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4. Femke und Wilke Renken

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.....die Saat des Hasses keimt weiter....

Aus der Ferne hatte Bente Klaas Ricklefs das Geschehen beobachtet. Zu spät bemerkte er, was sie vorhatte, konnte sie nicht aufhalten. Er wusste, sie war nicht in der Lage Frauen zu töten, sie konnte den Frauen und Kindern aber einen gehörigen Schrecken einjagen. Töten konnte sie nur Männer und solange er ihr die Zustimmung verweigerte, solange würde es keine toten Frauen und Kinder geben. Er spürte, dass sie in der Nähe war. Seine Sinne waren geschärft, sie hielt sich versteckt.

„Leefke, komm raus, ich weiß, dass du da bist!“, donnerte er in die Dunkelheit. Und dann trat sie aus der Dunkelheit auf ihn zu, schön wie früher. Nur die Warmherzigkeit, die sie einst ausgestrahlt hatte, war verschwunden.

„Bente, mein Liebster!“, schnurrte sie wie ein Kätzchen. „Im Sommer war die Zeit um, ich frage dich nochmal, wirst du mir helfen?“

„Nein!“, entgegnete er. „Ich werde alles tun, damit kein weiter Mensch zu Schaden kommt“.

Innerhalb einer Sekunde war von dem schnurrenden Kätzchen nichts mehr übrig und vor ihm stand die Schreckensgestalt, die schon Tabea das Grausen gelehrt hatte.

„Und nicht nur das!“, entgegnete er, „ich werde alles tun, damit du deine ewige Ruhe findest“.

Sie versuchte ihm die Krallen durchs Gesicht zu ziehen, aber er wich geschickt aus. Sie wusste, dass sie einen mehr als ebenbürtigen Gegner hatte, denn siw wusste, was er noch war. Der Umstand, dass sie ihm das Leben gerettet hatte, machte sie noch wütender. Aber sie wusste auch, im Moment konnte sie nichts ausrichten und so zog sie sich zurück. So schnell, wie sie gekommen war, so schnell war sie wieder verschwunden, nur ihr schauriges Lachen war noch zu hören.

…umstellen auf Krisenmodus .....

Und das hörte auch Femkes Mann Wilke, der gerade Tabeas Pferd auf den Hänger stellte. Selten hatte er ein so schauriges Lachen gehört. Es war ungefähr sechs Uhr und die Dunkelheit verhüllte fast alles. Als das Lachen ertönte, machte Wilke gerade die Klappe vom Hänger hoch und bemerkte, dass die Stute ihn mit weit geöffneten Nüstern und Augen anstarrte.

„Was ist hier bloß los!“, murmelte er vor sich hin.

Alles um Tabeas Haus herum erschien ihm auf einmal düster und leblos, als hätte jemand allem hier die Kraft entzogen und die Reste eingefroren. Jeder im Dorf liebte dieses Grundstück und Tabea hatte großzügig jedem gestattet, den Patt am Haus entlang vorbei an Wiesen und Wald zu benutzen. Im Sommer war der kleine See voll mit Eltern, die hier mit ihren Kindern nach der Arbeit schwimmen gingen und so manche Bratwurst und manches Glas Wein wurde hier brüderlich geteilt.

Die ganze fröhliche und freundliche Atmosphäre war verschwunden, stattdessen wohnte hier bizarre Kälte, die jedem Angst zu machen schien. Selbst die Hunde, eigentlich alles Draufgänger, waren gestern Morgen total eingeschüchtert gewesen. Das war der neueste Dorftratsch und der ging um wie ein Lauffeuer. Mittlerweile waren auf den umliegenden Höfen bereits die ersten Lichter angegangen und die Telefone standen nicht still. Tammes gewaltsamer Tod wurde wohl gerade sensationslüstern von Haus zu Haus weitergetragen.

Wilke beeilte sich, er wollte den Platz so schnell wie möglich verlassen. Er fuhr vor das Haus und betätigte die Hupe im Dauerton, um seiner Frau, die die Kleidung für ihre Freundin im Haus zusammensuchte, zu signalisieren, dass er abfahrbereit sei. Femke kam mit der Tasche aus dem Haus, schloss ab und Wilke meinte auf ihrem Gesicht einen gepeinigten Ausdruck zu vernehmen. Sie sprang ins Auto und schrie: „Los, weg hier, hier stimmt was nicht!“ Das ließ Wilke sich nicht zwei Mal sagen und die Stute auf dem Hänger bekam das auch gut zu spüren. Nach 5 Minuten Fahrt waren sie an der Halle angekommen und Femke stellte Tabeas Tasche direkt in ihren Mini. Sie gedachte, sie ihr nach dem Frühstück zu bringen.

Sie half ihrem Mann die Stute in die Box zu bringen, die schon von ihrem Mitarbeiter Wübbo Janssen vorbereitet worden war. Danach ging es zum Frühstück, das eigentlich niemandem schmeckte und völlig teilnahmslos schluckte jeder seinen Kaffee und seine Brötchen runter.

„Wilke, ist dir draußen bei Tabea etwas aufgefallen oder hast du etwas gesehen oder gehört, was irgendwie anders war?“, begann Femke vorsichtig das Gespräch.

„Was meinst du damit?“

„Na ja, war draußen alles in Ordnung?“

Wissend, dass er seiner Frau vertrauen kann, sprudelte es aus ihm heraus: „Mensch, Femke, was für `ne Scheiße geht denn hier ab? Die Stute war total unruhig, wurde immer bekloppter in der Birne und ich hatte Mühe sie auf den Hänger zu bekommen. Kaum hatte ich den Hänger dicht, schien es, als ob ich Riedgras rauschen höre, begleitet von einem schaurigen Lachen und manchmal schien der Wind den Namen Leefke in mein Ohr zu raunen, alles da hinten beim Stall war bitterkalt und ich hatte das Gefühl irgendwie tot. Ich hab nur noch das Geflügel versorgt und dann nichts wie weg mit der Stute.“

„Ich hörte Dich hupen, war gerade im Badezimmer dabei den Kulturbeutel zu packen und in der Reisetasche zu verstauen. Als ich mit dem Kopf hochkam, bemerkte ich den Geruch von verbranntem Fleisch und plötzlich fing der Spiegel im Badezimmer an zu beschlagen und jemand, den ich nicht sehen konnte, schrieb plötzlich auf den Spiegel: „Leefke ist hier und hat Geschenke dabei“,….dann hast du gehupt und ich bin nur noch raus.“

„Seit dem letzten Hochsommer stimmt hier was nicht mehr, ich weiß nicht was, aber denk mal an die ganzen toten Kühe von Tabeas Nachbarn im September, die morgens nicht zum Stall gekommen sind und die sie dann alle wie geschreddert hinten auf seiner Moorweide gefunden haben.“

„Aber das sollen doch die wildernden Hunde gewesen sein von diesem Typen am Dorfrand, die haben dann doch die Jäger auch beim Wildern erwischt und erschossen.“

„Und wenn nicht?“, fragte Wilke und bekam keine Antwort auf seine Frage.

„Ich muss mit Tabea reden. Die muss doch auch was Schreckliches erlebt haben, ihr Kollege sagte, sie sei am Telefon total durchgedreht.“

„Am besten, wir lassen im Moment die Pferde nur noch in der Halle laufen und die beiden Hunde kommen nicht mehr allein raus!“, gab Femkes Mann zu bedenken.

Sie nickte und fing an, den Tisch abzuräumen.

„Wir sehen uns heute Mittag, Femke, ich werde an allen Türen die Schlösser kontrollieren und die Pferde aus den Außenboxen packen wir nachts in die Halle und tagsüber können sie ja raus.“

Dann verschwand er um Wübbo zu suchen, der ihm bei seiner Aktion zur Hand gehen sollte.

Tabea öffnete die Augen und sah nur helles Licht und weiße, grelle Wände. Schwester Traudel krähte ihr ins Ohr: „Guten Morgen, Frau Hinrichsen! Schön, dass Sie wieder bei uns sind! Frühstück stell ich Ihnen auf den Wagen, sie wollen sich sicher erst frisch machen!“, dröhnte sie weiter mit schriller Stimme in Tabeas Richtung. Missmutig blinzelte Tabea in Richtung Schwester, froh, dass diese schon fast draußen war.

„Was ich wann will, bestimme ich immer noch selber“, brabbelte Tabea in Richtung Tür und schloss dabei wieder die Augen, um sich besser orientieren zu können und um die gestrigen Ereignisse nochmal zu überdenken. Mit Schrecken dachte sie an die Ereignisse in ihrer Küche, den Anruf in der Zentrale und ein Schaudern fuhr ihr durch den Körper. Die Frau war ihr ums Haus herum gefolgt und hatte Tammes Kopf gegen die Fensterscheibe des Schlafzimmers geschlagen. Sie erinnerte sich an Ewald, der sie beruhigte und an den Notarzt, der sie per Spritze in die Dunkelheit schoss.

....Entschlossenheit im Unglück....

In diesem Moment klopfte es und Femke schlüpfte durch die Tür. Sie lagen sich lange in den Armen, wie zwei Ertrinkende, jede ahnend, die Andere hatte nicht unbedingt gute Neuigkeiten zu erzählen.

„Ich bin gerade erst wach geworden, der Arzt hat mich bei der Dosierung der Spritze wohl mit einem Elefanten verwechselt!“, stöhnte Tabea. „Ich hab `nen tierischen Kater.“

„Geht es dir gut?“, wollte Femke wissen.

„Den Umständen entsprechend ja, außer meine Depris sorgen jetzt dafür, dass ich mir Leute und Handlungen einbilde. Sozusagen weiße Mäuse in Menschengestalt."

„Wieso?“, bohrte Femke weiter. „Was haben denn deine weißen Mäuse getan?“

„Weiß nicht mehr genau!“, versuchte Tabea auszuweichen. „Liegt alles wie von Nebel verhüllt“.

„Na, dann lass uns den Schleier mal lüften!“, konterte Femke und schenkte Tabea dabei einen Tee ein. „Wir haben heute Morgen dein Pferd geholt und eins kann ich dir sagen, da wirst du erst mal nicht mehr wohnen. Du kannst vorerst in unserer Einliegerwohnung schlafen. Ich war heute Morgen in deinem Haus und das, was ich da gesehen habe, das hat mir gereicht!“

„Drinnen im Haus?“, fragte Tabea. Femke erzählte von dem Badezimmerereignis und von Wilkes Eindruck hinten am Stall und sie erwähnte auch Tammes Tod. Während der Erzählung lief beiden unwillkürlich ein Schauer über den Rücken und erzeugte eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper.

„Ich habe die Frau gesehen, sie hat mit Tammes Kopf gegen die Scheibe geschlagen. Und du weißt, sowas kann es nicht geben. Vielleicht hat sich jemand einen Scherz mit mir erlaubt?“, versuchte Tabea sich zu beruhigen.

„Und Tamme? Der ist ja wirklich tot!“, konterte Femke. „Wir werden in Ruhe darüber sprechen, wenn wir zuhause sind. Der Doktor hat gesagt, ich kann dich mitnehmen, aber nur, wenn du willst.“

„Ich geh nach dem Tee duschen und dann lass uns gehen. Ich halt das hier sowieso nicht aus!“, erwiderte Tabea und lehnte sich Tee trinkend ins Kissen zurück.

„Seit dem Spätsommer hat sich etwas am Haus verändert, es ist oft ungewöhnlich kalt gewesen, viel mehr Nebel als in den letzten Jahren und es kommen kaum noch Rehe und Hirsche morgens und abends auf die Wiese. In den letzten Jahren hatte ich viele Wildschweine auf der Weide hinterm Haus, dieses Jahr noch nicht eins!“, meinte Tabea ohne Femke anzuschauen, als scheue sie eine Bestätigung.

„Schon komisch, vielleicht sind ja doch noch wildernde Hunde da oder die haben viel mehr gerissen, als wir bis jetzt glaubten.“

Beide schwiegen und Tabea trank ihren Tee aus.

„Ich geh mal duschen!“, murmelte sie und kramte in der von Femke mitgebrachten Reisetasche nach Wäsche, Handtuch und Toilettenartikeln.

„Bis gleich.“

Während Tabea duschte, starrte Femke aus dem Fenster in einen wolkenverhangenen Tag hier in Aurich.

„Bei diesem Wetter kann man nur Depressionen kriegen“, murmelte sie vor sich hin. Kein Wunder, dass es Tabea im Moment wieder schlechter zu gehen schien. Obwohl es hier im Zimmer heiß war und sie eigentlich schwitzen müsste, hatte Femke ein flaues Gefühl im Bauch und sie fror.

Zeitgleich kämpfte sich ein riesiges Aufgebot von Polizisten aus allen Richtungen kommend durch das Moor, viele mit einem Gefühl der Beklommenheit. Stunden später war das Gebiet durchgekämmt, wenigstens die Gebiete, die man ohne Gefahr betreten konnte und im Niedrigmoor würde man sowieso nichts finden, da dort alles versank.

So wurde nur Tammes Kopf zur Beerdigung eine Woche später freigegeben, da man keine verwertbaren Spuren gefunden hatte.

Elfriede war noch bei ihrem Bruder, da sie psychisch so abgerutscht war, dass man sie nicht alleine wohnen lassen konnte und Thede und Okka waren sich einig, dass sie sich erst einmal erholen sollte, bevor sie in ihr eigenes Haus zurückging.

Tabea wohnte immer noch bei Femke und bei der Befragung durch die Auricher Kollegen gab sie an, dass sie niemanden erkannt habe, nur eine Gestalt gesehen habe, die immer wieder mit etwas gegen die Tür schlug. Sie räumte ein, dass sie viel Angst gehabt habe, als sie die Notrufzentrale rief. Da jeder wusste, Tamme war der Kopf gewaltsam vom Kopf gerissen worden, glaubte ihr jeder, ohne sie weiter zu bedrängen. Die Ursache konnte jedoch nicht festgestellt werden und so verliefen die Ermittlungen immer wieder im Sande und zwei Wochen vor Weihnachten gab es immer noch keine konkreten Ergebnisse.

Leefke

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