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1. Beschlüsse der G 20

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Die G 20 haben insbesondere in ihrer Gipfelerklärung vom November 2008 und den Erklärungen zu den folgenden Gipfeln 2009 bis 2014 Ziele für die grundlegende Überarbeitung und Verbesserung der bis dahin bestehenden Finanzmarktregulierung formuliert.592 Dies geschah auf Grundlage der in der Erklärung vom November 2008 geteilten Auffassung zwischen den Gipfelteilnehmern, dass:

„Marktprinzipien, offenes Handels- und Investitionssysteme sowie wirksam regulierte Finanzmärkte die Dynamik, die Innovation und das Unternehmertum fördern, welche für Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Armutsbekämpfung essentiell sind.“593

In Bezug auf die krisenbedingten Entwicklungen auf den Finanzmärkten führten die Gipfelteilnehmer weiter aus, dass:

„die Marktteilnehmer hohe Erträge ohne adäquate Einschätzung der Risiken gesucht und es unterlassen hatten, eine geeignete Sorgfalt walten zu lassen. Mit einem Mal kamen schwache Standards für die Risikozeichnung, einem unzuverlässigen Risikomanagement, immer komplexeren und undurchsichtigen Finanzprodukten und daraus folgender übermäßiger Hebelung zusammen, wodurch das System als solches anfällig wurde. Politik, Regulierer und Aufsicht in einigen entwickelten Staaten erfassten und adressierten die sich aufbauenden Risiken in den Finanzmärkten nicht in geeigneter Weise, hielten mit Finanzinnovationen (financial innovation) nicht hinreichend Schritt und beachteten nicht hinreichend die systemischen Auswirkungen von heimischen Aufsichtsmaßnahmen.“594

Aus diesen Aussagen lassen sich die zentralen Ziele der Finanzmarktregulierung ableiten, nämlich der Schutz gegen Risiken und Praktiken, welche zu einer umfassenden Systemgefährdung führen können, zudem eine die aktuellen Marktentwicklungen erfassende und ihrerseits nicht systemschädigende Aufsicht. Im weiteren Verlauf der Gipfelerklärung wird präzisiert, in welcher Richtung die Finanzaufsicht angesichts der festgestellten Defizite weiter zu entwickeln ist.

Im Einzelnen soll die durch die Gipfelteilnehmer zu gewährleistende Aufsicht:

 • erstens für Finanzmarktstabilität sorgen, und davon abgeleitet Transparenz und Rechenschaftspflichten (= Anlegerschutz), einen schlüssigen Ordnungsrahmen und die Integrität des Handels auf den Finanzmärkten gewährleisten.

 • zweitens so strukturiert sein, dass sie aktuelle Marktentwicklungen erfasst und nicht ihrerseits systemschädigend wirkt. Daraus leitet sich eine Pflicht zu internationaler Kooperation und zur Reform internationaler (Finanz-)Institutionen ab.595

Zuletzt ist die Aufsicht drittens kein Selbstzweck, sondern dient dazu sicherzustellen, dass sich die Gesamtwirtschaft weiter frei und unverfälscht entwickeln kann.596 Hierauf ist später zurückzukommen.

In einem an die Gipfelerklärung angehängten Aktionsplan werden die genannten Einzelziele noch (etwas) näher konkretisiert.597 Zur Weiterentwicklung eines schlüssigen Ordnungsrahmens wird gefordert, die Regulierung solle kurzfristig prozyklischen Entwicklungen entgegenwirken. Auf mittlere Sicht solle die Finanzmarktregulierung überprüft werden, vor allem in Hinblick auf Institutionen, Instrumente und Märkte, die bis dahin unreguliert waren.598 Außerdem sollten umgehend Maßnahmen „zur Verringerung der systemischen Risiken durch CDS und Over-the-counter-Derivate“ getroffen und das Risikomanagement der Banken verbessert werden.599 Die Regulierung müsse:

„schnell auf Entwicklungen und Innovationen auf den Finanzmärkten oder bei Finanzprodukten reagieren“.600

Ferner sollten die Maßnahmen zur Förderung der Integrität auf den Finanzmärkten heimische und grenzüberschreitende Bedrohungen der Marktstabilität aufdecken, Märkte und Anleger schützen (insb. gegen Marktmanipulationen und Betrug) und das globale Finanzsystem gegenüber unkooperativen und intransparenten Rechtsordnungen sichern.601

In der Gipfelerklärung vom April 2009 wurden die volkswirtschaftlichen Ziele hinsichtlich der Reform der Finanzmarktregulierung genauer festgelegt. Danach sollte das Finanzsystem in die Lage versetzt werden, die Kreditvergabe wiederaufzunehmen, die Finanzregulierung sollte zur Erhöhung des Vertrauens gestärkt und weltweit abgestimmt werden und die Finanzinstitutionen sollten hinreichend kapitalisiert und reformiert werden, um die herrschende Krise zu überwinden.602 Durch die seit dem Vorjahr in Angriff genommenen und zusätzlich vereinbarte Maßnahmen sollten Verbraucher und Anleger geschützt und Marktdisziplin sichergestellt werden; außerdem sollten negative Auswirkungen auf andere Staaten vermieden, Regulierungsarbitrage verhindert und Dynamik und Wettbewerb gestärkt werden.603 Auch in diesem Zusammenhang wurde betont, dass Risiken kontrolliert werden sollten und dass die Regulierung mit den Innovationen im Markt Schritt halten müsse.604

In der Erklärung zu einem weiteren Gipfel im September 2009 wurde unter anderem das Prinzip formuliert, dass Standards für große Finanzinstitutionen den Kosten eines Verstoßes gegen diese Standards angemessen sein sollten.605 Zur Risikokontrolle sei ein Gleichgewicht von makro- und mikroprudentieller Regulierung zu finden.606 Hiermit wurde erstmals in einer Gipfelerklärung der G 20 ausdrücklich zwischen makro- und mikroprudentieller Regulierung unterschieden. Die übrigen Erklärungen zu diesem Gipfel wiederholten die bisherigen Regelungsziele und definierten genauer als bisher die getroffenen bzw. noch zu treffenden Maßnahmen.607

Die Regulierungsagenda wurde in zwei weiteren Gipfelerklärungen im Jahr 2010 weiterentwickelt.608 In der Gipfelerklärung vom November 2011 wurde erstmals zwischen systemische Gefahren durch Banken bzw. Versicherungen, durch Schattenbanken und durch Marktaktivitäten unterschieden.609 Mit der Zeit verschob sich der Regulierungsfokus allerdings auf geldpolitische und makroökonomische Fragen.610 Die weiteren Gipfelerklärungen führten die bisherige Regulierungsagenda fort, ohne die bisherige Zielsetzung zu verändern.611 Dabei betonen die Gipfelerklärungen ab 2011 hauptsächlich das Ziel der Finanzmarktstabilität und der Bekämpfung der Ansammlung und Verlagerung von Risiken (insb. über OTC-Derivate). Zugrunde liegt offenbar die Einschätzung, dass die Weiterentwicklung der Regulierung insofern eine bleibende Herausforderung darstellt.

Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente

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