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3. Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, Trennungs- und Abstraktionsprinzip

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Verpflichtungen und Verfügungen sind nach den Grundprinzipien des Privatrechts nicht nur zu trennen, sondern auch in ihrer Wirksamkeit voneinander unabhängig. Im deutschen Bürgerlichen Recht gilt das Abstraktionsprinzip, wonach das Verfügungsgeschäft vom Bestehen und von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Verpflichtungs- und Kausalgeschäfts unabhängig ist.[59] Da § 15 PatG eine beschränkte und unbeschränkte „Übertragung“ und damit einen Verfügungstatbestand vorsieht und z.B. auch ausschließliche Lizenzen nach h.A. die Einräumung eines quasidinglichen Nutzungsrecht ermöglichen (oben Rn. 29), muss die Frage beantwortet werden, ob und inwieweit das Abstraktionsprinzip auch für das Patentvertragsrecht Geltung beanspruchen kann.

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Das Urhebervertragsrecht ordnet in mehreren Bestimmungen eine rechtliche Verknüpfung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft an. Nach § 9 Abs. 1, 2. Alt. VerlG erlischt das ausschließliche Nutzungsrecht des Verlegers (Verlagsrecht) mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Nach § 40 Abs. 3 UrhG wird die Verfügung über Rechte an künftigen, noch nicht abgelieferten Werken unwirksam, wenn der zugrunde liegende Vertrag endet. Schließlich betrifft der Rückruf nicht nur das Verpflichtungsgeschäft, sondern bewirkt zugleich das Erlöschen des Nutzungsrechts durch Heimfall (§§ 41 Abs. 5, 42 Abs. 5 UrhG).

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Die Literatur ist in dieser Frage zerstritten. Einige[60] sehen in diesen Regelungen im Zuge eines Umkehrschlusses eine Ausnahme des im Übrigen bestehenden Abstraktionsgrundsatzes; andere[61] begründen über diese Regelung gerade die grundsätzliche Geltung eines Kausalitätsprinzips. Dieser letzteren Auffassung hat sich auch der BGH angeschlossen. Im Urheberrecht wie auch im gewerblichen Rechtsschutz sei davon auszugehen, dass das dem Lizenznehmer eingeräumte Recht mit der Beendigung des Lizenzvertrags an den Lizenzgeber zurückfällt und dementsprechend die Fortsetzung der Benutzung eine Schutzrechtsverletzung darstellt (vgl. § 15 Abs. 2 S. 2 PatG). Umfang und Inhalt von Lizenzen richten sich nach dem Lizenzvertrag und den darin vereinbarten Nutzungsarten. Die Verfügung erfahre ihren Gegenstand und dessen Umfang also erst aus dem Lizenzvertrag und ist mit diesen Vereinbarungen im Lizenzvertrag dementsprechend kausal verbunden.[62]

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Die Rechtsprechung erkennt damit die Theorie abgeleiteter, konstitutiver oder gebundener Rechtsübertragungen an, die auch den Besonderheiten des Patentlizenzvertragsrechts unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien am ehesten gerecht wird.[63] Diese Grundsätze gelten nicht nur im Zeitpunkt, sondern auch für den Zeitraum nach der Verfügung. Das steht auch mit den urheber- und verlagsrechtlichen Ausnahmeregelungen im Einklang. Da die Beendigung des Verlagsvertrages das Nutzungsrecht nach § 9 Abs. 1, 2. Alt. VerlG bereits zu Fall bringt, muss das erst recht auch für den Fall des anfänglich unwirksamen Vertrages gelten. Entsprechend der Zweckbindung im Verlagsrecht, die aus dem Verlagsvertrag abzuleiten ist, sei auch bei anderen Verträgen anzunehmen, „dass Gültigkeit und Bestand des Vertragsverhältnisses sowohl für das Entstehen wie für das Erlöschen der abgeleiteten Rechte entscheidend sind“.[64] Der BGH stützt sich dazu auch auf die im Immaterialgüterrecht anerkannte Zweckübertragungslehre.[65] Eine kausale Verknüpfung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft entspricht weit mehr der generell im Immaterialgüterrecht geltenden Besonderheit, dass der Inhalt der Lizenz im Hinblick auf die begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten und das Fehlen vorgeformter gesetzlicher Typen erst durch den schuldrechtlichen Vertrag seine nähere Bestimmung und Ausformung erfährt.[66] Bei der ausschließlichen Patentlizenz in Form eines teilweise verdinglichten bzw. quasidinglichen Rechts handelt es sich also nicht – wie bei den beschränkt dinglichen Rechten des BGB – um ein gesetzlich typisiertes Recht, sondern um eine richterrechtlich anerkannte Form eines absoluten Nutzungsrechts (Rn. 29). Aufgrund der dogmatischen Verwandtschaft mit dem Verlagsrecht als „Urform“ immaterieller Verwertungsrechte folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 9 Abs. 1, 2. Alt. VerlG, dass das dem Lizenznehmer eingeräumte Recht mit der Beendigung des Lizenzvertrages an den Lizenzgeber zurückfällt.[67] Eine Fortsetzung der Benutzung trotz Beendigung des Vertrages stellt folgerichtig nicht nur eine Vertrags-, sondern auch eine Schutzrechtsverletzung dar (vgl. § 15 Abs. 2 S. 2 PatG).

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Die genannten Ausnahmen können aber dann keine Geltung beanspruchen, wenn es sich um eine translative Veräußerung oder die Einräumung gesetzlich typisierter Rechte wie etwa der Bestellung beschränkt dinglicher Nießbrauchs- oder Pfandrechte nach dem BGB handelt. Insoweit bleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben und Prinzipien des Bürgerlichen Rechts, d.h. die jeweiligen Verfügungen basieren in ihrer Entstehung, ihrem Umfang oder auch ihrer Wirkung auf den gesetzlich anerkannten und dafür vorgesehenen Regelungen.[68] Zum einen führt die translative Übertragung zu einer völligen Entäußerung von Rechtspositionen auf der Seite des Veräußerers, die eine kausale Rückbindung weder erforderlich noch – aufgrund der Interessen der Parteien – angebracht erscheinen lassen. Zum anderen fehlt es an der Notwendigkeit einer kausalen Rückbindung an das jeweilige Schutzrecht, da die abgeleiteten Rechte aufgrund der gesetzlichen Regelungen im BGB typisiert und danach in ihrem Bestand beurteilt werden können.[69]

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