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1. Teil Grundlagen › § 1 Einführung

§ 1 Einführung

Literatur:

Deutsche Bundesbank (Hrsg.) Technologische Dienstleistungen in der Zahlungsbilanz (Statistische Sonderveröffentlichung 12), 2011; Düll et al. Bewertungsdschungel bei selbst geschaffenen Patenten, DStR 2015, 1198; Gärditz/Pahlow Hochschulerfinderrecht, 2010; Menninger/Wurzer Bewertungsstandards für Patente und Marken, Kommentare zu DIN 77100, DIN ISO 10668, IDW S 5 und IVS 210, 2014; UNCITRAL (Hrsg.) Legislative Guide on Secured Transactions, 2010; Wurzer/Reinhardt/Grünewald Valuation of Patents, 2012.

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Patente und die ihnen verwandten Schutzpositionen weisen ihrem Inhaber gesetzlich nicht nur die vermögenswerten Ergebnisse einer geistigen Erfindungsleistung zu, sondern geben ihm auch das Recht, im Rahmen der ihm zustehenden privatrechtlichen Vertragsfreiheit darüber zu disponieren. Als Teil des Rechts des Geistigen Eigentums genießt diese privatrechtliche Dispositionsfreiheit den Schutz der Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.[1] Bezogen auf das Patent hat sein Inhaber das ausschließliche Recht, die geschützte Erfindung im gesetzlich definierten Rahmen selbst zu nutzen oder im Rahmen des § 15 PatG auf vertraglichem Wege zu verwerten.[2]

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Technische Innovationen als Gegenstand privatrechtlicher Vereinbarungen haben in den letzten Jahren einen sprunghaften Anstieg verzeichnet. Betrugen die Einnahmen für technologische Dienstleistungen 1991 noch rund 10 Mrd. EUR, waren es 2010 bereits über 40 Mrd. EUR.[3] Die Ursachen dafür liegen in der zunehmenden Komplexität technischer Innovationen, die nicht nur schnelllebiger, sondern in den Transaktions- und Entwicklungskosten auch aufwendiger geworden sind. Die Unternehmen können die daraus resultierenden Herausforderungen nur durch Modelle technischer und wirtschaftlicher Kooperation oder der Partizipation an fremden Innovationsleistungen bewältigen. Das bedingt auch besondere Formen der vertraglichen Zusammenarbeit. Die hier zu beobachtenden Rechtsfiguren sind inzwischen vielfältig:

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Forschungs-, Entwicklungs- und Fertigungsgemeinschaften auf zwischenbetrieblicher oder grenzüberschreitender Ebene dienen nicht nur gezielt der Schaffung neuer Erfindungsleistungen, sondern sind auch Ausdruck industrieller Rationalisierung und Arbeitsteilung, wobei die verwendeten Rechtsformen – etwa in Form sog. Joint Ventures (vgl. dazu auch Anhang 11) – unterschiedlich ausfallen können.[4] Auch staatliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen spielen hier eine zunehmende Rolle.[5]

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Lizenzvereinbarungen ermöglichen nicht nur eine vertragliche Teilhabe u.a. an bestehenden Patenten und erarbeitetem Know-how, sondern sind inzwischen ein unverzichtbarer Bestandteil arbeitsteiliger Produktions- und Vertriebsprozesse. Sie zeichnen sich durch eine hohe Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Umweltbedingungen durch eine weitreichende Gestaltungsmacht der Vertragspartner aus. Unternehmen können sich auf dem „Erfindungsmarkt“ die erforderlichen Rechte nicht nur kaufen, sondern jeweils zugeschnitten auf die eigenen Bedürfnisse auch entsprechende Nutzungsrechte erwerben. Das bietet sich gerade dann an, wenn die eigene Innovationsleistung entweder aufgrund fehlender Kapazität bzw. Qualifikation verwehrt oder aufgrund der dafür anfallenden Kosten unzweckmäßig erscheint. Umgekehrt kann das Unternehmen einen Teil der verausgabten Forschungs- und Entwicklungskosten durch eine Lizenz auf andere Partner abwälzen oder aktive Mitarbeiter für die Weiterentwicklung gewinnen, was wiederum Synergieeffekte auslöst.[6] Die Fertigung und der Vertrieb durch ausgesuchte Lizenznehmer können schließlich technische und wirtschaftliche Vorteile für den Lizenzgeber generieren, die sich aus einer effizienten, auch globalen Aufteilung von Fertigungs- und Vertriebsabläufen ergeben.

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Mit der Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes 2009[7] besteht für die Unternehmen die Möglichkeit, selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie u.a. Patente und Know-how im Jahresabschluss in Ansatz zu bringen (§§ 248, 255 HGB), sofern sich die Herstellungskosten auf die Entwicklungsphase beziehen. Das hat nicht nur die Diskussion[8] um die richtige Bewertung gewerblicher Schutzrechte angefeuert, sondern ermöglicht auch die Mobilisierung immaterieller Güter als Gegenstand von Veräußerungs-, Treuhand- und Kreditsicherungsgeschäften. Für viele Unternehmen gehören Wissen und Ideen zur zentralen Ressource ihres wirtschaftlichen Erfolgs und bestimmen auch ihren Wert. Immaterialgüterrechte und Lizenzen haben daher für die Finanzierung der Unternehmen eine zunehmende Bedeutung, was inzwischen auch der internationale Normgeber erkannt hat.[9]

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Die Vielfalt der möglichen und auch praktizierten Vertragsregimes über technische Schutzrechte und Know-how, die hier keineswegs abschließend skizziert werden können, und deren wachsende ökonomische Bedeutung stellen auch die juristische Beratungspraxis vor wachsende Herausforderungen. Nach wie vor hält sich der nationale wie internationale Gesetzgeber – von schutzrechtsbezogenen und kartellrechtlichen Einflüssen einmal abgesehen – mit verbindlichen Vorgaben für Verträge über Geistiges Eigentum weitgehend zurück. Das Vertragsrecht über geistige technische Leistungen wird vielmehr von der Rechtsprechung dominiert, die zusammen mit der Rechtswissenschaft auch die Entwicklung in der Vergangenheit geprägt hat.

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Trotz einer erkennbaren grenzüberschreitenden Vereinheitlichung des Patentrechts und der europarechtlichen Regulierung und Harmonisierung des Kartellrechts bzw. von sog. Technologietransfervereinbarungen ist die Frage nach der richtigen Vertragsgestaltung in erheblichem Maße durch nationale Regelungen zu beantworten. Daran hat sich auch in der Vergangenheit nicht viel geändert. Das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ) vom 5.10.1973 hat zwar eine einheitliche Anmeldung für seine Vertragsstaaten durch ein einheitliches Erteilungsverfahren geschaffen. Sobald aber das europäische Patent als Bündelpatent erteilt ist, richtet sich seine Übertragung und Lizenzierung gem. Art. 74, 148 EPÜ nach dem Recht der Signatarstaaten (u.a. § 15 PatG). Das Schriftformerfordernis des Art. 72 EPÜ für die Übertragung einer europäischen Patentanmeldung spielt bereits bei Verfügungen über den nationalen Teil eines europäischen Patents keine Rolle mehr. Auch das geplante Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung wird zwar ein übertragbares Vermögensrecht sein, ist aber gem. Art. 8 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1257/2013 „wie ein nationales Patent des teilnehmenden Mitgliedsstaates zu behandeln“. Daher fehlen auch hier zur rechtsgeschäftlichen Verwertung wie auch zu den einzelnen Vertragsarten gesonderte Regelungen; es bleibt bei § 15 PatG.

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Bislang hat sich die Handbuchliteratur nahezu ausschließlich mit der Gestaltung von Lizenzverträgen über Patente- und Know-how beschäftigt und andere Verwertungsformen weitgehend ausgeklammert.[10] Die eingeschränkte Auseinandersetzung sollte zugunsten einer systematischen Erfassung der im inländischen wie grenzüberschreitenden Rechtsverkehr praktizierten Vertragsformen überwunden werden. Die prägende Wirkung der gewerblichen Schutzrechte dürfte ohnehin nicht mehr allein für „das“ Lizenzvertragsrecht gelten. Zunehmend werden auch Regelungsinhalte von den Parteien berücksichtigt, die mit der Ausübung des jeweiligen Schutzrechts kaum noch, mitunter auch keine Verbindung mehr aufweisen. Daher wird inzwischen für eine Neuorientierung in der rechtlichen Erfassung von Verträgen über technische Innovationen plädiert, die einerseits den funktionalen Besonderheiten der praktizierten Rechtsgeschäfte, andererseits aber auch der wachsenden Dynamik der Rechtsentwicklung gerecht wird.[11] Der vorliegende Band unternimmt den Versuch, diese Dynamiken mit einer systematischen Erfassung der praktizierten Vertragsformen, den sich stellenden rechtlichen Fragen unter Berücksichtigung der kartell-, bilanz- und steuerrechtlichen Einflussfaktoren zu erfassen. Zahlreiche Vertrags- und Formularbeispiele sollen den Rechtsanwender dabei helfen, sich in diesem komplexen Bereich des Patentvertragsrechts zurecht zu finden.

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