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5. Frieso, Silas und Wiebke Hayen

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....Moorboden als Fundament für Sicherheit....

Tabea ging es in den nächsten Wochen immer besser und irgendwie schien auch nichts mehr zu passieren. Alle paar Tage fuhren Wilke, Tabea und Femke rüber zum alten Schulhaus, gossen Blumen, kontrollierten die Heizung, erledigten dies und das, aber bleiben wollte hier keiner. Sie fuhren nur tagsüber und Wilke hatte immer sein Jagdgewehr dabei, Tabeas Schusswaffen waren alle in ihrem Waffenschrank im Keller eingeschlossen.

Auf dem Weg zurück zur Halle, fuhren sie an Elfriede und Tammes Haus vorbei. Auf der Auffahrt sahen sie einen Mann stehen, den keiner von ihnen kannte und doch kam er Tabea seltsam vertraut vor. Groß, gutaussehend, ca 50 Jahre alt, blond mit einem langen Zopf, bekleidet mit einem langen, grauen Lodenmantel, kein Schal, keine Mütze, trotz der Kälte.

„Wow!“, entfuhr es Femke unter dem missmutigen Blick ihres Mannes. „Wer ist er denn?“

„Keine Ahnung“, brummte Wilke, dem es nicht schmeckte, dass der Typ seiner Frau zu gefallen schien und auch Tabea schien ganz entzückt. Dann waren sie auch schon am Haus vorbei und Tabea wurde das Gefühl nicht los, dass der Typ ihnen nachstarrte.

„Vielleicht ist es dieser Typ, der total versteckt hinten in dem Haus am anderen Ende des Moores wohnt. Der scheint tagsüber zu schlafen und es brennt immer nur nachts Licht bei dem. Soll wohl Schriftsteller sein!“, ereiferte sich Femke. Tamme hat mal von ihm erzählt, die Beschreibung stimmt auf jeden Fall“.

„Dann hat er jetzt wohl seine Angewohnheiten geändert, denn wir haben nicht Nacht! Ich meine, das ist einer der Ricklefs Brüder!“, konterte Wilke und danach senkte sich bis zur Ankunft ein paar Minuten später tiefes Schweigen über sie, ausgelöst durch die Erwähnung von Tammes Namen. Auf dem Hof angekommen, kam ihnen Wübbo entgegen.

„Wir sollen heute Nachmittag Sturm bekommen, lassen wir die Pferde in der Halle?“

„Noch geht das ja mit dem Wind, lass die Pferde noch ein bisschen draußen stehen. Aber du kannst schon anfangen, den ganzen Kleinscheiß wie Forken, Eimer, Bottiche usw. einzusammeln, nicht, dass uns der Kram nachher um die Ohren fliegt. Ich setz mich schon mal auf den Fendt und hole Silage und Stroh rein. Tabea und Femke können das Grundstück ums Haus kontrollieren. Haben ja Zeit, ist heute kein Reitbetrieb und bei Wind verirren sich auch nicht allzu viele Einsteller hierher!“

So gingen sie alle ihrer Arbeit nach, begleitet vom Wind, der ihnen gut um die Ohren sauste. Um vierzehn Uhr machte Wübbo Feierabend. Vorher kontrollierte er noch die Unterbringung aller Pferde im Stall, und ob die Stalltüren gut verschlossen waren. Gegen fünfzehn Uhr war der Himmel wolkenverhangen. Dicke, graue Wolken wurden vom Wind über den Himmel gepeitscht. Regen setzte ein und knallte wie ein Trommelfeuer auf die Scheiben. Tabea, Femke und Wilke saßen drinnen bei Kaffee und Kuchen. Sie beschlossen gemeinsam füttern zu gehen, danach alles zu verrammeln und für heute die Halle zu schließen. Draußen wurde der Wind immer heftiger und das Wetter ungenießbarer, es würde auch keiner mehr den Weg zur Halle finden. Die meisten Einsteller hatten sich eh schon telefonisch abgemeldet.

Gegen achtzehn Uhr war alles erledigt, die Pferde waren gut versorgt und auch die Hunde noch einmal kurz draußen gewesen. Alles war sturmsicher befestigt und so ging man ins Haus, ließ die Jalousien runter, um die Wärme im Haus besser einzufangen. Der Kamin brannte und zumindest im Haus konnte man es gut aushalten. Wilke zog sich nach dem Abendbrot in sein Büro zurück, Tabea und Femke räumten ab und bespickten die Spülmaschine. Danach zogen beide mit einem Glas Rotwein und Knabberzeug aufs Sofa. Der Kamin wurde noch einmal großzügig gefüllt, so dass die Decken schon kurz darauf von den Beinen flogen. Es war brütend heiß in seiner Nähe, aber Femke und Tabea schienen die Hitze aufzusaugen wie ein Schwamm. Der brennende Torf verbreitete den schweren Geruch des Moores und schweigend lauschten beide in die Stille des Hauses, während draußen der Sturm zur Höchstform auflief. Die Jalousien zitterten im Sturm und trotz guter Isolierung waren die Geräusche, die der Sturm verursachte, gut zu vernehmen. Knackende Äste, Zäune, die umknickten und teilweise vom Sturm durch die Gegend geschleudert wurden. Auch Dachpfannen meinten sie auf die Einfahrt knallen zu hören. Der Sturm kam direkt aus dem Moor und schien von Minute zu Minute an Fahrt aufzunehmen. Unerbittlich bearbeitete er die Häuser, Gärten und Zäune, kannte kein Erbarmen mit Autos. Pausenlos schienen Sirenen im Einsatz zu sein, immer wieder verschluckt vom Wind.

....multiple Todesfälle....

Mit dem Wind kam noch etwas anderes aus der Tiefe des Moores. Leefke hatte beschlossen, sie habe den Menschen genug Zeit gelassen, sich in vermeintlicher Sicherheit zu wiegen. So zog sie aus mit dem Wind, Hilflosigkeit und Ohnmacht zu verbreiten, um bei den Menschen ein unerbittliches Gefühl der Angst zu hinterlassen.

Zuerst zog es sie zu Tabeas Haus. Als sie spürte, dort gab es nichts anzurichten, zog es sie weiter zum Haus von Elfriede und Tamme. Da auch dort nichts anzustellen war, stieg Ärger in ihr hoch. Sie zog zum nächsten Hof, dem Hof von Wiebke und Frieso Heyk en. Dort war Frieso noch damit beschäftigt, die Melkanlage zu reinigen. Durch den Gebrauch des Kärchers spürte er das Unheil, das sich in seinem Rücken anbahnte, nicht. Vor sich hin singend beseitigte er die Hinterlassenschaften seiner Kühe. Der Lärm des Kärchers und der sich bildende Wasserdampf verhalfen Frieso abzutauchen in Tagträumereien. Er freute sich auf sein Sofa, Abendessen mit Frau beim Fernsehen und einen schönen, warmen Grog zum Abschluss des Tages.

Gedankenverloren registrierte er nicht das absonderliche Benehmen seiner Kühe. Mit weit aufgerissenen Augen, dicht aneinandergedrängt, blökten sie vor dem Ausgang zur Weide. Panik hatte sie ergriffen, obwohl das in dem Nebel kaum wahrzunehmen war. Frieso bekam das nicht mit, wunderte er sich doch gerade über den Temperaturabsturz in den letzten Minuten.

„Nicht nur Sturm, sondern auch noch bittere Kälte, das braucht doch kein Mensch!“, seufzte er vor sich hin. „Gott sei Dank ist die Hütte überall dicht!“

Frieso erschrak plötzlich. Zum Laufstall hin lag ein merkwürdiger Geruch in der Luft. Eingehüllt in die dichten Schwaden aus Wasserdampf nahmen die Kühe und die Buchten des Laufstalls unwirkliche Formen an. Sie sahen aus wie bizarre Baumstümpfe im Moor, wenn der Nebel sie umspielte. Er meinte eine seltsame Stimme ihn rufen zu hören.

“Frieso!“, erklang es aus dem Dunst heraus.

Beklommenheit machte sich in seinem Inneren breit und ebenso ein flaues Gefühl im Bauch.

„Spinn nicht rum, Alter!“, schalt er sich. „Mach die Hütte sauber und dann raus hier.“

Er kärcherte den Rest und beeilte sich, denn die Angst hatte sich wie die nächtliche Finsternis auf den Wasserdampf gelegt und mit jedem Atemzug atmete er mehr davon ein. Er fuhr zusammen, deutlich meinte er warmen Atem in seinem Nacken zu spüren, der sich auf der Haut in Eiskristalle verwandeln zu schien.

„Hallo Frieso, Leefke ist hier und will dich holen!“

Er fuhr herum und sah in ein wunderschönes Gesicht, das irgendwie im Nebel um ihn herum glitt. Seine Knie schlackerten und seine Muskeln zitterten.

„Was zum Teufel ist hier los!“, schrie er, sich um sich selbst drehend. Plötzlich prallte er wie gegen eine Mauer, eine Mauer aus Nebel, die sich langsam auflöste. Ohnmacht und Hilflosigkeit machten sich breit und er fing an zu weinen.

„Was soll die Scheiße, lasst mich in Ruhe!“

Ein schauriges Lachen, eiskalt und grausam, ertönte neben ihm und die schöne Frau lächelte ihn an. Er lächelte zurück, um gleich darauf vor Grauen zu verstummen. Langsam veränderte sich das schöne Gesicht. Die Haare standen wie Filz vom Kopf, die Haut fiel in Fetzen vom Gesicht, uraltes, stinkendes Blut spritzte in sein Gesicht.

Er schrie und schrie, als sich Krallen in seine Eingeweide bohrten und mit einem Ruck seine Gedärme auf den Gang beförderten. Er spürte nicht mehr, wie ihm der Kopf von den Schultern gerissen wurde.

Leefke lachte und lachte, nahm den Kopf und verließ den Stall, den Rest von Frieso achtlos liegend lassen. Derweil verteilte sich sein Blut im ganzen Melkstall, lief direkt in die Ablaufrinnen und vermischte sich auch mit dem Wasser auf dem Boden, hinterließ überall Spuren um dann im Nichts zu versickern.

Die Kühe standen immer noch in der Ecke, seltsam verstummt. Im Haus wunderte sich seine Frau inzwischen, aus welchem Grund ihr Mann wohl so lange brauchte. Sie hatte einen harten Tag hinter sich und wollte endlich Feierabend haben. Das Essen war fertig. Nebenan saß ihr Bruder Silas über den Büchern, er bereitete sich auf seine Prüfung als KFZ- Mechatroniker vor.

„Silas, geh bitte in den Stall und frag Frieso, wie lange er da noch herumhantieren will. Das Essen verkocht!“

„Mach ich, Wiebke!“, ertönte es aus dem Büro. Silas legte die Bücher an die Seite. „Für heute reicht´s auch“, murmelte er vor sich hin.

Er verließ das Wohngebäude und betrat den Zwischengang, der Stall und Wohnhaus miteinander verband. Da er keine Geräusche mehr hörte außer dem tosenden Wind draußen, vermutete er, sein Schwager komme ihm jeden Moment entgegen. Er betrat das Stallgebäude und wunderte sich über den merkwürdigen Geruch. Geruch, den er vom Schweineschlachten kannte, viel Feuchtigkeit und Blut.

Silas rief Frieso, er antwortete nicht, stattdessen eisiges Schweigen, das bei Silas in Kombination mit diesem Geruch eine fragwürdige Leere im Kopf entstehen ließ. Vorsichtig lief er weiter, um kurz darauf festzustellen, dass die Fliesen unter seinen Füßen eine merkwürdige orange Farbe hatten. Er lief weiter und stand plötzlich im Gang zum Laufstall. Vor ihm lag Frieso, enthauptet, die Eingeweide um sich herum verteilt.

Schreiend lief er zurück ins Haus, konnte aber seine Schwester noch daran hindern in den Stall zu rennen, indem er sie kurzerhand in der Küche einsperrte. Weinend lief er zum Telefon, um die Polizei zu verständigen.

...trügerische Sicherheit....

Reent Saathoff hatte mit Ewald Hayen Dienst, als der Anruf von der Zentrale durchgestellt wurde. Reent nahm den Hörer ab und meldete sich, um gleich darauf zu verstummen. Ewald hörte ihn ein paar Mal brummen und meinte zu sehen, dass sich Reents Gesichtfarbe irgendwie ins schneeweiße veränderte. Reent legte auf und wählte die Nummer der Techniker.

„Einsatz in Wiesmoor, Ortsteil Vossbarg, Hauptstr. 478. Ist ein landwirtschaftlich genutzter Hof, Leute heißen Frieso und Wiebke Heyken, haben eine Leiche dort, muss wohl ziemlich übel sein!“

„Verdammt, was ist bloß in diesem Dorf los, was ist passiert, Reent?“

„Ein Mann hat seinen Schwager im Stall gefunden, ohne Kopf und der Rest hört sich auch nicht appetitlich an. Weißt du, ob Tabea noch bei ihren Freunden wohnt?“

„Lass Tabea erst mal draußen, sonst flippt der Alte wieder aus, den Stress brauch ich im Moment nicht. Wir können hinterher immer noch mit ihr reden. Komm lass uns losfahren, die Techniker sind gerade auch schon vom Hof. Müssen eh vorsichtig fahren, damit der Sturm uns nicht von der Straße pustet. Was für ein Wochenende, Gott sei Dank, in ein paar Stunden müssen die Kollegen übernehmen.“

„Die werden sich freuen, wieder in diesem Kaff. Du kannst ja sagen, was du willst, aber ich finde den Ort unheimlich und mir geht da nur der Mors auf Grundeis!“, sagte Reent, während sie sich in ihre Jacken stülpten und hinaus ins Unwetter liefen. Der Regen prasselte gnadenlos auf sie nieder und sie kamen schon mit nassen Füßen am Auto an.

„Verfluchtes Sauwetter!“, schimpfte Ewald vor sich hin. Der Wind schüttelte den Passat gut durch und die Tour Richtung Wiesmoor gestaltete sich äußerst schwierig, da Ewald Mühe hatte, das Auto auf der Straße zu halten. Umher fliegende Äste gestalteten die Fahrt wie eine Art Slalom.

Immer wieder kamen sie an Stellen vorbei, an denen das THW und die Feuerwehr die Straßen wieder passierbar machten, da umgeknickte Bäume beseitigt werden mussten. Normalerweise benötigten sie bis zu Tabeas Wohnort rund 20 min, jetzt waren sie schon 45 min unterwegs.

„Da vorn ist schon das Ortsschild von Strackholt, jetzt dauert es nicht mehr lange!“, sagte Reent. Beide grinsten, obwohl ihnen nicht danach zumute war. „Da ist schon das Ortsschild von Vossbarg!“, stellte Reent erleichtert fest.

Geisterhaft sahen sie das gelbe Schild im Dunkeln flackern. Dem NAVI zufolge waren es noch rund 400 m bis zum Tatort. Als sie in die Hofeinfahrt fuhren, sahen sie schon einen der Techniker mit dem Absperrband rumwedeln, der andere war dabei Scheinwerfer aufzustellen. Nichts funktionierte bei dem Sturm und so mussten sie dieses Vorhaben aufgeben.

Ewald und Reent rannten auf den Eingang des Stallgebäudes zu, um Regen und Sturm schnell zu entkommen. Drinnen waren zwei weitere Techniker dabei Spuren zu sichern. Reent und Ewald zogen sich die „Tüten“ über die Füße, liefen die Stallgasse hoch und als sie vor den Überresten von Frieso standen, zogen beide tief die Luft ein.

Überall lagen Gedärme verstreut um den Körper, ein Gemisch aus Blut und Wasser färbte die Fußbodenkacheln orange. Der Kopf fehlte und zwischen den Schultern klaffte ein Gebirge aus Fleischfetzen, Fett, Adern und Knochen. Wie auf Kommando rannten beide raus und übergaben sich im Innenhof.

„Man, was passiert hier, wer macht sowas?“, keuchte Ewald während er sich ein Taschentuch vor den Mund hielt.

Reent schüttelte nur den Kopf, während er sich bemühte seinen Magen unter Kontrolle zu bekommen. Währenddessen donnerte der Regen gnadenlos auf sie nieder und beseitigte somit schnell die Spuren ihres Menschseins. Leider beseitigte er auch alle anderen Spuren, so dass es kaum möglich sein würde hier draußen etwas Verwertbares zu finden.

„Kannst du mir mal erzählen aus was die Techniker von innen aufgebaut sind? Wie halten die das nur aus? Unsereins kotzt sich die Seele aus dem Leib und die marschieren da in den Fleischbergen rum, als würde es sich um Sand handeln!“

Reent zuckte nur mit der Schulter.

Jelto Ortgießen, einer der ältesten Techniker in Aurich, trat aus der Tür und übersah königlich die noch nicht vom Regen weggespülten Hinterlassenschaften seiner Kollegen. Er hatte schon viele schreckliche Dinge in seinem Leben gesehen, aber die Dinge, die zur Zeit in Vossbarg um sich gingen, beunruhigten ihn zutiefst.

„Viel hab ich nicht für euch, ihr habt ja gesehen wie es drinnen aussieht! Spuren gibt es kaum, sozusagen entweder vom Winde verweht oder vom Wasser weggespült! Ein langes dunkles Haar hab ich an der Kleidung sichergestellt, geht gleich ins Labor! Der Bauch wurde aufgerissen und wie es aussieht, die Gedärme mit einem schnellen Ruck raus! Der Kopf gewaltsam abgetrennt, gerissen. Entweder wildes Tier oder jemand, der stark ist wie Godzilla! Da keine weiteren Bisse, fällt das wilde Tier aus und Godzillas sind in diesem Landstrich seit langem ausgestorben! Drinnen sitzen Schwager und Frau des Toten, Polizeipsychologe ist auch schon drin und verarztet die beiden! Anscheinend hat keiner was mitbekommen, der Schwager hat ihn gefunden, als

er ihn zum Essen hereinholen wollte! Mehr kann ich Euch im Moment nicht geben!“

„Danke Jelto, wir gehen mal rein!“, sagte Ewald und kämpfte sich mit Reent gegen den Sturm Richtung Haustür. Drinnen kam Polizeipsychologe Markus Goosmann auf sie zu.

„Moin, ihr zwei! Hier werdet ihr erst mal nichts, die Frau musste ich komplett wegschießen und der Schwager ist auch jenseits von Gut und Böse…faselt all was, von den Kühen, die in ein paar Stunden wieder gemolken werden müssen! Könnt ihr noch das Aufräumkommando bestellen, sobald die Techniker fertig sind und den Maschinenring benachrichtigen, damit die jemand herschicken zum Versorgen der Viecher? Die beiden werden gleich von der Ambulanz ins Krankenhaus gefahren und dann sehen wir weiter!“

Reent und Ewald nickten und begaben sich noch einmal zu Jelto, um den weiteren Ablauf zu besprechen, dann liefen sie zurück zum Passat. Niemand in der Nachbarschaft schien etwas mitzubekommen, überall waren die Jalousien unten und alles schien menschenleer.

„Wir sollten zu Tabea rüberfahren und ihr kurz sagen, was los ist! Wir brauchen sie, sie kennt hier Alles und Jeden!“,sagte Ewald und Reent nickte.

„Ja, lass uns zur Reithalle fahren, vielleicht ist noch jemand wach!“, erwiderte Reent.


...Freunde.…

Trotz Sturm und Regen hatten die Frauen den Passat gehört und wunderten sich, wer noch bei diesem Wetter freiwillig auf der Straße war. Tabea erkannte das Auto. Die beiden dunklen verhüllten Gestalten, die aufs Haus zu liefen, kamen ihr auch sehr bekannt vor.

„Reent und Ewald!“, sagte sie zu ihrer Freundin, die gerade die Tür öffnete. Pitschnass kamen die zwei Männer ins Haus und entledigten sich der nassen Jacken.

„Hier, stellt eure Schuhe zum Trocknen vor den Ofen!“, meinte Femke, während sie Zeitungspapier holte, um die Schuhe von innen auszustopfen.

Die Männer setzten sich und Femke lief in die Küche um frisches Teewasser aufzusetzen.

„Schön euch zu sehen!“, sagte Tabea. „Was führt euch bei diesem Sauwetter hierher, doch wohl nicht Tee oder Grog?“

Reent sah sie an und ertappte sich dabei festzustellen, dass Tabea trotz ihrer überschrittenen 50 Jahre immer noch toll aussah, zwar stand in ihrem Gesicht eine tiefe Müdigkeit, aber die stolze Ausstrahlung war geblieben, Ostfriesin eben, lächelte er in sich hinein.

„Wir haben einen neuen Mord, wieder ein Nachbar von dir, Frieso Heyken, du weißt schon, der letzten Herbst bei deiner Abgrillparty besoffen in die Weidewanne der Pferde gefallen ist. Übel zugerichtet und der Kopf ist weg, wieder dieser Brandgeruch überall!“

Tabea und Femke wurden blass, niedergeschlagen ließen sie sich beide aufs Sofa nieder.

„Keine Ahnung wer oder was, genauso wie bei Tamme, nur das wir den Körper gefunden haben! Hier fehlt auch der Kopf und mir graut bei dem Gedanken, wo der wohl auftauchen könnte!“, fügte Reent hinzu.

Mechanisch ging Femke in die Küche, stellte 5 Teetassen, Sahne und Kluntje aufs Tablett und rief ihren Mann. Tabea holte 2 Gläser für Teesöpje und drei Korngläser aus dem Schrank.

Wilke betrat das Wohnzimmer und begrüßte Tabeas Arbeitskollegen, die er bereits von früheren Feiern her kannte. Nachdem sie ihn aufgeklärt hatten, ließ sich Wilke langsam in einen Sessel gleiten und schaute fassungslos in die Runde. Viel wurde nicht mehr gesprochen, vielmehr versuchten alle die aufsteigende innere Kälte und Unruhe durch einige Hochprozentige zu besänftigen, nur Ewald, der fahren musste, blieb bei einem Korn zu seinem Tee.

....Unmut.…

Leefke hatte das ganze Geschehen beobachtet und überlegte, wie sie noch möglichst viel Entsetzen verbreiten konnte. Sie spielte sich Friesos Kopf von einer in die andere Hand zu. Das Töten von Frieso hatte sie nicht befriedigt und ihr war nach mehr. Andererseits wollte sie mit Friesos Kopf größtmöglichen Schaden anrichten.

Sie wusste, dass sich Reent und Ewald in diesem Haus befanden und starrte auf den silberblauen Passat. Sie schwebte um das Fahrzeug herum, aber sie fand keine Lösung für den Kopf. Sie starrte auf die Reithalle und plötzlich wusste sie, was sie tun wollte.

Nach einer Weile verließen Ewald und Reent das Haus und liefen zum Passat. Schon auf dem Weg dahin stieg ihnen wieder dieser widerliche Geruch nach verbranntem Fleisch in die Nase. Sie schlossen die Tür des Autos, aber auch im Inneren stieg ihnen der Geruch in die Nase, wenn auch nicht so intensiv.

„Mensch, Ewald, fahr los, ich will nur noch weg hier!“, raunte Reent seinem Kollegen zu, der sich dies nicht zweimal sagen ließ.

Drinnen im Haus hatten alle auf einmal das Bedürfnis früh ins Bett zu gehen und Wilke bot Tabea an auf dem Sofa zu schlafen und nicht in der Einliegerwohnung. Dankend nahm sie das Angebot an, das alle zu beruhigen schien. Jeder fühlte sich sicherer bei dem Gedanken, nur wenige Meter von Freunden entfernt zu sein.

Leefke

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