Читать книгу Der Henker von Rothenburg: Inquisiton in Rothenburg - Werner Diefenthal - Страница 24

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8. Kapitel

Irmtraud lag auf ihrem Bett im »Goldenen Schwan«. Sie hatte einen Freier, der sich auf ihr abmühte. Es war ein fetter Kerl, der nur auf der Durchreise Station gemacht hatte.

Während sie ihm Leidenschaft vortäuschte und sich bemühte, unter ihm nicht zerdrückt zu werden, schossen ihr Gedanken durch den Kopf.

Warum ausgerechnet Marie? Wieso sollte sie den ›Goldenen Schwan‹ übernehmen? Irmtraud war der Meinung, dass sie selbst viel besser dafür geeignet wäre. Und dass sie ein Anrecht darauf hätte. Schließlich hatte sie Magdalenas Bett gewärmt, als ihr verflossener Liebhaber dieses dürre Ding gevögelt hatte. Sie verstand es nicht.

Der Mann auf ihr keuchte lauter. Sie warf ihm ihr Becken entgegen und stöhnte laut auf.

»Ja, komm du geiler Bock. Zieh mich ordentlich durch«, hechelte sie dem schweißüberströmten Mann ins Ohr, als dieser sich in sie ergoss und danach von ihr herunterrollte. Sie ließ ihm ein paar Minuten, bis er wieder zu Atem gekommen war. Dann warf sie ihn kurzerhand aus dem Zimmer.

»Süßer, es tut mir leid, aber wenn du länger bleibst, musst du noch einmal zahlen.«

Das verstand jeder Freier. Er zog sich an und verschwand. Irmtraud wusch sich in einer Waschschüssel, so gut es ging den Samen ab, zog sich ihr Kleid über, richtete das Bett und ging in die Schankstube. Dort sah sie sich um. Welches von den anderen Mädchen könnte ihr behilflich sein?

Eine nach der anderen geriet in ihren Blick, bis er schließlich bei einer dicken Hure hängenblieb. Wie hieß sie noch gleich? Irmtraud überlegte. Walburga, fiel ihr ein. Sie war noch nicht lange im ›Goldenen Schwan‹ und würde, vielleicht, zu beeinflussen sein.

Irmtraud dachte nach. Woher kam diese Hure? War sie nicht aus Nürnberg? Sie ging zu Waltraud an den Tisch.

»Na du. Läuft nicht gut heute Nacht, oder?«, begann sie das Gespräch.

Walburga schüttelte den Kopf.

»Nee, überhaupt nicht. Als ich herkam, da war ich der Meinung, dass die Männer hier auf mehr Fleisch stehen. Aber irgendwie ficken die lieber mit diesen dürren Gerippen.«

Irmtraud lachte pflichtbewusst.

»Du, sag mal, warum bist du hergekommen? Gab es in Nürnberg keine Freier?«

Walburga nahm einen Schluck Wein.

»Ach woher. Ich wollte nur zum Markt her, schnelles Geld verdienen. Und wen treffe ich? Meine alte Freundin Magdalena.«

Irmtraud spitzte die Ohren. Alte Freundin? Das könnte interessant werden, dachte sie sich.

»Ach, ihr kennt euch?«

Walburga nickte. Ihr Doppelkinn schwabbelte dabei.

»Ja. Wir waren sehr gute Freundinnen.«

»Wie gut?«

Walburga lächelte.

»Wir standen uns sehr nah, wenn du verstehst.«

Irmtraud verstand. Sie musste unter allen Umständen mehr erfahren. Vielleicht konnte sie etwas zutage fördern, was nützlich sein könnte. Sie legte Waltraud eine Hand auf den feisten Oberschenkel, obwohl sie innerlich erschauerte vor Ekel.

»Ich mag es auch sehr nah«, säuselte Irmtraud ihr ins Ohr. Walburga lächelte.

»Das ist gut. Wir sollten uns vielleicht näher kennenlernen.«

Irmtraud drehte sich alleine bei dem Gedanken daran der Magen um. Aber wenn sie ihr Ziel erreichen wollte, dann musste sie sich dieser Herausforderung stellen.

»Dann treffen wir uns später.«

Walburga nickte erneut.

»Kommst du zu mir?«

Irmtraud nickte.

»Ja, wenn hier nichts mehr los ist.«

Dann stand sie auf und suchte im Gasthaus nach einem Mann, der sie vielleicht so weit erregen konnte, dass der weitere Verlauf der Nacht halbwegs erträglich werden würde.

Maries Befürchtung, in der Nacht nicht wach zu werden, wenn die Welpen hungrig waren, erwies sich als unbegründet. Schon beim ersten Fiepen saß sie kerzengerade im Bett. Sie hatte bereits Mutterinstinkte entwickelt, und ob in der Nacht ein Baby jammerte oder ein Tierkind Hunger anmeldete, war gleichgültig.

Schlaftrunken taumelte die junge Frau aus dem Bett und machte die Milch zurecht, fütterte die drei kleinen Wölfe. Sie waren wirklich putzig. Marie war froh, dass Matthias sie mitgebracht hatte. Der Henker schlief tief und fest. Er war noch nicht wieder ganz bei Kräften und der Ausflug in den Wald hatte ihn erschöpft.

Marie war schon dabei, wieder ins Bett zu kriechen, als sie innehielt - wo sie schon wach war, konnte sie die drei Kleinen auch gleich nach unten bringen, damit sie sich erleichtern konnten. Das war sicher weniger mühsam, als am Morgen ihre Hinterlassenschaften wegzuputzen.

Ein Blick aus dem Fenster ließ sie noch einmal zögern - es war sehr windig draußen, die Äste der Bäume schwankten wild, und sie hörte es rauschen. Offensichtlich war nach dem warmen Tag ein Gewitter im Anzug. Ob sie Matthias wecken sollte? Es war schon recht unheimlich draußen in der Dunkelheit bei diesem Wetter.

Sich über sich selbst ärgernd riss Marie sich zusammen. Was konnte schon passieren? Matthias brauchte Ruhe. Mit leisen, lockenden Rufen verließ Marie das Zimmer und sah entzückt zu, wie die drei Welpen hinter ihr her purzelten, als folgten sie ihrer Mutter. Offenbar war ihnen egal, ob diese ein Fell hatte oder nicht - Hauptsache, sie sorgte für Milch!

Als Marie schließlich vor dem Haus stand, wünschte sie sich, Matthias doch aufgeweckt und mitgenommen zu haben. Der Wind ächzte in den Bäumen, pfiff um die Ecken der Gebäude, und irgendwo schlug immer wieder eine Tür oder ein Fensterladen. Die drei Welpen schnupperten munter im Hof herum und dachten gar nicht daran, ihr Geschäft zu erledigen. Marie tanzte ungeduldig von einem Bein aufs andere. Die Lichtverhältnisse waren schlecht, da der Mond nur hin und wieder zu sehen war, wenn er nicht gerade von vorbei jagenden Wolken verdeckt wurde.

»Seid Ihr Marie Wolf?«

Die Stimme war direkt hinter ihr, und Marie schrie vor Schreck und machte einen Satz, fuhr herum. Vor ihr stand ein Mann, der schmutzig und ein wenig finster wirkte, und sie wich furchtsam zurück - hatte man ihr jetzt auch hierher einen Mörder geschickt?

»Was wollt Ihr?«, fragte sie mit bebender Stimme.

Der Mann lächelte beruhigend.

»Verzeiht … ich wollte Euch nicht erschrecken. Magdalena Holzapfel schickt mich, ich komme aus Rothenburg und reise weiter nach Ansbach. Da hat sie mir eine Botschaft mitgegeben, für Matthias und Marie Wolf. Das seid doch Ihr, oder nicht? Sie hat mir beschrieben, wie Ihr ausseht.«

Zögernd nickte Marie. Sie glaubte nicht, dass die Vogtin wusste, wie nah sie und Magdalena sich standen. Elsa Steiner hätte niemanden im Namen der Wirtin geschickt, um sich ihr Vertrauen zu erschleichen, sondern sie einfach hinterrücks aus dem Weg schaffen lassen.

»Gut!«

Wieder lächelte der Mann, holte einen versiegelten Brief unter seinem Umhang hervor.

»Das ist für Euch.«

Er schickte sich an, wieder davonzugehen.

»Wartet …«, rief Marie ihm nach. »Wollt ihr kein Lager für die Nacht? Es wird bald regnen!«

Der Mann drehte sich noch einmal zu ihr um.

»Nein, vielen Dank, aber ich bin spät dran. Und Regen ist gut … bei Regen treiben sich die wenigsten Strauchdiebe draußen herum!«

Er grinste, zog seinen Hut, verbeugte sich leicht und war auch schon in der Nacht verschwunden.

Mit zitternden Fingern riss Marie den Brief auf. Sie hatte Angst. Es musste etwas geschehen sein. Ging es Magdalena schlechter, lag sie gar im Sterben? Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als Marie die Zeilen der Wirtin im flackernden Licht der Lampe überflog. Was sie dort las, traf sie wie ein Blitz.

»MATTHIAS!«, schrie sie, noch bevor sie auf das Haus zuzulaufen begann, dicht gefolgt von ihren drei Zöglingen.

In Rothenburg krabbelte Irmtraud in ihr Bett. Sie war erschöpft. Walburga war besser gewesen als erwartet und sie war sehr zufrieden. Trotz ihrer Körperfülle war sie sehr beweglich und hatte genau gewusst, wie sie Irmtraud behandeln musste. Und ihr Hunger war fast nicht zu stillen gewesen.

Irmtraud zog sich die Decke bis zum Kinn hoch. Was für sie noch viel interessanter gewesen war, das waren die Enthüllungen über Magdalena und ihre Herkunft. Magdalenas Mutter und Großmutter waren sogenannte Kräuterhexen gewesen und von der Inquisition gejagt worden. Magdalena selber war nur durch pures Glück und der Hilfe einiger Städter entkommen. Damit müsste sich etwas anfangen lassen, überlegte Irmtraud. Vielleicht ließ Magdalena sich erpressen, dass sie dem Vogt ihre wahre Identität verriet, wenn sie ihr nicht das Gasthaus übertrug. Mit diesen zufriedenen Gedanken schlief sie ein.

Der Henker von Rothenburg: Inquisiton in Rothenburg

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