Читать книгу Patentvertragsrecht - Sven Kluge - Страница 19

4. Absichtserklärungen, Vorverträge, Optionsrechte

Оглавление

17

a) Wirtschaftlich bedeutende und komplexe Vertragswerke können durch eine Absichtserklärung (sog. Letter of Intent) eingeleitet werden, mit der dem Empfänger die Bereitschaft erklärt wird, in ernste Vertragsverhandlungen über einen Vertragsabschluss eintreten zu wollen.[19] Typisch ist, dass der „Letter of Intent“ nicht i.S. e. Willenserklärung oder eines Vertragsangebotes in Bezug auf den späteren Hauptvertrag rechtlich verbindlich sein soll („no binding clause“), sondern nur die Bereitschaft bekundet wird, über den geplanten Vertrag unter gewissen Bedingungen in ernsthafte Verhandlungen eintreten zu wollen. Die insoweit bestehende Unverbindlichkeit des „Letter of Intent“ kommt häufig darin zum Ausdruck, dass er eine Auflistung noch zu klärender Punkte enthält.[20] Möglich bleibt aber eine Haftung für die Verletzung von Schutz- und Informationspflichten nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB.[21]

18

Abzugrenzen sind diese unverbindlichen Absichtserklärungen von verbindlichen Vorfeldvereinbarungen, etwa über die Kostentragung bei Vorleistungen, Exklusivbindungen und Informationspflichten, oder Teilen hiervon. Im Einzelfall kann ein von dem Empfänger akzeptierter „Letter of Intent“ bei zutreffender rechtlicher Würdigung daher durchaus als verbindlicher Vorvertrag oder sogar als Hauptvertrag aufzufassen sein.[22] Darüber hinaus können die im „Letter of Intent“ getroffenen Erklärungen auch für die Auslegung eines später geschlossenen Hauptvertrages von Bedeutung sein (oben Rn. 5). Nach Ansicht des BGH darf sich die Auslegung eines Vertrages nicht in der Auslegung seines Wortsinns erschöpfen, wenn in ihm auf mündliche Vorgespräche, etwa über den Begriff „vereinbarungsgemäß“ Bezug genommen wird. In diesem Fall kann auch ein „Letter of Intent“ zur Erläuterung oder Ergänzung der Beweggründe einer später getroffenen Vereinbarung herangezogen werden.[23]

19

b) Mit einem Vorvertrag verpflichten sich die Vertragspartner, einen anderen schuldrechtlichen Vertrag (Hauptvertrag) abzuschließen.[24] Durch einen Vorvertrag wird demnach ein vertraglicher Kontrahierungszwang begründet.[25] Der Abschluss eines Vorvertrages kommt etwa in Betracht, wenn bestimmte Fragen einvernehmlich noch offengelassen werden, etwa weil ihre Beantwortung von weiteren, derzeit noch nicht absehbaren Entwicklungen und den weiteren Verhandlungen abhängt,[26] gleichwohl aber nach dem Willen der Parteien (§§ 133, 157 BGB) die Verpflichtung begründet werden soll, einen Hauptvertrag zu schließen. Der Vorvertrag stellt einen eigenständigen Vertrag dar, der alle Voraussetzungen eines Vertrages erfüllen muss und vom Hauptvertrag zu unterscheiden ist. § 154 BGB gilt auch für Vorverträge. Diese Vermutung ist im Zweifel anzunehmen, wenn festgestellt werden kann, dass die Parteien ungeachtet der fehlenden Einigung in einer oder mehreren offenen Fragen bereits eine vorvertragliche Bindung eingehen wollten.[27] Der Vorvertrag muss dazu verpflichten, einen Hauptvertrag abzuschließen. Dafür genügt es, wenn eine Partei die Verpflichtung übernimmt, unter den im Vorvertrag genannten Voraussetzungen ein entsprechendes Hauptvertragsangebot der anderen Seite anzunehmen.[28]

20

Für eine vorvertragliche Einigung ist es ausreichend, wenn der Inhalt des Hauptvertrages, zu dessen Abschluss sich die Parteien verpflichten, hinreichend bestimmbar ist,[29] d.h. sein Inhalt muss unter ggf. ergänzender Auslegung des Vorvertrages sowie unter Heranziehung des dispositiven Rechts durch den Richter ermittelbar sein.[30] Der Vorvertrag muss den Hauptvertrag zumindest soweit konkretisieren, dass es möglich ist, die Erfüllungsklage auf Abschluss des Hauptvertrages zu erheben und notfalls nach § 894 ZPO zu vollstrecken.[31] Der Abschluss eines Vorvertrages für einen Lizenzvertrag kommt etwa in Betracht, wenn die Parteien sich zwar über den Gegenstand der Lizenzvereinbarung, nicht aber etwa über die Höhe der Lizenzgebühr einig sind, ihren Bindungswillen aber z.B. durch eine Abschlagszahlung auf die Lizenzgebühren zum Ausdruck bringen.[32] Kein Vorvertrag liegt dagegen vor, wenn Verhandlungen über den Abschluss des Hauptvertrages zunächst gescheitert sind.[33] Einigkeit muss also zumindest darüber bestehen, dass eine noch näher zu konkretisierende Regelung für die bislang noch offenen Punkte in Betracht kommt. Anders ausgedrückt: Es fehlt an einer vorvertraglichen Einigung, wenn die Parteien sich bereits in diesem Stadium auf unvereinbare Standpunkte festlegen.[34]

21

Kommen die Parteien überein, dass eine Lizenzgebühr nach den FRAND-Kriterien („fair, reasonable and non-discriminatory“) zu bezahlen ist, können unter Umständen auch geringere Anforderungen ausreichend sein. Hier kann es im Einzelfall genügen, wenn es beispielsweise nur um ein einzelnes Schutzrecht oder um einige wenige Schutzrechte für ein Produkt oder wenige Produkte geht, die von der Erfindung Gebrauch machen, wenn die technische und wirtschaftliche Bedeutung dieser Schutzrechte bekannt und der Rechtsbestand hinreichend gesichert ist, und wenn bekannt ist, welche Lizenzgebühren in vergleichbaren Fällen vereinbart worden sind.[35] Umfasst dagegen das zu lizenzierende Schutzrechtsportfolio mehrere hundert Schutzrechte und ist ungeklärt, welche von diesen Schutzrechten standard-essenziell sind und welche nicht und ist auch nicht geklärt, von welchen Patenten bei der Durchführung des Lizenzvertrages Gebrauch gemacht werden soll, ist eine Verständigung über die Höhe der Lizenzgebühr nach FRAND-Grundsätzen nicht hinreichend bestimmbar;[36] eine solche Vereinbarung kann demnach auch keinen verbindlichen Vorvertrag begründen.

22

Die Annahme eines Vorvertrages kann mithin nur auf tatsächlicher Grundlage erfolgen. An die übereinstimmende Auffassung der Parteien, ein Vorvertrag sei zustande gekommen, ist das Gericht folgerichtig nicht gebunden. Ergibt sich aber aus dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für den Abschluss eines Vorvertrages gegeben sind, hat das Gericht dies seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Fehlt es jedoch an einem solchen Tatsachenvortrag, kann das Gericht nicht durch die einvernehmlich geäußerte Behauptung der Parteien, sie hätten einen Vorvertrag gewollt, überspielt werden.[37]

Der Abschluss des Hauptvertrages ist einklagbar, wobei der Klageantrag entweder auf Abgabe einer Offerte oder bei einem bereits ausgehandelten Hauptvertrag auf Vertragsannahme zu richten ist,[38] so dass mit der Rechtskraft eines stattgebenden Urteils gem. § 894 ZPO der Vertrag zustande kommt; für neben oder anstelle der Annahmeerklärung erforderliche Rechtshandlungen gelten dann die §§ 887, 888 ZPO. Dabei kann die Klage auf Abschluss des Lizenzvertrages bereits mit einer Leistungsklage aus dem Vertrag verbunden werden.[39] Es ist dann Sache der verklagten Partei, einen möglichen Gestaltungsspielraum einredeweise durch konkrete Alternativvorschläge geltend zu machen.[40] Da der Vorvertrag einen Abschlusszwang auf vertraglicher Grundlage begründet, ist es für den einzelnen Vertragspartner kaum möglich, zwischen dem Abschluss des Vorvertrages und dem Eintritt des dem Abschluss des Hauptvertrages bedingenden Ereignisses sich ergebende tatsächliche oder rechtliche Änderungen geltend zu machen. So kommt ein Rücktritt oder eine Kündigung vom Vorvertrag nur in den engen Grenzen des § 313 BGB bzw. § 314 BGB in Betracht. Wie bei jedem Schuldverhältnis bestehen mit Abschluss des Vorvertrages darüber hinaus erhöhte Sorgfalts-, Schutz- und Loyalitätspflichten, deren Verletzung auch Schadensersatzansprüche (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB) zur Folge haben kann.[41]

23

c) Während sich beim Vorvertrag die Parteien nur zum Vertragsschluss verpflichten, kann der Begünstigte einer Option nur mit der Ausübung seines Optionsrechts den Vertrag durch eine einseitige Erklärung herbeiführen. Eine Option eröffnet also die Möglichkeit für einen Optionsberechtigten, durch einseitige Willenserklärung einen Vertrag zu schließen oder zu verlängern. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht. Der Optionsberechtigte hat es allein in der Hand, ob er von seiner Option Gebrauch macht oder nicht.[42] Zur Begründung einer Option sind unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten denkbar.

– § 2 Abs. 2 (Anhang 2–4), § 5 (Anhang 6), Rn. 4 (Anhang 10) –

Der Verpflichtete kann zunächst den Berechtigten einseitig ein Optionsrecht dadurch verschaffen, dass er ihm ein befristetes oder unbefristetes Angebot unterbreitet, das der Berechtigte dann annehmen oder ablehnen kann (sog. Festofferte). Der Berechtigte kann den Vertrag dann durch einseitige Willenserklärung (Annahme) zustande bringen.

24

Daneben kann durch einen sog. Optionsvertrag einer Partei das Recht zugewiesen werden, ein bindendes Vertragsangebot abzugeben und der anderen Partei das Recht einzuräumen, dieses Angebot ggf. unter bestimmten Bedingungen oder Befristungen anzunehmen. Der sog. Optionsvertrag enthält dann bereits die wesentlichen Vertragsbedingungen des Hauptvertrages. Daneben können die Parteien aber auch den Hauptvertrag abschließen und dabei vereinbaren, dass dieser Vertrag erst durch die Erklärung des Berechtigten in Kraft gesetzt werden soll. Wählen die Parteien diesen Weg, so kann man von einem bedingten Hauptvertrag sprechen, weil die Ausübung des Optionsrechts hier Bedingung für den Eintritt der Rechtsfolgen sein soll. Welche Variante die Parteien tatsächlich gewollt haben, ist durch Auslegung zu ermitteln.[43]

Patentvertragsrecht

Подняться наверх