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3. Risiko- und Wagnisgeschäft?

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Verträgen über gewerbliche Schutzrechte, insbesondere Lizenzverträgen, wurde in der Vergangenheit häufig ein besonderer Risiko- oder „Wagnischarakter“ zugeschrieben. Da weder Erlangung oder Bestand eines technischen Schutzrechts während der Vertragslaufzeit mit Sicherheit vorausgesagt noch die wirtschaftliche Verwertbarkeit im Voraus abgeschätzt werden können, haben u.a. bei Lizenzverträgen andere Haftungsmaßstäbe zu gelten.[13] Allerdings ist hier zu differenzieren.

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Die Gefahr eines „gewissen Wagnisses“ oder „Risikos“ kann zunächst dann keinen Einfluss auf die Haftung haben, wenn damit das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit beschrieben wird, für die der Veräußerer oder Lizenzgeber ohnehin nicht einzustehen hat.[14] Zwischen den wirtschaftlichen Erwartungen und dem Bestehen von Sach- und Rechtsmängeln ist daher streng zu unterscheiden. Der Wagnischarakter patentbezogener Verträge beruht daher vor allem auf der rechtlichen Ungewissheit, ob sich technische Schutzrechte für die Dauer des Vertrages als beständig erweisen.

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Wollte man Verträge über technische Schutzrechte aber tatsächlich für risikoreicher als andere Verträge halten, dann wäre es nur konsequent, diese Verträge als aleatorisch einzuordnen, vergleichbar mit einer Wette oder einem Börsentermingeschäft. Damit wird die außerordentliche Gewinnchance bzw. das Risiko eines Verlusts selbst Gegenstand des Vertrages. Im Falle eines Verkaufs einer Patentanmeldung hat der BGH dies tatsächlich angenommen, für Lizenzverträge an erteilten Patenten dagegen ausdrücklich abgelehnt.[15] Eine Einordnung von Patentverträgen als aleatorische Geschäfte würde voraussetzen, dass nach dem Willen der Vertragsparteien eine Gewinnchance realisiert werden soll. Das trifft aber allenfalls beim spekulativen Erwerb von Patenten und Schutzrechtslizenzen u.a. durch Fondsgesellschaften zu. In der Regel werden Patenterwerber bzw. Lizenznehmer das Schutzrecht selbst nutzen und gerade nicht spekulieren wollen.[16] Und selbst das Risiko einer erfolgreichen Nichtigkeitsklage macht gewerbliche Schutzrechte noch nicht zum Spekulationsobjekt. Eine Sonderform eines „gewagten Geschäfts“ außerhalb von Spiel und Wette ist dem BGB dagegen fremd.

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Gegen einen besonderen „Wagnischarakter“ mit besonderen Rechtsfolgen sprechen auch historische Erwägungen. Die Annahme eines „gewagten Charakters“ ist aus einer ergänzenden Vertragsauslegung hervorgegangen, um der Garantiehaftung des Veräußerers im Rahmen des § 437 BGB a.F. bzw. um die Folgen einer Nichtigkeit des Vertrages bei anfänglicher Unmöglichkeit gem. § 306 BGB a.F. auszuweichen, die den Veräußerer bei einer nachvertraglichen Nichtigkeitserklärung des Schutzrechts mit enormen Risiken belastet hätte. Unter Hinweis auf diese Risiken wollte man sich von einer als starr empfundenen Regelung befreien und stattdessen eine flexiblere Lösung finden, um die Haftungsrisiken des Veräußerers und Lizenzgebers zu begrenzen; dies waren nach überwiegender Meinung die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage. Da § 437 BGB a.F. der Schuldrechtsreform 2002 zum Opfer gefallen und auch § 306 BGB a.F. durch § 311a BGB ersetzt worden ist, sollte man zugleich die Zwitterform des sog. gewagten Geschäfts damit begraben.[17]

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Wer einen „gewagten Charakter“ eines Geschäfts als Grund dafür heranzieht, die Zuordnung dieses Rechtsgeschäfts in das Vertragsregime des BGB abzulehnen, übersieht zudem ein wesentliches Prinzip unserer Privatrechtsordnung. Der Schuldvertrag und seine Regelung finden ihre materielle Legitimation im privatautonomen Ausgleich der Einzelinteressen, d.h. in der Vermutung, dass jede der Parteien den Vertrag deshalb als bindend akzeptiert, weil und soweit die eigenen Interessen mit denen der Gegenseite in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht worden sind und jeder der Beteiligten sich von der Durchführung des Vertrages eine Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation verspricht.[18] Dann ist es aber in erster Linie Aufgabe der Parteien, mögliche Risiken über die Ausgestaltung der Leistungspflichten wie z.B. Lizenzgebühren, die Vereinbarung von Vertragsstrafen u.Ä. im Wege der Vertragsverhandlungen aufzufangen. Es besteht keine Notwendigkeit, über abstrakte Risikobewertungen diese privatautonome Gestaltungsmacht aufzuheben.

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