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Oszillierende Sichtweisen
ОглавлениеSichtweisen auf Musikpädagogik oszillieren, wie bereits angedeutet, zwischen Kunst, Pädagogik und Wissenschaft. Musik ist eine Kunst. In der Verbindung der Wörter »Musik« und »Pädagogik« entsteht ein Begriff, dessen Ausrichtung offenbleibt. Außerhalb des Fachs, aber auch fachintern kommt es zu unterschiedlichen Vorstellungen darüber, ob und wie weit Musikpädagogik mehr dem Bereich von Kunst, Pädagogik oder von Wissenschaft zugehört. Laien gilt Musikpädagogik in der Regel wohl vor allem als ein künstlerisch-pädagogisches Arbeitsgebiet; dass sie auch eine Wissenschaft ist, liegt ihrer Vorstellung ferner. Im Blick auf das Verhältnis von Kunst und Pädagogik kommt komplizierend hinzu, dass Pädagogik selbst als Kunst (als Kunst der Erziehung) verstanden werden kann und dass Musik, wie angedeutet, in sich selbst bereits »Vermittlung«, also pädagogisch wirksam ist.
Kunst, Pädagogik und Wissenschaft hängen nicht nur im Bereich Musikpädagogik vielfältig miteinander zusammen. Jede der drei Disziplinen hat Beziehungen zu den jeweils anderen beiden: Kunst zu Pädagogik und zu Wissenschaft, Pädagogik zu Kunst und zu Wissenschaft, Wissenschaft zu Kunst und zu Pädagogik (auch wissenschaftliche Forschungen werden oft von künstlerischen Fantasien und Gedankenexperimenten angeregt, und auch Wissenschaft bedarf der vermittelnden Darstellung, um verstanden zu werden). Wie solche Zusammenhänge im Alltagsverständnis des Worts »Musikpädagogik« jeweils mitschwingen, dürfte individuell recht unterschiedlich sein. Wer musikpädagogisch arbeitet, weiß in der Regel nicht, aus welchem Konglomerat der möglichen Komponenten sich das Vorverständnis seines Gegenübers formt – was also Schüler, Eltern, Kollegen, Politiker wie auch Freunde und Bekannte mit dem Begriff »Musikpädagogik« verbinden. Unterschwellig aber spürt man, was andere über das eigene Fach denken oder wie sie es halbbewusst auffassen. Diese Botschaften beeinflussen das persönliche fachliche Selbstgefühl. Umso wichtiger ist es für eine Selbstklärung und ein stabiles berufliches Selbstbewusstsein, die »Außensichten« wahrzunehmen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und sich ihnen gegenüber zu positionieren. So kann die (wohl nie an ein Ende gelangende) Arbeit an der eigenen fachlichen Identität vorankommen.