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Von der Ersten zur Zweiten Republik

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Am 21. Oktober 1918 konstituierten sich im Sitzungssaal des niederösterreichischen Landhauses in Wien die deutschen (d. h. deutschsprachigen) Abgeordneten des Abgeordnetenhauses des Reichsrates, des, neben dem Herrenhaus, zweiten Hauses des Parlaments der österreichischen Reichshälfte, als »Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich«. Am 30. Oktober nahm die Provisorische Nationalversammlung die von Karl Renner ausgearbeitete, den Anschluss an Deutschland proklamierende »provisorische Verfassung« (»Beschluss über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt«) an. Am 12. November verabschiedete sie das Gesetz, in dem Deutschösterreich als Republik konstituiert wurde, und erklärte gleichzeitig, dass die Republik Deutschösterreich ein Bestandteil der Deutschen Republik sei. Diese Beschlüsse konnten teilweise nicht umgesetzt werden, da der am 10. September 1919 unterzeichnete Friedensvertrag (»Staatsvertrag«) von Saint-Germain-en-Laye den Staatsnamen »Republik Österreich« festlegte und ein Verbot des »Anschlusses« an Deutschland aussprach. Die am 1. Oktober 1920 von der im Februar 1919 gewählten Konstituierenden Nationalversammlung der Republik Österreich beschlossene Verfassung sah eine starke Stellung des Parlaments gegenüber der Regierung vor, stärkte aber auch die Position der Länder gegenüber dem Bundesstaat.

Österreich war – sozusagen im ersten Versuch – nur 14 Jahre und ein paar Monate, von November 1918 bis Anfang März 1933, eine demokratische Republik. In der Präambel der oktroyierten »Maiverfassung 1934« (»Verfassung des Bundesstaates Österreich«) heißt es: »Im Namen Gottes, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage diese Verfassung.« Noch im Aufruf zu der geplanten Volksabstimmung am 13. März 1938 lautete die Parole: »Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich.«

Mit dem Gesetz über die »Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich« vom 13. März 1938 wurde der »Anschluss« Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich vollzogen. Seit dem 14. April 1938 war der ehemalige Staat Österreich in sieben Reichsgaue gegliedert. Statt »Österreich« bürgerte sich in der NS-Zeit zunächst der Begriff »Ostmark« ein. 1942 wurde jedoch verfügt, die Sammelbezeichnung »Reichsgaue der Ostmark« zu vermeiden und stattdessen die zusammenfassende Bezeichnung »Alpen- und Donau-Reichsgaue« zu verwenden.

1945, nach der militärischen Niederlage des Großdeutschen Reiches, kehrte die neu konstituierte Republik Österreich zum staats- und verfassungsrechtlichen Zustand des Jahres 1929 zurück (durch die Verfassungsnovelle des Jahres 1929 war die Position des Bundespräsidenten innerhalb des Institutionengefüges der Republik Österreich gestärkt worden). Die größte Änderung der österreichischen Bundesverfassung nach 1945 brachte der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995. Seither besitzt Österreich, so der österreichische Verfassungsrechtler Manfried Welan, eine Art »Doppelverfassung«, in der das Recht des »Quasi-Bundesstaates« EU im Konfliktfall eine Änderung des österreichischen Verfassungsrechts erzwingen kann. Ob der weitere Integrationsprozess der EU langfristig Auswirkungen auf den Österreichbegriff haben wird, lässt sich noch nicht absehen.

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