Читать книгу Verraten - Vanessa S. Kleinwächter - Страница 17
Zwölf
Оглавление„Jake! Wie schön, dass du dich auch noch hier blicken lässt!“, flötete Elster begeistert und wir hüpften ihm entgegen, um ihm um den Hals zu fallen. Elster war schneller. „Aber sicher doch!“, gab mein bester Freund mit einem zufriedenen Grinsen zurück. Sofort meldete sich mein schlechtes Gewissen wieder mit der Frage, ob wir den Anderen nicht sagen müssten, dass Jake nun bei Cabrysz tätig war. Aber Elster mit ihrer guten Laune ließ für dieses Gespräch gerade gar keinen Platz. Freudestrahlend und nichtsahnend fuhr sie fort: „Nana ist schon seit Beginn der Ferien hier, du hast uns gefehlt!“ Jake errötete, doch noch bevor er sich eine Antwort überlegen konnte, kam Gazelle hinzu. Freundschaftlich klopfte dieser Jake auf den Rücken: „Gut, dass du da bist!“ „Gut, hier zu sein!“ Jakes leuchtender Seelensplitter trieb mir ein freudiges Lächeln auf die Lippen. Die letzten Wochen waren schön gewesen, denn das Camp der Dhi Mal war und blieb einfach der einzige Ort außerhalb des Kullë Guri, an dem ich mich derzeit wirklich zu Hause fühlte. Aber dass Jake nun auch da war, vervollständigte das Bild. Als Gazelle von ihm abgelassen hatte, konnte auch ich Jake endlich umarmen, bevor er noch ein paar Hände schüttelte und schließlich von Elster sanft aus dem Willkommens-Trubel heraus Richtung Feuer geschoben wurde: „Komm mit, die Zwillinge haben gerade frisches Brot gebacken!“
„Erzähl! Wie geht‘s dir?“, fragte Gazelle schließlich und wandte sich Jake zu, der gerade versuchte, das letzte Stück wirklich köstlichen Brotes noch in seinen Magen zu bekommen. „Hervorragend! Auch, wenn die letzten Wochen echt stressig waren. Die Eingewöhnung an der Akademie war nicht so leicht - aber Cabrysz mag mich. Er kümmert sich echt gut um die Neuzugänge! Ganz anders als Haxxley…“ - Es war, als würde ein eisiger Windhauch einmal quer durch die am Feuer versammelte Gruppe fegen. Die Gespräche, die noch einen Augenblick zuvor um uns herum geführt worden waren, brachen abrupt ab. Alle Köpfe wandten sich uns zu, und damit meine ich wirklich jeden einzelnen. Jake und ich starrten betreten ins Feuer, legten wir doch beide nicht sonderlich viel Wert darauf, der Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit zu sein. Durch die Flammen konnte ich sehen, wie einige Dhi Mal von uns wegrückten. Eine Weile war es unangenehm still. Dann sprang eine Person, deren Namen ich nicht kannte, auf. „Was will der dann überhaupt noch hier?!“, schrie sie, als wäre Jake gar nicht selbst anwesend, und spuckte mit wutverzerrtem Gesicht auf den Boden. Ich seufzte. Die Angst vor genau so einer Reaktion war der Grund gewesen, dass ich mich nicht so recht getraut hatte, den Anderen von seinem Wechsel in die Stählerne Burg zu erzählen. Begeistert war ich davon zwar auch nicht – aber es war ja wohl möglich, das differenziert zu betrachten! Dass Jake die ihm gebotene Chance ergriffen hatte, das Kullë Guri zu verlassen und auf eine bekannte Eliteakademie zu gehen, machte ihn doch noch lange nicht zu einem überzeugten Anhänger des Cabrysz! Gerade, als ich beinahe den Mut gefasst hatte, etwas zu entgegen, sprang auch Jake auf. Für einen Moment dachte ich, er wollte sich auf die Person stürzen, die gesprochen hatte. Doch dann warf er dieser nur einen Blick zu, den ich nicht so recht deuten konnte, drehte sich um – und stürmte aus dem Camp. Ich stöhnte und wandte ich meinen Blick wieder den Flammen zu. Die Aufregung um mich herum machte es schwieriger als sonst, meine Gedanken zu sammeln und die telepathische Verbindung zu Jake zu finden. „Wo bist du? Soll ich nachkommen?“, fragte ich dann. „Nee. Ich brauche gerade einfach meine Ruhe.“ „Okay.“ Ratlos blieb ich sitzen, wo ich war, während von allen Seiten Diskussionsfetzen auf mich einprasselten.
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„Was für ein gequirlter Drachen-Dung!“, fluchte Gazelle und sprach damit aus, was wir alle dachten. Es war der Tag nach dem Vorfall im Camp der Dhi Mal und wir saßen am Marktplatz von Siguri zusammen: er, Jake, Elster, die Zwillinge Rochen und Zander, Nathan und ich. Der ungewöhnliche Umstand, dass einige Dhi Mal uns ins Dorf begleitet hatten, war darauf zurückzuführen, dass der Sturm in den Bergen sich noch immer nicht gelegt hatte. Ganz im Gegenteil: Fast die ganze Nacht hindurch war diskutiert worden - um nicht zu sagen heftig gestritten. Lange hatte es nicht gedauert, bis die Debatte zu einem Kreislauf der immer und immer wieder selben Argumente geworden war, zwischen denen ein Kompromiss völlig unmöglich schien. Konnte ein Mensch, der auf die Akademie des Cabrysz ging, noch ein Freund der Dhi Mal sein? War es fair, Jake vorzuwerfen, sich den Sachzwängen unserer Welt angepasst zu haben? Sollten wir uns nicht vielmehr freuen, dass er die Möglichkeit bekam, einen so weit anerkannten Abschluss zu machen - gerade, weil er einer von uns war? Hin und her und hin und her waren diese Fragen geschleudert worden wie Geschosse. Am Ende war mir von all dem Trubel so schwindelig im Kopf gewesen, dass ich mich ins Gästezelt zurück gezogen hatte. Aber die Problematik war natürlich geblieben.
„Wisst ihr was? Lasst uns einfach endlich mal über was Anderes reden. Eine Lösung finden wir doch gerade ohnehin nicht!“, durchbrach Jake die Stille, die Gazelles Ausbruch gefolgt war. Der Gedanke war unbefriedigend, doch wenn wir ehrlich waren, hatte er Recht. Wie sich die Situation im Camp der Dhi Mal weiterentwickeln würde, hing schließlich nicht allein von uns ab. Wir konnten also genauso gut erstmal abwarten, ob der andere Teil der Gruppe sich wieder beruhigte, bevor wir das weitere Vorgehen besprachen. „In Ordnung“, erwiderte Gazelle und fügte nachdrücklich hinzu: „Aus meiner Sicht bist du jedenfalls weiterhin immer bei uns willkommen!“ „Ganz genau!“, bekräftigte Elster, und auch Rochen und Zander nickten eifrig. Jake lächelte gerührt und zog uns alle in eine große Gruppenumarmung. „Danke!“