen hinauf kroch. Mit ihm kroch noch etwas Anderes die Hosenbeine hoch, eine unerklärliche Angst.
„Stell dich nicht so blöd an“, fauchte sie sich selbst an, „du bist schließlich eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht“.
Am Auto angekommen stellte sie fest, dass der Nebel nicht nur Angst mit sich trug, sondern auch eine ungewöhnliche Kälte. Nicht die Art von Kälte, die einen eisigen Wintertag begleitete. Nein, eine Kälte, die sich wie eine Hülle um einen legte und einen nicht mehr losließ, immer enger werdend und die Angst, die sich innen aufbaute, immer größer werden ließ. Sie zitterte und versuchte sich selbst zu beruhige. Für einen kurzen Moment gelang es ihr auch.
„Wo kommt nur diese Kälte her?“, murmelte sie, während sie anfing die Autoscheiben von außen schnell mit einem Taschentuch abzuwischen. „Bloß weg hier!“, dachte sie laut, während sie zitternd weiter wischte, obwohl das Taschentuch keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen konnte.
Die Angst und die Kälte waren mittlerweile auch an ihren Zähnen angekommen. Sie fühlte sich, als läge sie in einer Badewanne, die sich langsam mit Eiswasser füllte. Das Zittern wich Sekunde um Sekunde, dafür machte sich eine Steifheit im Körper breit, die sich auch nicht besser anfühlte. Dass sie allein auf dem Parkplatz war, trug auch nicht dazu bei, ihre Stimmung zu verbessern.
Sie versuchte so schnell wie möglich zur Fahrertür zu gelangen, raus aus dieser Suppe von Feuchtigkeit, Kälte und Angst. Als sie die Tür öffnete, spürte sie wie eine Woge von Eiseskälte langsam ihren Hinterkopf berührte und sie vor Angst aufschreien ließ.
Tabea schnellte herum und schrie. Ein paar Meter von ihr entfernt meinte sie eine Gestalt stehen zu sehen, hünenhaft, Kälte in Wellen ausstoßend, glühende Augen auf sie gerichtet, orange leuchtend durch den Nebel. Sie schrie und schrie, während sie ins Auto sprang, sofort alle Türen verriegelte, in der Hoffnung, dass sie die orange glühende Fixierung auf sie dadurch irgendwie abhalten könnte. Krampfhaft versuchte sie den Schlüssel ins Schloss zu stecken, während ihr die Angst langsam die Tränen in die Augen trieb.
„Reiß dich zusammen Tabea, das sind Stresssymptome!“, schrie sie sich an, „dein Job hat dich aufgefressen, jawohl, burn-out, das wird es sein“, versuchte sie sich zu beruhigen, während es ihr - nach mehreren krachenden Fehlversuchen – gelang, einen Gang zu finden. Der Wagen schoss nach vorne auf die Randsteine des Parkplatzes, wo die Stoßstange sofort laut knirschend nachgab.
„Hysterische Ziege!“, schalt sie sich. „Reiß dich zusammen, du bist schließlich bei der Polizei“, seufzte sie, immer noch hoffend, dass die orangen Augen nicht mehr dort waren.
Als es ihr schließlich gelang den Rückwärtsgang zu finden und das Auto ohne Stoßstange nach hinten schoss, blickte sie noch einmal zur Seite. Nichts, absolut nichts. Der Nebel war verschwunden, mit ihm Feuchtigkeit, Kälte und Angst. Keine orangen Augen, die sie anstarrte. Was blieb, war ein tränenüberströmtes Gesicht. Eine Frau, die sich immer eingeredet hatte, nichts könne sie umhauen. Im Inneren dieser Frau eine Portion Grünkohl mit Pinkel und Kasseler, die sich vor lauter Aufregung nun ihren Weg nach draußen bahnten. Nachdem sie sich auf dem Parkplatz übergeben hatte, schloss sie die Autotüren, startete ihr Auto neu und fuhr beschämt nach Hause.
„Erst `n Grog und dann ins Bett“, versuchte sie sich selbst zu beruhigen, als sie den Wagen hektisch nach Hause lenkte, immer noch aufgewühlt, magentechnisch und seelisch.
Was sie nicht mehr sah, waren weit hinter ihr orange Augen, funkelnd wie glühende Kohlen, die ihr hinterher starrten, wissend, man kann ihnen nicht entkommen.
... und führe uns in die Finsternis.…
Tamme Franzen, Ostfriese durch und durch, genoss sein Lauftraining auf einsamen, aber bekannten Wegen durchs Moor. Es war ein schöner Novembermorgen, wahrscheinlich einer der letzten seiner Art in diesem Jahr. Er genoss den Anblick der wunderschönen gelb blitzenden Birkenblätter, die sich dicht an dicht in den hohen Gipfeln im Glanz der Sonne zu aalen schienen. Weißer Stamm neben weißem Stamm, goldene Krone neben goldener Krone. Trügerische Energie, die nicht von Wachstum zeugte, sondern vom Übergang aus der Meditation in das Sterben. Tammes oftmals rotes Gesicht schien sich als Folge der Anstrengung noch eine Nuance tiefer eingefärbt zu haben, der Schweiß lief ihm in Rinnsalen vom Kopf über den Körper. Er spürte, dass der gelegentliche Klare seinen Tribut forderte und doch wollte er nicht darauf verzichten. Warum auch, half er ihm doch die langen, einsamen Abende freundlicher zu gestalten, die innen wohnende Kälte durch Wärme zu ersetzen, was ihm mit seiner Frau Elfriede nicht gelang. Wohl war sie auch eher der Auslöser für Unpässlichkeiten seiner Seele. Putzteufel, Klatschweib, sie war wirklich der Inbegriff dessen, was er vor Jahren nicht geheiratet hatte. Ihre Ehe blieb kinderlos, einer der Gründe ihrer Wandlung. Er blieb trotzdem bei ihr, in Ostfriesland trennt man sich nicht so leicht und als Leiter des hiesigen Ordnungsamtes stellte er ja auch etwas dar. Wenn es zu schlimm wurde, ging er laufen, so wie heute Morgen. Dann konnte sie ihre hormonellen Schwankungen erst mal mit Feudel und Glasreiniger ausbalancieren. In letzter Zeit ertappte er sich immer wieder dabei, dass sein Blick den seiner Kollegin Frieda Brettschneider – Ordnungswidrigkeiten – suchte. Ein beachtliches Frauenzimmer fand er. Hellrote Haare, Sommersprossen, Rundungen da, wo Frauen in seinen Augen rund sein sollten. Rosige Haut … er stellte sie sich vor, wie sie sich ihm entgegen reckte und ließ seiner Fantasie freien Lauf. In Glücksgefühlen schwelgend übersah er galant die weißen Stoppeln, die eifrig in alle Richtungen auf ihrem Kinn sprossen und die tiefen Falten unter ihren Mundwinkeln, Zeugnis von Einsamkeit und Bitterkeit. In seiner Fantasie war sie in der Lage ihn in andere Welten zu entführen und das war in seinen Augen alles, was zählte.
Vertieft in Gedanken um und in Frieda Brettschneider, bemerkte er nicht den Nebel, der von hinten aufzuziehen schien, undurchsichtig, sich immer höher aufbauend zu einer Wand, verteilend nach rechts und links. Kälte holte ihn zurück in die Realität und überrascht stellte er fest, dass er plötzlich von Nebel umzingelt war. Noch ungefähr zwei Kilometer, dann könnte er schon sein Haus sehen und wahrscheinlich auch bald seine Frau meckern hören, dass der Nebel mit seiner Feuchtigkeit ihre Arbeit an den Fenstern sabotiere. Tiefes Unwohlsein beschlich ihn, dieser Nebel war anders. Er war mit Nebel aufgewachsen, hier im Moor, Nebel hatte für ihn nichts Beunruhigendes. Doch dieser Nebel hatte nichts mit dem gemeinsam, den er kannte. Er meinte eine gewisse Boshaftigkeit zu spüren und je größer seine Angst wurde, desto größer wurde die Gewissheit, dass in diesem Nebel das Böse lauerte. Frieda hatte er ad acta gelegt, sie gehörte nicht in diese Welt.
Die Angst peitschte ihn vorwärts und Tamme meinte zu spüren, dass es dem Nebel ein sichtliches Vergnügen bereitete, ihn zu jagen. Er stolperte vorwärts, keuchend, vor Angst schneeweiß, nicht mehr wissend, wohin er rannte. Er hörte ein Schmatzen und Grunzen, die Geräusche des Moores, sicher war er sich jedoch nicht. Eine Stimme im Inneren sagte ihm, dass er nicht mehr nach Hause lief, sondern mittlerweile um sein Leben. Er begann zu weinen, um sich selbst, um seine verpatzte Ehe mit Elfriede und all die Chancen, die Frieda und er niemals haben würden. Schluchzen und tief verängstigtes Schreien setzte ein, als er von hinten heißen Dampf spürte, der ihm die Haut zu versengen schien. Krallen bearbeiteten seinen Rücken, Schmerz breitete sich aus. Warmes Blut lief ihm die Beine herunter, während er immer noch versuchte, sein Haus zu erreichen. Rot färbte seinen Verstand, roter Nebel ließ seine Sinne schwinden, als sich lange, gelbe Zähne in seinen Hals bohrten. Sein letztes Wort galt Frieda, während sich Zähne tiefer und tiefer in sein Fleisch bohrten, zermalmend, zerfetzend und einen blutigen Rest hinterließen, den niemand als Tamme wiedererkennen würde.
....Tage mit Trauerrand....
Elfriede bemerkte den Nebel, der sich hinten am Waldrand bewegte. Seit einer Stunde war ihr Mann „überfällig“, hätte schon da sein müssen. Tamme war stets pünktlich zurück, sie konnte die Uhr danach stellen. Er lief immer seine Lieblingsstrecke und das schon seit Jahren. Noch nie war es vorgekommen, dass er mehr als 15 min zu spät war. Wieder blickte sie zum Waldrand, dorthin, wo er gewöhnlich den Wald verließ. Der Nebel schien wie eine Wand vor den Bäumen zu stehen. Unbehagen beschlich sie. Angst überkam sie, als sie orange Lichter im Nebel tanzen sah, zwei an der Zahl. Tanzende Irrlichter, wie glühende Kohlen. Plötzlich bewegten die Lichter sich nicht mehr, schienen still zu stehen. Ein unheimliches Gefühl beschlich sie.
„Mein Gott, das sind ja Augen!“, schoss es über ihre Lippen. Augen wie glühende Kohlen und was viel schlimmer war, diese Augen schienen sie anzustarren, obwohl sie mehrere hundert Meter weit weg waren.
Sie lief zum Telefon um ihre Nachbarn nach Tamme zu befragen. Als sie sich wieder umdrehte, war der Nebel verschwunden. Mit ihm tanzende Irrlichter und die Gewissheit, dass sie ihren Mann niemals lebend wiedersehen würde, blieb ihr. Noch etwas blieb zurück, die Erkenntnis, dass dort im Moor etwas gelauert und sie beobachtet hatte.
Sie wählte die Telefonnummer ihrer rechten Nachbarn, Enno Ricklefs und Frau Rieke. Enno hatte Tamme wohl loslaufen sehen, aber danach nicht wieder. Rieke war nicht da, sondern zu ihren Enkelkindern nach Aurich gefahren. Sie versuchte es noch bei zwei weiteren Nachbarn, erfolglos. Dann fiel ihr Tabea ein, die Frau Oberkommissarin, die vor Jahren die alte Hauptschule gekauft hatte, und jetzt dort am Waldrand, am Übergang zum Moor, wohnte. Sie ließ mehrfach durchklingeln, bei Tabea schien niemand da zu sein.
Mittlerweile war Tamme seit 2 Stunden über die Zeit und sie beschloss sich mit dem Dorfpolizisten im Nachbardorf Strackholt in Verbindung zu setzen. Dort lief nur das Band, das auf das Wochenende verwies und auf die Telefonnummer der Auricher Polizei, die am Wochenende zuständig sei. Sie rief dort an und musste sich mit Ewald Hayen auseinandersetzen. Der ließ sie ziemlich direkt wissen, dass er etwas Besseres zu tun hätte, als sich um einen Mann zu kümmern, der seit 2 Stunden vermisst wird. Sie solle sich man beruhigen, wahrscheinlich sei ihr Mann nur mit Kumpels in einem der umliegenden Dorfkrüge eingekehrt und würde sich bald melden. Die ersten 24 Stunden würde die Polizei sowieso nichts unternehmen, sie könne ja Montagmorgen noch einmal anrufen. Elfriede legte auf, weinend, nicht wissend, an wen sie sich wenden sollte.
Sie weinte vor sich hin, Tamme war jetzt seit 5 Stunden vermisst. Sorgenvoll schaute sie zum Waldrand, wo die Abenddämmerung einsetzte und der Nebel langsam über das Moor Richtung Siedlung kroch. Tabeas Haus war schon nicht mehr zu sehen, aber Elfriede glaubte die Irrlichter in Tabeas Garten zu erkennen. Angst überkam sie und sie riss ihre Jacke vom Haken, schnappte sich den Autoschlüssel und tobte aus dem Haus.
„Bloß weg hier", murmelte sie. Die hünenhafte Gestalt neben ihrer Buchsbaumhecke nahm sie nicht mehr wahr, als sie die Auffahrt hochpreschte.
......I did it my way....
Sonntag hatte Tabea im Bett verbracht, gepeinigt von Angst und Depressionen. Die Gestalt von gestern Abend ging ihr nicht aus dem Sinn. Sie war sich überhaupt nicht mehr sicher, was noch real gewesen war an diesem Abend. Nun ja, ihr Auto zumindest hatte real gelitten, die Spuren ihrer Autofahrt waren nicht zu übersehen. Die Gestalt fiel ihr immer wieder ein, groß, glühende Augen. Wahrscheinlich hatte sich der Klare, den sie zum Grünkohl getrunken hatte, nicht mit den Medikamenten verstanden, die sie gelegentlich einnahm. Sie hatte einfach überreagiert, obwohl der Nebel ihr immer noch Angst machte. Vielleicht, vielleicht, vielleicht, ein unangenehmes Gefühl blieb.
Seit einem halben Jahr war sie jetzt krankgeschrieben, Diagnose burn-out. Jahrelang hatte sie Missbrauchsfälle bearbeitet, hatte sich immer geschützt und doch fingen eines Tages die Kinder an durch ihr Schlafzimmer zu laufen. Da wusste sie, dass es Zeit war auszusteigen, zumindest für eine Weile. Es folgten Depressionen, gnadenlose Abstürze, während denen sie bewegungsunfähig über Tage in einem Sessel saß und nach draußen starrte, alles sah und doch nichts mitbekam. Ihre Freundin hatte den kolossalen Absturz bemerkt und sie zum Arzt geschleift. Es folgten stationäre Unterbringung und später ambulante Weiterbehandlung und bis gestern Abend hatte sie geglaubt, dass alles wieder besser wurde. Heute war sie sich nicht mehr sicher.
Tabea stand auf und zog sich dicke Stricksocken über, schlüpfte in ihre braune Jogginghose, in ihre dunkelbraune Lieblingsstrickjacke, bändigte ihre Haare durch ein Zopfband und schlich in die Küche. Es war kurz nach 17.00 Uhr, draußen war es schummrig und auch schon wieder nebelig. Sie sah kurz aufs Telefon und bemerkte einen Anruf in Abwesenheit…die Nummer sagte ihr nichts, sie rief trotzdem zurück, um gleich darauf festzustellen, dass es der Anrufbeantworter von Elfriede und Tamme war, der sich zu erkennen gab. Beide versprachen sich bei Anwesenheit sofort zu melden und so teilte Tabea kurz mit, dass sie die Nummer auf dem Display gesehen habe und sich daraufhin jetzt melde. Nach dem Ende der Nachricht bedankte sich die Maschine artig und Tabea legte den Hörer zurück auf die Station. Sie schaute nach draußen in Richtung Tammes und Elfriedes Haus und schlagartig war sie ganz klar.
Routiniert griff sie sich an den Hosenbund um zu bemerken, dass sie im Haus ihre Waffe nicht trug. Tanzende Irrlichter sah sie an der schönen Buchsbaumhecke ihrer Nachbarn, 2 Stück... glühend, flackernd, glitzernd. Die Hecke war nur ansatzweise zu erkennen. Eingehüllt in dichten Nebel schienen die Lichter sich jetzt weniger zu bewegen und irgendwann waren sie verschwunden. In Windeseile ließ sie die Jalousien runter und holte ihre Waffe aus dem Waffenschrank, wissend, im Ernstfall würde sie nicht helfen. Das Wetter schien sich draußen dramatisch zu verschlechtern, der Wind heulte ums Haus, spielte mit den Jalousien, sang in den Baumwipfeln der uralten Bäume. Die Waffe im Anschlag lag sie bewegungsunfähig auf ihrem Bett, wartete bis zum Morgengrauen, bis die erste Helligkeit sich durch die Löcher der Jalousien schlich. Kaum ausgeschlafen schlurfte sie in die Küche, kochte Tee und stellte fest, draußen war Novemberwetter. Regen, Wind und keine Sonne. Nach diversen Tassen Tee und einer Scheibe Graubrot mit Leberwurst kehrten ihre Lebensgeister zurück und sie beschloss ihre Kollegen anzurufen. Vielleicht war sie ja nicht die einzige Person, die tanzende Irrlichter und Angst einflößende Nebelbänke wahrnahm.
Sie klingelte direkt bei Ihren Kollegen im Dienstzimmer durch und ihr jahrelanger Kollege und guter Freund Ewald Hayen meldete sich übermüdet, es war nicht zu überhören.
„Moin, Ewald, Tabbi hier. Du klingst, als hättest du Wochenenddienst gehabt. Bist noch ansprechbar oder soll ich später anrufen, wenn die Ablösung durch ist?“
„Nee, lott man, wat häst denn?“
„Sag mal, sind in den letzten Tagen merkwürdige Meldungen aus dem Gebiet Vossbarg/Strackholt eingegangen?“ fragte Tabea.
„Was heißt merkwürdig? Eine Frau vermisst ihren Mann seit gestern Mittag, ist vom Joggen nicht nach Haus gekommen. Der Adresse nach müsste sie fast Deine Nachbarin sein“, erklärte Ewald.
„Elfriede Franzen?“, hakte Tabea nach.
„Ja, der Mann ist seit gestern Mittag verschollen. Die Frau hat wohl Nachbarn befragt und heute Morgen bei der Stadtverwaltung angerufen und nachgefragt, ob er zum Dienst erschienen sei. Ist er nicht, und dann hat sie uns heute Morgen um Hilfe gebeten. Sie ist mit den Nerven runter und z.Zt. bei der Familie ihres Bruders.“
„Du kennst Elfriede und Tamme auch. Sie waren oft bei meinen Seeparties dabei. Werdet ihr was einleiten?“, fragte Tabea nach.
„Wir warten, bis das Team vollständig ist. Die Kreisjägerschaft hat mit ihren Hunden auch Hilfe angeboten. Wir werden das Moor durchkämmen, keiner weiß so genau, welche Strecke der Mann gelaufen ist.“
„Doch, ich kenne sie!“, entgegnete Tabea, „ich bin des Öfteren mitgelaufen. Wir müssen hier bei mir in den Wald rein und dann ins Moor. Ich gehe duschen und dann meldet euch doch eben, wenn ihr losfahrt.“
„Machen wir, bis später!“
Tabea schaute nach draußen. Es regnete und der Himmel war durch und durch grau.
„Wo steckt Tamme bloß?“, fragte sie sich.
Dann fiel ihr wieder die hünenhafte Gestalt ein und sie schüttelte sich. Sie versuchte, das Unwohlsein wegzuduschen, was aber nicht gelang. Sie schätzte, dass ihre Kollegen in ca. einer Stunde eintreffen sollten, so wie die Jäger und ihre Hunde.
Tabea nutzte die noch verbleibende Zeit und rief bei Elfriedes Bruder Thede Mensen an. Seine Frau Okka nahm den Hörer ab und erzählte Tabea, dass Elfriede gerade schliefe, sie sei vom Arzt ruhig gestellt worden und im Moment nicht ansprechbar. Tabea erklärte, dass in ca. einer Stunde ein Suchtrupp vom Wald aus ins Moor starten werde und sie sich später melden würden.
Sie legte auf und schaute noch mal Richtung Moor. Regen, Nebel, zu erkennen war durch die diesige Suppe nicht viel.
„Was versteckst du?“, murmelte sie Richtung Moor und ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie die Antwort nicht hören wollte.