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Verschwimmende Konturen

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Eine andere Ambivalenz im Gebrauch des Worts »Musikpädagogik« betrifft das Ausmaß seiner möglichen Bedeutungen. Bisweilen wird das Wort so weit gefasst, dass fachliche Konturen verschwimmen. Zunächst steht es für ein Fachgebiet sowie für das Unterrichten von Musik in verschiedenen Arten, Formen und Institutionen, insbesondere für Praxen des schulischen Musikunterrichts und des Instrumental- und Vokalunterrichts. Darüber hinaus begegnet die Vorstellung, dass letztendlich alle musikalischen Aktivitäten »musikpädagogisch« seien. In der Tat fungieren Pädagogen als Vermittler von etwas. Und da Musik selbst in ihrer jeweiligen Klanglichkeit stets Botschaften vermittelt, da Musizieren ein gestaltendes Vermitteln dieser Botschaften ist und da auch Musikwissenschaft letztlich nichts anderes als Aufgaben der Vermittlung von Musik wahrnimmt, sind eigentlich alle Arten musikbezogenen Handelns und sogar die Musik selbst zumindest auch pädagogisch. Nach dieser Sichtweise wäre Musikpädagogik dann nicht ein Untergebiet der Systematischen Musikwissenschaft, sondern vielmehr der Oberbegriff, der auch Musikwissenschaft unter sich hat: »jeder, der sich (wie auch immer) mit Musik beschäftigt und die Ergebnisse dieser Beschäftigung an andere Menschen (welche auch immer) vermittelt, ist Musikpädagoge«. (Eggebrecht 1994/1998, S. 132) Diesem radikal ausgeweiteten Verständnis von Musikpädagogik korrespondiert die in musikpädagogischer Theorie und Praxis zu beobachtende Tendenz, weit über die (freilich schwer bestimmbaren) Fachgrenzen hinaus alle möglichen Wissenschaften und Diskurse aufzugreifen und sich ihrer zu bedienen. Claus-Steffen Mahnkopf attackiert diese Tendenz und sieht ihre Ursache in der labilen Identität des Fachgebiets: »Die Musikpädagogik nimmt für sich in Anspruch, für alles und jedes, buchstäblich für die Welt und den lieben Gott sprechen zu sollen, hemmungslos usurpiert sie das Philosophische als Kompensation dafür, dass sie kein eigenständiges Fach ist.« (Mahnkopf 2006, S. 235) In der Tat findet sich besonders in musikpädagogischer Literatur eine große Offenheit gegenüber vielen Fachgebieten, ein beherztes Adaptieren aktueller Diskurse und ein gewisses Dilettieren in den Fahrwassern diverser Wissenschaften. Das macht Musikpädagogik interessant und vielseitig, gelegentlich aber auch modisch und unseriös.

Instrumentalpädagogik in Studium und Beruf

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