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Unverschämtes Glück

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Gleich am nächsten Tag erkundeten wir das Objekt. »Puh, was mieft denn hier so?« Anja rümpfte die Nase und zog die Mundwinkel nach unten. Die alten Lehmecken im Wohnbereich waren porös und ausgeschwemmt. Und auch sonst war die Bausubstanz in ziemlich desolatem Zustand.

»Könnte der Schimmel sein«, erwiderte ich und zeigte auf die dunklen, feuchten Flecken an den Wänden. Einen besseren Eindruck machte die in einen Hang hiner dem Haus gebaute Scheune, die so kolossal hoch war, dass sie alle umliegenen Mansbacher Gebäude wie eine hölzerne Festung überragte.

»Also, genügend Platz hätten wir hier.« Ich musste grinsen. Der Bauer, dem sie einst gehörte, musste wohl Hunderte Milchkühe besessen oder einen Anflug von Größenwahn gehabt haben, als er sie damals aus dem Boden stampfte.

Unser Gespräch mit den Besitzern war dann viel unkomplizierter als erwartet. Als wir sie endlich ausfindig gemacht und ein wenig Überzeugungsarbeit geleistet hatten, erlaubten sie uns ohne Umstände, den ehemaligen Kuhstall und den daor liegenden, denkmalgeschützten Hof für unsere Zwecke zu nutzen. »Ach, steht ja eh alles leer«, sagte die alte Dame mit mildem

Lächeln. Und auch versicherungsrechtliche Einwände, die man hätte vorbringen können, um missliebige Bittsteller möglichst schnell abuspeisen und wieder vor die Tür zu setzen, brachte das Ehepaar nicht vor.

»Ich glaube, die waren ganz froh, dass sich jeand überhaupt um das Anwesen kümmert«, sagte ich später zu Anja. »Abreißen darf man ja nicht, und eine Sanierung würde ein Heideneld kosten.« Sogar das Stroh, das oben auf der Tenne lagerte, und auch das viele saftige Gras auf der Streuobstwiese gleich nebenan durften wir kostenlos verwerten. Da würden sich unsee Pferden freuen!

Unser Triumph mit all den guten Nachrichten liegt nur wenige Tage zurück. Das Stroh von der Tenne würde sich perfekt als Einstreu eignen, dachten wir. So verteilten wir gleich gestern unbekümmert eine ordentliche Fuhre davon in Samson und Javas neuem Zuhause. Schließlich sollten die ersten Nächte in fremder Umgebung für sie so angenehm wie möglich werden.


Das alte Gehöft, das wir als Winterquartier für die Pferde nutzen durften, war ziemlich heruntergekommen.

Heute war es dann so weit, und unsere Pferde konnten in ihr neues Domizil umiehen – viel schneller, als wir uns das jemals erhofft hatten. Doch als ich Java über die Streuobstwiese führen wollte, keilte sie plötzlich wie ein Rodeopferd nach hinten aus und schoss los. Was hatte sie so erschreckt?

»Ich ärgerte mich in diesem Moment so sehr über mich selbst, dass ich mir mit der Hand auf die Stirn schlug.«

Ich hatte keine Zeit, mich umzusehen, denn ihr Huf traf mich mit voller Wucht am Oberschenkel. Autsch! Zum Glück wurde mein Körper sofort von Adrenalin durchflutet, was mein Schmerzempfinen etwas dämpfte. Humpelnd, fluchend und auch ein wenig zitternd versuchte ich, die Stute wieder einzufangen. Anja verfolgte mit offenem Mund und Samson – zumindest er war einigermaßen ruhig geblieben – im Schlepptau das Geschehen.

Nach kurzem Hasch-mich-Spiel gab dann auch Java nach, und wir konnten beide Pferde in den ehemaligen Kuhstall bugsieren. Ich hatte die Nase voll für heute; ich wollte nur noch mein geschwollenes Bein hochlegen, mir ein Bier aufmachen und den missglückten Start in den Winter vergessen. Diesmal war ich es, der sich schmollend nach ein bisschen mehr Pferderomantik sehnte. Und dann kam auch noch meine Freundin angerannt und überbrachte die nächste Hiobsbotschaft.

Der Pferdeversteher

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