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Die Lehren aus dem Prozess

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Der NSU-Prozess hat gezeigt, dass Hass und Gewalt nicht auf die Terrorzelle aus Zwickau beschränkt sind. Wer den NSU-Prozess verfolgt hat, der wundert sich nicht mehr darüber, wie viele »besorgte Bürger« während der Flüchtlingskrise in Clausnitz, Freital und Dresden aufmarschierten, randalierten, einen Bus mit Flüchtlingen umstellten und in Dresden bei der Einheitsfeier den Bundespräsidenten niedergrölten oder kleine Galgen für Kanzlerin Merkel herumtrugen. Der Hass, aus dem die NSU-Morde verübt wurden, ist eingedrungen in die Gesellschaft.

Als der NSU nach zehn Morden, drei Sprengstoffattentaten und 15 Raubüberfällen im November 2011 aufgeflogen war, beschwichtigten etliche Sicherheitsverantwortliche: So eine Terrorserie könne sich in Deutschland nicht wiederholen. Nach diesem Prozess ist klar: Dafür gibt es keine Garantie.

Längst sind neue rechtsradikale Täter aufgetreten. Egal, ob in Salzhemmendorf bei Hannover bis dahin unbescholtene Bürger eine Whatsapp-Gruppe namens »Garage Hakenkreuz« gründeten und dann Molotowcocktails in das Kinderzimmer einer Flüchtlingsfamilie warfen. Egal, ob in Freital in Sachsen sich Busfahrer und Handwerker zu einer Kampfgruppe gegen linke Politiker, Bürgerrechtlerinnen und Flüchtlinge zusammenrotteten – direkt gegenüber der Polizeiwache. Egal, ob Rechtsradikale in einer »Oldschool Society« genannten Terrortruppe Attentate planten. Überall sind ähnliche Denkmuster, Strukturen, Unterstützernetzwerke zu finden wie man sie beim NSU beobachten konnte.

Im NSU-Prozess war die Ursuppe all dieser Ressentiments, dieser Geheimbündelei, dieser sich gegenseitig aufhetzenden Rassisten zu finden – genauso wie die Prototypen der wegschauenden, versagenden Staatsvertreter. In den Protokollen kann nun jede und jeder nachlesen, wie der O-Ton Rechts sich anhört. Mit welchen Worten, welchen Argumenten sich Staatsschützer herauswinden und Terror-Helfer und -Unterstützerinnen abwiegeln. Auch diesen Blick auf die Realität will dieses Werk bieten.

Der Prozess hat gezeigt, dass es eben nicht gereicht hat, wegzusehen, damit rechte Umtriebe verschwinden. Sondern, dass Rechtsradikale durch Verharmlosung stark gemacht wurden und sich sogar stillschweigend unterstützt fühlten, weil ihnen niemand entschlossen entgegentrat. Aus dieser Erkenntnis kann die Gesellschaft Lehren ziehen – für die Gegenwart und für die Zukunft.

ANNETTE RAMELSBERGER

WIEBKE RAMM

TANJEV SCHULTZ

RAINER STADLER

Der NSU Prozess

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