Читать книгу Endometriose - Die unterschätzte Krankheit - Sylvia Mechsner - Страница 22
Die Gebärmutter – ein Muskel, der Höchstleistungen vollbringt
ОглавлениеBestechend ist die Überlegung, die Prof. Dr. Gerhard Leyendecker 2019 publizierte, nach der Gebärmütter mit starkem Muskelkontraktionsvermögen durchaus Vorteile haben können, die sich über die Jahrtausende evolutionsbedingt durchgesetzt haben.
Die Gebärmutter ist ein ganz besonderes Hohlorgan: ein Muskel, der autonom, das heißt unabhängig von unserem Bewusstsein, arbeitet – wie auch unser Herz oder die Darmmuskulatur. Die Funktionen dieses Wunderorgans sind wahrscheinlich viel differenzierter, wenngleich vieles noch im Dunkeln liegt.
Fakt ist, die Gebärmutter muss in verschiedenen Lebensphasen ganz unterschiedlich funktionieren: Zur Zeit der Abbruchblutung müssen die Zellreste der Gebärmutterschleimhaut raus aus der Gebärmutter (Menstruation), zur Zeit des Eisprungs müssen die Spermien rein, und zwar genau in den Eileiter, in dem das befruchtungsfähige Ei wartet (gerichteter Spermientransport), zur Zeit einer Schwangerschaft muss die Gebärmutter ruhig sein, um die Schwangerschaft ungestört auszutragen. Jetzt heißt es, bloß nicht hysterisch werden und vorzeitige Wehen provozieren. Und dann das große Finale: die Geburt. Das Kind muss raus, deshalb sind jetzt heftigste Muskelkontraktionen (Wehen) zu vollführen – oft über Stunden. Ist das vollbracht, müssen die offenen Gefäße, die nach der Ablösung des Mutterkuchens zurückgeblieben sind, ebenfalls mittels Muskelkraft verschlossen werden.
Dies alles schafft die Gebärmutter, weil sie unterschiedliche Muskelanteile hat: zum einen die Archimetra, die aus Endometrium und angrenzendem Myometrium besteht. Sie macht kleinste subtile Bewegungen, die wir eigentlich nicht spüren sollten. Betrachtet man die Gebärmutter im Ultraschall über längere Zeit, kann man bei manchen Frauen peristaltische Wellen beobachten. Zum anderen die Neometra, die dickere Muskelschicht drum herum, die für die Wehentätigkeit verantwortlich ist. Diese findet sich nur bei höher entwickelten Primaten in der Gebärmutter.