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Karneval nur noch für Deutsche!

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Verglichen mit New York ist Köln eine eher kleine Stadt, die aber seit Silvester 2015/16 – endlich, endlich! – auch ihr Nine Eleven hat. Das ist zwar, typisch Karneval, vollständig übertrieben, aber die Angelegenheit war zweifellos widerlich: Hunderte Frauen wurden von Männern belästigt, begrapscht, bedroht, bestohlen und beraubt. Das ist charakterlich erbärmlich und, was gut ist, strafrechtlich relevant. Für sowas gibt es juristisch einen auf die Mütze.

Nach wenigen Tagen aber richtete sich das öffentliche Augenmerk auf die – in diesem Fall nordafrikanische – Herkunft vieler Delinquenten. Die Flüchtlings- und Asyl- vulgo Abschiebe-Debatte, die so gleichermaßen geheuchelt, verlogen wie aggressiv ist, dass man tatsächlich von »Debattenkultur« sprechen kann, wurde hochgekocht. Ist es für Frauen angenehmer, von betrunkenen deutschen Männern überfallen zu werden als von aus kulturellen Gründen seltener alkoholisch befeuerten marokkanischen? Weil die Frauen das Gelalle der deutschen Kerle wenigs­tens halbwegs verstehen? Eine gemeinsame Sprache schafft Verbundenheit, aber gilt das auch bei Behelligern, Zudringlingen, Räubern und Notzuchtgierhälsen?

Oder schüren die Sprachbarrieren – afrikanische Sprachen gelten ja als »guttural« – zusätzliche Ängste? Mit betrunkenen Deppen wird man für gewöhnlich leichter fertig als mit nüchternen, aber ins Auge gehen kann beides. Doch darum ging es gar nicht, sondern um die Verschärfung eines simulierten Kulturkampfes, in dem ständig europäische, deutsche und überhaupt hochzivilisatorische Werte gegen Überfremdung und Minderkultur verteidigt werden müssen.

Zu diesen Werten zählt auch der deutsche Karneval; ein mir bekannter Physiotherapeut, der in einer Karnevalshochburg lebt, schließt seit zehn Jahren in der Zeit zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch seine Praxis und auch die Haustür zu – jahrelang hatten ihm die lustigen Narren und Jecken jederlei Geschlechts ab dem frühen Morgen in den Hausflur gestrullt, gekoddert und sich auch fäkal »gelöst«. Der Mann hatte die Nase, die Augen und überhaupt den Kanal voll und geht in diesen »toll« genannten Tagen in Urlaub; »toll« ist hier in seiner ursprünglichen Bedeutung – wahnsinnig, tollwütig – zu verstehen.

Wer traditionell turnusmäßig und willentlich herbeigeführte Tollwut als zivilisatorische Errungenschaft, als »Wert« oder als Ausdruck von Freizügigkeit missversteht und zum Vorwand nimmt, das organisierte Erbrechen zu rechtfertigen oder sogar zu verherrlichen, darf sich nicht wundern, wenn er als verächtlich empfunden wird. Es gibt wenig Humorloseres und Abstoßenderes als den Karneval, bei dem darüber hinaus die lokalen und regionalen Hauptkriminellen aus Wirtschaft und Politik immer in den Ehrenlogen sitzen.

Karnevalisten gehören sozial geächtet; das ist, weil sie massenhaft auftreten, nicht ganz leicht, und sie würden es, weil sie ja unter sich sind, auch gar nicht bemerken. Dass sie sich und ihr würdefernes Treiben lieber durch Rocker-Patrouillen und rechte Schlägertrupps verteidigen lassen, als einsichtig nicht einhellig mit ihren Kameraden, sondern im Gegenteil mit ihren für andere äußerst qualvollen Gewohnheiten zu brechen, sagt viel über den Grad ihres Herabgesunkenseins aus. Und für eine deutsche Frau, die zwar von Männern nicht bis zum Äußersten belästigt werden möchte, aber falls doch, dann ausschließlich von deutschen, verfügt auch der gentilste Mann über keinerlei Hilfsmittel mehr. Da müssen sie dann durch, wie es so heißt, und eine schall-, geruchs- und blickdichte Glocke obendrauf wäre sehr hilfreich.

Kalte Duschen, Warmer Regen

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