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Euphemismus

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Oft werden die Wörter »Musikpädagogik« und »Musikpädagoge« euphemistisch aufgefasst. »Staatlich geprüfter Musikpädagoge« las man früher häufig und liest man heute noch gelegentlich als Berufsbezeichnung von Musiklehrenden, die Instrumental- oder Gesangsunterricht geben.

Zur Ablegung der staatlichen Musiklehrerprüfung führte bis in die 1980er Jahre ein sechssemestriges Studium mit einem sehr begrenzten Fächerkanon – kein Vergleich mit den nachfolgenden inhaltlich breit aufgestellten Diplom- und den heute etablierten Bachelor- und Masterstudiengängen. Deren Absolventen sind künstlerisch und pädagogisch hoch qualifiziert und verfügen auch über einige wissenschaftliche Fähigkeiten.

Und doch hat sich in weiten Kreisen eine Sichtweise gehalten, der gemäß »Musikpädagoge« prätentiös und hochfahrend klingt: ein großes Wort für eine bescheidene Tätigkeit, die letztlich darin besteht, Kindern ein paar Musikstücke auf einem Instrument beizubringen … Selbst nach Aussagen vieler Absolventen ist der fachliche Anspruch ihrer beruflichen musikpädagogischen Tätigkeiten oft eher bescheiden. Er stimmt häufig nicht überein mit dem hohen Bild von musikpädagogischem Wirken, das der Hochschulausbildung zugrunde liegt und in ihr vermittelt wird. In der Berufspraxis mutiert »Musikpädagogik« de facto oft zu Bespaßung, Beschäftigungstherapie, Ausgleich häuslicher Erziehungsmängel, Lebensberatung, Persönlichkeitsstärkung. Durch Abstriche an musikalischen Qualitätsansprüchen verliert die Musik an Bedeutung; in vielen Unterrichtsstunden kommt sie nur in Schrumpfformen vor. Vielleicht wäre es zutreffender, von Persönlichkeitsförderung mit musikalischen Elementen zu sprechen. In der Beschäftigung mit einfachen, von Schülern bevorzugten Musikstücken und Übungen gewinnt der Unterricht vielfach vor allem individual- und sozialpädagogische sowie erzieherische Funktionen. Im Blick auf eine solche Praxis wirkt der Begriff »Musikpädagogik« mit seinen hohen Ansprüchen beschönigend und verschleiernd.

Zur Klarheit: Ich gebe mit diesen Bemerkungen nicht meine persönliche Auffassung von der Bedeutung musikpädagogischer Berufspraxis wieder. Es geht mir darum, einer Verdrängung von alltäglich begegnenden Sichtweisen und Erfahrungen entgegenzuwirken. Oft werden diese versteckt, mitunter auch offen geäußert. Einflussreich sind sie allemal.

Instrumentalpädagogik in Studium und Beruf

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