Читать книгу Umwege zu R. - Ulf Häusler - Страница 25

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13. Kapitel

Die Besprechung im zypriotischen Ministerium war sehr gut verlaufen. Obwohl Fietje nicht so recht bei der Sache war. Prof. Mertens hatte zwischendurch überlegt, ob er sich über ‚den Bengel‘ ärgern sollte, weil der dabeigesessen hatte, als wenn er gar nicht dabei wäre. Immerhin – die Niederschrift, die er am Nachmittag auf seinem Laptop gefertigt hatte, war fast brauchbar. Aber eben nur fast.

„Hast Du geschlafen, als ich mit dem Minister verhandelte?“

Leicht gereizt antwortete Fietje:

„Nö. Wieso?“

„Weil Du etwas sehr Wichtiges vergessen hast. Oder wolltest Du noch nachtragen, dass wir in 4 Wochen die Software liefern müssen und obendrein noch so, dass sie mit dem wohl leicht angestaubten Computer-System der Regierung kompatibel ist.“

„Ach so – das.“

„Sag mal, was ist eigentlich los mit Dir?“

„Nichts, Chef. Was soll schon los sein?“

„Das frage ich Dich grade. Und nun pass mal gut auf. Wir haben noch drei Stunden bis Frankfurt. Und die nutzen wir wie folgt: Zunächst überlegen wir, wie wir das alles in den 4 Wochen hinbekommen und dann bin ich bereit, mit Dir über Dein Problem zu reden. Ok?“

„Hab kein Problem.“

„Werden wir ja sehen. Ich sag Dir dann, wo Du Dein Problem hast. Also, wie gehen wir den Regierungsauftrag an?“

„Die Software haben wir ja im Prinzip. Und die Anpassung an deren System – also die Schnittstelle sollte eigentlich hinzubekommen sein.“

„Denke ich auch. Aber einer muss da ja ran. Und wer fällt Dir

da ein?“

„Eigentlich nur einer.“

„Nun red schon. Bin gespannt, ob wir an die gleiche Mannschaft denken.“

„Ich meine, in der Zeit schafft das nur Herbie mit seiner Truppe.“

„Meinst Du Heribert Klause?“

„Genau den. Der hat das Knowhow und hat eine prima Mannschaft beieinander. Und ich kann ja immer mal schauen.“

„Und wie bekommen wir das alles dann noch in griechischer Sprache hin?“

„Oh. Das ist schwierig.“

„Also hast Du in der Sitzung doch halb gepennt. Das war nämlich eine der Bedingungen des Ministers.“

„Geht’s nicht auch auf Englisch? Wäre sehr viel einfacher.“

„Hörst Du mir nicht zu?“

Schweigen.

„Ich wüsste da vielleicht was, Chef.“

„Und?“

„Ich kenn da eine. Die ist ein Computer-Freak und spricht fast perfekt griechisch.“

„Eine von Deinen Tussis?“

„Wollte schon was mit der anfangen. Aber die wollte nicht.“

„Das spricht sehr für die junge Dame. Ich nehme wenigstens an, dass sie jung ist. Und immerhin scheint es ja nicht die zu sein, deren Slip ich in meinem Auto fand. Und Du meinst, die könnte uns helfen?“

„Glaube schon. Kann ja mal mit ihr reden.“ Auf die Sache mit dem Slip ging er jetzt lieber nicht ein.

„Also warst Du doch mit ihr zusammen, oder wie willst Du an sie herankommen?“

„Hab noch von damals ihre Telefon-Nummer.“

„Und Du meinst, die springt gleich, wenn ihr abgelehnter Verehrer sich räuspert.“

„Glaube schon. Ist eine Deutsche, aber die Mutter ist Griechin. Und der Familie geht es wohl materiell nicht gerade rosig. Wenn die was dazu verdienen kann, ist sie sicher recht happy.“

„Und was hat sie noch für Fähigkeiten, außer dass sie Dir den Kopf verdrehen kann?“

„Chef, das ist nicht so eine. Die spricht griechisch, englisch, spanisch und italienisch. Arbeitet als Dolmetscherin, hat aber keinen festen Job. Damals wenigstens nicht.“

„Also ruf sie morgen an, sie soll übermorgen um 10 bei mir im Büro aufkreuzen. Und wenn das nichts wird – hast Du auch noch einen Plan ‚B‘?“

„Nö. Brauchen wir nicht. Die macht das. Bin ich mir ziemlich sicher.“

„Und wenn nicht?“

„Dann müssen wir uns mit einem der Dolmetscher-Büros in Verbindung setzen. Also wegen Sprache wird der Auftrag nicht scheitern.“

„Das heißt ‚wegen der Sprache‘ oder ‚an der Sprache‘. Wo hast Du denn Deutsch gelernt.“

„Auf der Penne. Im Odenwald. Machen Sie grade auf Bildungsprotz?“

„Werd nicht schon wieder frech. Sonst kannst Du nach hinten in die Economy-Class gehen. Aber da ist heute kein schwarzer Deibel wie auf dem Hinflug.“

„Die ist kein schwarzer Deibel sondern eine tolle Frau.“

„Womit wir wieder beim Thema wären. Und hast Du Dir schon was überlegt, wie Du sie in Deine Koje kriegst?“

Fietjes Miene verdüsterte sich gewaltig.

„Sie, Chef, ich will die nicht ins Bett haben, sondern ich will sie nur kennen lernen.“

„Oh – das sind ja ganz neue Töne beim Herrn Petersen. Also hat es Dich so richtig schön erwischt.“

„Und was mach ich nun?“ Fietje klang jetzt arg deprimiert. Auf irgendwelchen Widerspruch verzichtete er – seinem Chef konnte er ohnehin nichts vormachen.

„Ich weiß nicht, wie sie heißt, hab keine Telefon-Nummer, ich weiß nicht, wo sie wohnt, und hab keine Ahnung, wie ich an sie rankommen könnte. Wie haben Sie eigentlich Ihre Frau kennen gelernt?“

„Als Schüler. Ich war kurz vor dem Abi und sie drei Klassen unter mir.“

„Da hatte ja noch der Staatsanwalt den Daumen vor.“

„Damit Du beruhigt bist – ich wollte damals noch gar nicht mit ihr ins Bett. Das war zu meiner Zeit ohnehin nicht üblich.“

„Aber sie haben doch nicht gewartet, bis sie verheiratet waren.“

„Das geht Dich – mit Verlaub gesagt – absolut nichts an.“

„Dann haben Sie also auch so nebenher noch ein paar abgeschleppt.“

„Nein, habe ich nicht. An anderen Frauen hatte ich nie Interesse. Klingt altmodisch für Dich, was?“

„Also so viel monogam ist verdammt monoton.“

„Deine Meinung. Meine nicht. Warum Werbungskosten produzieren, wenn man doch alles hat, was man möchte? Warum unterwegs Geld für Dinge ausgeben, die man zu Hause umsonst haben kann?“

„Wenn ich die aus dem Flugzeug haben könnte, würde ich auch treu sein.“

„So schlimm?“

„Schlimmer. Vor allem, weil ich nichts weiß über sie und wie ich sie wo und wann wiedersehen könnte.“

„Und wenn ich was wüsste?“

„Sie wollen mich ja nur beruhigen.“

„Wir erzählen es Irmi Hermann. Die weiß Rat. Frauen sind da viel erfinderischer als wir Männer.“

„Bloß nicht.“

„Du kommst doch aber gut klar mit ihr.“

„Ja schon Aber doch nicht mit so etwas. Bitte, sagen Sie ihr nichts.“

„Wenn Du meinst. Aber spätestens in einer Woche wirst Du es ihr selbst alles erzählen.“

„Warum sollte ich?“

„Weil sie merkt, dass Du anders bist. Und dann wird sie Dich löchern. Und Du wirst inzwischen so verzweifelt sein, dass Du ihr liebend gern Dein Herz ausschütten wirst. Und wenn nicht, ist es Dir mit Deiner ‚Dulcinea‘ auch nicht so ernst.“

„Und ob es mir ernst ist.“

„Dann wirst Du beichten. Wetten, dass ich recht habe?“

„Die Wette gilt. Um was wetten wir?“

„Wenn ich gewinne, lädst Du Frau Hermann und meine Frau und mich zu Eurer Hochzeit ein, wenn Du gewinnst, bekommst Du 3 Flaschen Champus von mir. So und nun Schluss der Debatte – ich muss ein wenig schlafen.“

Prof. Mertens sollte sich irren. Es dauerte nur vier Tage.

„Was ist denn mit unserm Fietje los, Ewald? Der ist so anders, seitdem Ihr aus Nicosia zurück seid. Habt Ihr Euch da gezankt?“ Irmi Hermann hatte es natürlich sofort bemerkt. Denn ‚der Junge‘ arbeitete jetzt abends plötzlich länger und war morgens immer ausgeschlafen – offenbar hatte er momentan nichts mit irgendwelchen Mädchen zu tun.

„Gezankt haben wir uns nicht. Aber dass er anders ist, hast Du richtig bemerkt. Habe ihm aber versprechen müssen, nichts zu sagen. Wann kommt diese griechische Dolmetscherin?“

Die ist schon da. Ist bei Fietje im Zimmer.“

„Hol sie her. Aber ohne Fietje.“

Elena Heilmann erwies sich als ausgesprochen nette, sehr gut aussehende und vor allem kompetente junge Frau, die es sich durchaus zutraute, in dem anstehenden Projekt mitzuarbeiten. „Wenn ich nicht von IT so viel Ahnung hätte, würde ich passen, Herr Professor Mertens. Aber so würde ich mir den Job durchaus zutrauen.“

Mertens gab ihr folglich den Job – sie würde für die 4 Wochen 8.000 Euro erhalten. Und wenn sie das gut hinbekomme, würde er sie auch fest anstellen für 5.000 Euro monatlich. Ob sie Interesse habe.

Die Antwort erübrigte sich fast, denn sie strahlte so sehr, dass Mertens ein wenig schmunzeln musste.

„Herr Petersen, mein Assistent, wird sie einweisen und dann mit Ihnen zu Herrn Klause gehen – er ist der Projektleiter. Ein ziemlich schweigsamer Mann, aber Sie werden schon mit ihm zurechtkommen. “

Eine Stunde später fuhr Mertens zum Mittagessen zu seinem Rotary-Club, für Frau Hermann die Gelegenheit, Fietje zu sich zu bitten.

„So, nun mal Butter bei die Fische – so sagt man doch in Ostfriesland. Was ist los mit Dir? Seit Nicosia bist Du völlig anders. Was mir überhaupt nicht gefällt. Und aus dem Chef ist auch nichts rauszubekommen.“

„Ach Frau Hermann…“

„Das ist keine Antwort auf meine Frage. Los, Hosen runter.“

„Ach Frau Hermann… “

„Du wiederholst Dich.“

Fietje sagte erst einmal gar nichts, Wurde aber immer ernster. Und dann sprudelte er förmlich los, erzählte Irmi Hermann die ganze Geschichte.

Irmi Hermann war eine sehr gute Zuhörerin, sie unterbrach Fietjes Redefluss nicht, fragte höchstens mal an der einen oder anderen Stelle nach. Als Fietje fertig war, sah es fast so aus, als ob er gleich heulen würde.

„So schlimm? Ach Junge, komm mal her.“

Es war das erste Mal, dass sie ihn in den Arm nahm, aber es tat ihm unheimlich gut. Und komischerweise war es ihm kein bisschen peinlich.

„So, nun brauchen wir einen Plan, Denn wenn ich das alles richtig kapiert habe, ist es Dir mit dem Mädchen richtig ernst?“

„Hm.“ Fietje mochte noch nicht wieder sprechen, er musste erst seine Rührung verdauen.

„Wir müssen also Namen, Anschrift und Telefon-Nummer herausbekommen. Mindestens eins von den Dreien, am besten aber alles.“

„Das schaffen Sie doch auch nicht.“

„Doch. Ich weiß nämlich auch schon wie.“

„Nämlich?“

„Ich ruf meine Kollegin bei der LH an. Die wird mir sicher etwas verraten.“

„Darf ich da zuhören?“

„Darfst Du. Aber keinen Mucks will ich hören. Weißt Du noch Eure Flug-Nummer?“

Verena Schultheiss hieß ihre Kollegin.

„Guten Tag Frau Hermann – wie geht es Ihnen. Will Ihr Chef den meinen sprechen? Das geht schlecht, der ist diese Woche noch auf einer Konferenz in Djakarta.“

„Danke mir geht’s gut und Ihnen hoffentlich auch. Und heute wollen wir nicht unsere Chefs verbinden, sondern ich wollte mit Ihnen sprechen.“

„Gerne, liebe Kollegin, worum geht es denn? Was kann ich für Sie tun?“

Irmi Hermann berichtete. Aber nur das Wesentliche. Dass Herr Petersen sich auf dem Flug gegenüber der Chefstewardess schlecht benommen habe und er sich bei ihr entschuldigen wolle. Und da brauche man Namen. Telefon-Nummer und möglichst auch die Anschrift. Wegen eines Blumenstraußes.

„Oh je, Frau Hermann – nichts davon darf ich Ihnen eigentlich sagen, Wegen des Datenschutzes. Aber ich denke mal nach und rufe Sie in 5 Minuten zurück?“

Fast pünktlich nach 10 Minuten war Frau Schultheiss am Telefon.

„So Frau Hermann. Also, dass die Kabinenchefin Nephele Mantalos heißt, weiß Herr Petersen ja schon, das hatte er ja auf ihrer Codekarte gelesen. Und dass sie in Neu-Isenburg in der Friedrichstraße 40 wohnt, hat er ja über das Einwohnermeldeamt herausbekommen. Insoweit habe ich jetzt auch nicht gegen den Datenschutz verstoßen. Mit der Telefon-Nummer ist es etwas schwierig – ich habe hier nur eine zypriotische Handy-Nummer vorliegen. Und ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, dass sie 00357 9901085 lautet und noch eine Ziffer hinten dran hat. Meinen Sie, das hilft ihm jetzt so weiter?“

Hermine Hermann hörte ihre Kollegin am andern Ende lachen.

„Sie sind ein Schatz, Frau Schultheiss. Wenn ihm das nicht weiterhilft, will er sich wohl gar nicht entschuldigen. Aber ich glaube, er will.“

„Na prima, Frau Hermann, dann bis zum nächsten Mal.“

„Tausend Dank Frau Schultheiss.“

Fietje strahlte über das Ergebnis und war auf einmal so gerührt, dass er sich eine Träne wegwischen musste, was Irmi Hermann natürlich bemerkte.

„Ach Junge, ist’s so schlimm? So verliebt?“

„Ist doch nichts Schlimmes, wenn man sich verliebt hat – oder?“

Frau Hermann lächelte ihn an:

„Es ist sogar verdammt schön – aber erst, wenn man umgekehrt auch geliebt wird. Und da hast Du, glaube ich, noch ein ganz schönes Stück Arbeit vor Dir.“

„Das ist doch keine Arbeit…“

Umwege zu R.

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