Читать книгу Der Henker von Rothenburg: Inquisiton in Rothenburg - Werner Diefenthal - Страница 23
Оглавление7. Kapitel
Die Sonne sank schon langsam, aber es war immer noch wunderbar warm draußen. Nikolaus von Brümme war den ganzen Tag durch die kleineren, umliegenden Gehöfte gezogen und hatte nach dem Rechten gesehen, Kranke versorgt und Medizin verteilt. Als er zurückkam, mit einem der Soldaten im Schlepptau, war er zufrieden. Schon von Weitem sah er die breite Gestalt des Henkers, der vor dem Haus in der Sonne saß. Marie und Lotte räumten die letzten Reste des Abendmahls von einem Tisch. Offenbar war im Freien gegessen worden. Lotte blieb in der Türfüllung stehen und sah ihm missbilligend entgegen.
»Du kommst zu spät zum Abendbrot, du Quacksalber! Auf meinem Hof gibt es so was nicht. Wer zu spät kommt, isst nicht.«
»Lotte …«
Marie klang halb amüsiert, halb tadelnd, und die Alte knurrte.
»Na gut, du hast Glück, Marie hat Einspruch eingelegt … wir haben euch etwas übrig gelassen!«
Von Brümme verbeugte sich überschwänglich.
»Zu gütig von Euch, Lotte. Der Herr wird es Euch vergelten.«
Lotte brummte nur, während Marie schon das Abendessen auftrug. Sie setzte sich neben ihren Mann. Der Chirurg und der Soldat machten sich hungrig über die deftigen Schinkenbrote her.
»Ihr seht gut gelaunt aus, Meister von Brümme«, stellte sie fest, aber der Chirurg hörte deutlich die Frage dahinter.
»Das bin ich«, erwiderte er. »Keine schlimmen Krankheiten und ich habe unterwegs alle Kräuter gefunden, die ich gesucht habe.
Maries Augen leuchteten auf.
»Zeigt Ihr mir, wie man die Medizin bereitet?«
Von Brümme nickte und wandte sich dann an Lotte, um ihr alles aufzuzählen, was er brauchte. Zusammen mit Marie beschaffte sie sämtliche Werkzeuge und blieb dann ebenfalls am Tisch sitzen - medizinische Kenntnisse konnte man schließlich nie genug haben!
Als sie dann alle gemeinsam den Erklärungen des Chirurgen lauschten und zusahen, wie er die Kräuter in eine Medizin verwandelte, von der Marie sich ein kleines Wunder erhoffte, wünschte die Blonde sich, Magdalena auch noch herholen und einfach hier bleiben zu können. Weit weg von all den Intrigen und Anfeindungen der Stadt, einfach glücklich und zufrieden.
Die beiden Wachmänner, die der Vogt ihnen mitgegeben hatten, schienen äußerst zufrieden zu sein. Kein Wunder; hatte Matthias doch bereits das Rudel der Wölfe fast komplett erlegt, sodass sie sich nicht mehr in große Gefahr begeben mussten. Doch dann spitzte Matthias auf einmal die Ohren.
»Ha, diesem Wolf haben wir es gegeben, oder?«, plusterte sich einer der beiden auf. »Ich wette, das Vieh liegt irgendwo im Gebüsch und krepiert.«
Der andere nickte.
»Mit Sicherheit. Du hast es ja mit dem Pfeil gut erwischt.«
Matthias stand langsam auf und ging zu den beiden herüber. Marie sah ihm nach und fragte sich, was jetzt wieder los war. Das hörte sich doch gar nicht schlecht an.
»Ihr beiden, auf mit euch!«, befahl Matthias den Wachmännern.
»Wieso denn?«, brummten sie beide.
»Weil ihr zu dumm seid, um einen Haufen in den Abtritt zu setzen!«
Einer der Wachmänner sprang auf, Wut verzerrte sein Gesicht.
»Was wollt Ihr damit sagen?«
Matthias sah dem Mann in die Augen.
»Ihr habt einen verletzten Wolf im Wald gelassen? Ist das richtig?«
»Ja. Aber der ist bestimmt schon tot.«
»Bestimmt schon tot!«, höhnte Matthias. »Eigentlich müsste ich euch beide am nächsten Baum festbinden und warten, bis dieser ach so tote Wolf euch beide holt. Ein verletztes Tier ist gefährlicher als ein gesundes! Man weiß nie, was es machen wird. Es kann sein, dass dieser Wolf diese Nacht hier auftaucht und sich an den Rindern oder Schafen gütlich tut, weil er keine Rehe mehr jagen kann.«
Jetzt kam auch Lotte und hieb mit ihrem Gehstock dem noch sitzenden Wachmann auf den Kopf, dass es nur so krachte.
»HE!«, schrie dieser auf. »Alte Vettel! Wenn Ihr nicht so gebrechlich wäret, würde ich Euch zeigen …«
Weiter kam er nicht, denn Matthias verpasste ihm eine Schelle, dass er von der Bank flog.
»Zeigt mehr Respekt!«, brüllte er jetzt.
Lotte deutete mit ihrem Gehstock auf den am Boden liegenden Mann.
»Ich habe bis heute nicht gewusst, dass man Scheiße zum Reden bringen kann. Aber du da, du bist wohl ein Wunder der Schöpfung! Und du«, sie zeigte auf den anderen Wachmann, der mit roten Ohren da stand, »bist genau so nutzlos wie dieser braune Stinkhaufen dort!«
Lotte war wütend. Jedes Kind wusste, dass ein verletzter Wolf mehr als nur gefährlich war. Er war tödlich. Jeder, der sich in den Wald begab, schwebte zurzeit in Lebensgefahr, bis das Tier entweder tot aufgefunden oder endgültig zur Strecke gebracht worden war. Matthias hatte sich inzwischen sein Schwert und seine Axt geholt.
»Los, ihr nehmt ein paar Stricke. Wir müssen das Tier finden!«
Widerwillig folgten die beiden Soldaten seinem Befehl. Marie eilte zu ihrem Mann.
»Matthias, ist das nötig? Es wird bald dunkel.«
Er nickte.
»Ich weiß. Aber wenn wir das nicht, so schnell es geht, erledigen, wird es brenzlig. Stell dir vor, eines der Kinder geht hinters Haus und wird von dem Wolf angefallen. Ein verletzter Wolf kann nur das jagen, was schwächer als er ist.«
Marie verstand.
»Bitte sei vorsichtig.«
Er legte ihr eine Hand auf die Wange.
»Das verspreche ich dir.«
Er gab ihr einen Kuss, dann winkte er die beiden Wachen mit sich und gemeinsam verschwanden sie im Wald.
»Zeigt mir, wo ihr das Tier gefunden habt.«
Nach einer Weile kamen sie an die Stelle. Matthias untersuchte die Gegend und fand eine Blutspur. Anscheinend hatten sie den Wolf wirklich verletzt. Er bedeutete den Wachen, hinter ihm zu bleiben, und pirschte sich langsam durch das Unterholz. Immer wieder blieb er stehen, suchte, schaute. Er folgte der Spur, bis er auf einen schmalen Weg stieß. Er sah nach links und rechts. Auf einmal hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Langsam drehte er den Kopf.
Da saß der Wolf. Mitten auf dem Weg! Er sah ihn an, machte aber keinerlei Anstalten, ihn anzugreifen. Die beiden Wachen polterten aus dem Gebüsch.
»Das ist er!«, rief einer der Wachen. »Soll ich ihn erledigen?«
Matthias schüttelte den Kopf. Irgendetwas stimmte hier nicht. Der Wolf saß ganz ruhig da und beobachtete ihn.
»Nein. Wartet.«
Matthias machte einen Schritt auf das Tier zu. Dieses sah ihn weiterhin an, stand auf und machte einen Schritt nach hinten.
Matthias ging wieder einen Schritt nach vorne. Der Wolf drehte sich um, lief ein Stück und setzte sich wieder, drehte den Kopf in Richtung des Henkers.
»Was bedeutet das?«, fragte einer der Wachmänner.
»Ich weiß es nicht. Aber vielleicht will er uns etwas damit sagen«, entgegnete Matthias und sah zu den beiden Männern.
»Ihr bleibt zehn Schritte hinter mir. Sollte er mich angreifen, schießt ihr ihn nieder. Ansonsten lasst ihr ihn in Frieden.«
Er ging wieder langsam auf den Wolf zu. Dieser erhob sich und trottete hinkend vor Matthias her. Er konnte sehen, dass das Tier fast am Ende seiner Kräfte war. Lange würde es nicht mehr leben. Es schien sogar zu schwach zu sein, um ihn anzufallen. Aber was wollte dieser Wolf von ihm?
Langsam ging es weiter in den Wald. Der Wolf drehte sich von Zeit zu Zeit um, sah nach, ob Matthias ihm weiter folgte. Nach einer guten halben Stunde verschwand das Tier im Gebüsch, um dann nach wenigen Sekunden wieder herauszuschauen. Matthias glaubte, zu verstehen. Er folgte dem Tier durch die Büsche bis zu einer kleinen Höhle, vor der es sich jetzt niederlegte und ihn mit traurigen Augen ansah. Matthias kam näher.
»Was ist denn da? Was willst du von mir?«, fragte er leise. Doch nur ein leises Winseln war zu hören. Aber dann erstarrte Matthias, denn aus der Höhle schien eine Antwort zu kommen.
»Was zum Teufel …?«, murmelte er.
Der Wolf legte seine Schnauze auf die Vorderpfoten, leckte sich die Nase, stieß ein letztes Winseln aus und schloss die Augen. Dann kippte sein Kopf zur Seite, die Schnauze öffnete sich. Ein letztes Mal hob sich die Brust, dann fiel sie zusammen und der Wolf war tot.
Die beiden Wachen brachen durch das Gebüsch.
»Was bedeutet das?«, fragten sie Matthias.
Der hob nur eine Hand, kroch langsam zu dem Loch und sah hinein. Es war eine kleine Höhle und darin sah er drei kleine Welpen, die sich eng aneinander kuschelten. Er richtete sich vorsichtig auf.
»Verdammt! Das war eine Wölfin, die ihr da verletzt habt. Und sie hat drei Welpen.«
»Wie? Aber …«
Er schnitt ihnen mit einer Handbewegung das Wort ab. Was sollte er jetzt tun? Die drei Babys erschlagen? Das konnte er nicht. Er war zwar Henker und normalerweise hätte er sie töten müssen, aber etwas in ihm zögerte. Die Wölfin hatte ihn zu ihren Jungen geführt, sie ihm anvertraut. So dachte Matthias. Wenn er diese jetzt tötete, war das nicht ein schlechtes Omen? Wäre es nicht ungerecht? Wollte er nicht immer den Schwachen helfen? So, wie er Marie geholfen hatte? So, wie er auch Markus gerettet hatte? Er fasste einen Entschluss.
»Gebt mir die Seile, schnell.«
Er fertigte schnell drei Schlingen an, legte die Seile neben sich auf den Boden. Die Wachen sahen ihm zu.
»Was treibt Ihr da, Meister Matthias?«
»Ich nehme diese Tiere mit mir!«
»Das könnt Ihr nicht! Das sind Wölfe, wilde Bestien!«
Matthias fuhr herum.
»DAS DA«, er zeigte auf die Höhle, aus der ein klägliches Wimmern erklang, »sind kleine Kinder. Ich glaube kaum, dass die euch fressen werden. Aber wenn ihr solche Hasenfüße seid, dann nehmt den Kadaver der Alten und trollt euch.«
Danach widmete er sich wieder seiner Arbeit. Er spürte mehr, als er sah, dass die beiden Wachen mit dem toten Tier abzogen. Er wartete eine Weile, dann griff er beherzt in das Loch, bekam einen der kleinen Wölfe zu fassen, zog ihn heraus und legte ihm die Schlinge um den Hals.
Der Welpe fiepte vor Angst. Doch Matthias beruhigte ihn, streichelte ihn. Langsam überwog die Neugier und der Kleine schnupperte an Matthias. Dieser zog den zweiten und kurz danach den dritten Welpen aus dem Loch, legte auch diesen die Schlingen um die Hälse. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass wirklich kein kleiner Wolf mehr in der Höhle war, nahm der die Leinentasche, die er bei sich trug, steckte die Kleinen hinein und machte sich auf den Rückweg. Er war gespannt, was Marie sagen würde. Er rechnete fest damit, dass er eine gewaltige Schimpftirade zu hören bekam. Aber was wollte er machen? Er war ein Wolf. Und jetzt hatte er drei Wolfskinder. Als Matthias sich dem Hof näherte, sah er seine Frau schon von Weitem. Sie war in Richtung des Waldrandes gelaufen und stand mitten auf der Wiese zwischen den Apfelbäumen, ihr blondes Haar wehte im Wind und sah in den letzten Strahlen der Abendsonne aus wie gesponnenes Gold.
Sie hatte sich wirklich Sorgen gemacht, als die Soldaten alleine zurückgekommen waren und bei ihrer Frage nach Matthias nur die Augen verdreht hatten. Umso größer war die Erleichterung, als sie ihn jetzt aus dem Wald kommen sah und rannte auf ihn zu, wollte ihm um den Hals fallen. Matthias jedoch hob warnend eine Hand.
»Vorsicht!«
Erschrocken bremste sie ab.
»Was ist los? Bist du verletzt?«
In dem Moment streckte einer der Wolfswelpen das Köpfchen aus der Tasche. Und entgegen alle seiner Befürchtungen stieß seine Frau einen Entzückensschrei aus:
»OH, wie niedlich! Wo hast du den denn …«
Da verstand sie.
»War der tote Wolf, den die Männer angeschleppt haben, die Mutter?«
Matthias nickte stumm und öffnete die Tasche, zeigte ihr, dass es sich um drei Welpen handelte. Marie zerschmolz förmlich vor Mitleid.
»Die armen Kleinen … jetzt sind sie ganz allein!«
Argwöhnisch sah sie ihren Mann an.
»Du willst sie aber nicht auch umbringen, oder? Wir können sie bestimmt aufziehen … als ich noch ein Kind war, haben wir einmal einen verlassenen Welpen aufgezogen, bei Wölfen ist es bestimmt nicht schwieriger!«
Bittend sah sie ihn an. Matthias musste lachen, als sie so vor ihm stand. Wie ein kleines Mädchen, das noch ein Stück Kuchen wollte.
»Wenn ich das vorgehabt hätte, glaubst du, ich hätte mir die Mühe gemacht, sie erst zu fangen und dann herzuschleppen?«
Marie sah ihn verblüfft an. Sein Grinsen wurde erst breiter, dann verblasste es.
»Als die Mutter vor mir stand, da sah sie mich nur an. Sie machte keinerlei Anstalten, mich anzugreifen oder ihre Brut zu verteidigen, wie es ein Wolf normalerweise machen würde. Ich glaube fast, sie wollte, dass ich sie mitnehme. Sie hat mir vertraut.«
Jetzt fiepten die drei Welpen laut um die Wette. Matthias kratzte sich am Kopf, grinste plötzlich, als ihm etwas in den Sinn kam.
»Außerdem … ich heiße Wolf. Was passt da besser? Nur, womit füttern wir die Racker?«
Lotte kam jetzt angehumpelt. Sie legte ein erschreckendes Tempo vor, bis sie vor Matthias stand und in die Tasche schaute.
»Also doch! Ich wollte es nicht glauben, als diese Hampelmänner mir diese Mär erzählten.«
Sie sah Matthias in die Augen.
»Ich bin alt an Jahren und habe schon so manches gehört und erlebt. Aber dass ein Wolf einem Menschen seine Kinder anvertraut, das ist mir neu.«
Sie langte furchtlos in die Tasche und streichelte die Welpen.
»Nun, wir werden wohl Namen für die Quietscher hier brauchen. Und du«, sie sah Matthias lange an, »wirst wohl als der ›Wolfsmeister‹ bekannt werden.«
Matthias atmete auf. Das ging besser, als er es befürchtet hatte.
»Lotte, wie fütter ich denn diese kleinen Racker? Ich denke, sie werden noch gesäugt.«
»Komm mit, du Dummkopf. Du musst noch viel lernen. Das ist genau so, wie man Babys aufzieht, wo die Mutter keine Milch hat. Entweder man hat eine Amme, oder man muss sich zu helfen wissen.«
Matthias und Marie folgten Lotte, die sich zu den Ziegen begab.
»Gebt mir mal die Tasche. Ich brauche die schwarz - weiße da hinten«, zeigte sie auf eine der Ziegen. »Ich bin zu alt, um hinter diesem Mistvieh herzurennen. Und außerdem hast du die Viecher angeschleppt!«
Matthias kletterte über den Zaun und versuchte, die Ziege zu fangen. Es war schwieriger, als er es erwartet hatte. Immer, wenn er dachte, er hätte sie, entwischte sie ihm wieder. Doch nach einigem Hin und Her hatte er sie schließlich.
Lotte nickte.
»Marie, kannst du noch Ziegen melken?«
Marie nickte, schnappte sich einen Eimer und begann, die Ziege zu melken. Es dauerte nicht lange, bis das Behältnis voll war.
»So, jetzt brauche ich eines der Tücher dort hinten. Und du«, sie wandte sich an Matthias, »lass das blöde Ding laufen.«
Matthias ließ die Ziege los, die empört meckernd zurück auf die Weide flüchtete. Lotte nahm das Tuch und legte es so zusammen, dass es wie eine Tüte aussah. Dann zwirbelte sie das untere Ende zusammen und band ein Stück Schnur darum.
»So. Matthias, einen der Welpen.«
Er folgte ihrem Befehl, neugierig, wie Lotte das jetzt anstellen wollte. Diese reichte Marie das gewickelte Tuch, ließ es sie mit der Spitze in den Eimer mit der Milch tunken, bis sie sich vollgesogen hatte, nahm es wieder und hielt es dem Welpen an seine kleine Schnauze.
»Mach dich mal nützlich, du großes Kind«, herrschte sie Matthias an. »Mach ihm den Schnabel auf.«
Matthias öffnete dem Welpen sanft die Schnauze und Lotte stopfte ihm das gezwirbelte Ende hinein. Nach dem dritten Versuch begriff das Tier und saugte die Milch aus dem Tuch. Das wiederholten sie mit den anderen Welpen, bis diese sich satt getrunken hatten.
»Das müsst ihr jetzt alle vier Stunden machen.« Lotte erhob sich mühsam. »Ihr werdet Ziegen brauchen, so vier oder fünf.« Sie grinste. »Der Ziegenhüter von Rothenburg.«
Dann wackelte sie langsam wieder zum Haus zurück. Matthias sah Marie an.
»Tja, dann müssen wir eben Ziegen kaufen«, brummte Matthias, dem der erste Morgen nach der Hochzeit einfiel, als Marie Hühner hatte haben wollen. Da war ihm schon der Gedanke gekommen, dass wohl bald auch noch Ziegen im Garten herumlaufen würden. Dass er allerdings selber die Ursache dafür sein würde, das hätte er im Traum nicht gedacht. Herzhaft lachend fiel Marie ihm um den Hals.
»Na, die passen doch perfekt zu den Hühnern!«
Überwältigt von ihrer Freude über die kleinen Tiere küsste die Blonde ihren Mann, wollte gar nicht mehr aufhören. Sie verliebte sich jeden Tag noch ein bisschen mehr in ihn, je besser sie ihn kennenlernte. Der Henker von Rothenburg, ein mehr als nur gerechter Mann, und sogar mit kleinen Wolfswaisen hatte er Mitleid. Marie kannte niemanden, der so etwas getan hätte. Schließlich musste sie sich fast gewaltsam von ihm lösen, als sie sich daran erinnerte, dass sie mitten im Ziegenpferch standen und keinesfalls allein hinter verschlossenen Türen waren. Die drei kleinen Wölfe hatten mittlerweile begonnen, tapsig ihre Umgebung zu erkunden, und einer bemühte sich, sich unter dem Zaun durchzuquetschen. Marie sammelte ihn schnell ein, sah Matthias an.
»Hast du schon nachgeschaut, ob es Mädchen oder Jungen sind? Sie brauchen Namen!«