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Eine Welt in Wahn und Waffen

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»Das ist eine Waffe.« Die uniformierte Frau am Flughafen Edinburgh sagte das selbstverständlich auf englisch: »This is a weapon.« Unsinn blieb es dennoch; sie sprach von dem kleinen Zigarrenschneider beziehungsweise Cut­­ter, den ich, wie auch Streichhölzer, ein zwei kubanische Zigarren, Notizbuch, Stifte und ein paar Kastanien in meiner Umhängetasche stets mit mir führe.

Das kleine Schweizer Taschenmesser hatte ich – Was blieb mir übrig ? – in der Reisetasche verstaut; man hatte mir schon einmal ein ganz winziges Exemplar, ein Mitbringsel für einen achtjährigen Jungen, wegkonfisziert oder, nennen wir es beim Namen, gezogen, gezockt, gestohlen, geklaut, und selbst eine Nagelfeile aus Holz oder eine Hornhautraspel waren schwere, lebensgefährliche Waffen in einer rettungslos verrückt geworden Welt, in der es als ernst zu nehmendes Katastrophenszenario und nicht als paranoide Wahnidee gilt, dass man einen Piloten zu Tode maniküren oder pediküren könnte, aber wahrscheinlich sind Katastrophenszenarien und paranoide Wahnideen ohnehin zu 100 Prozent identisch. Mit Kinky Friedman gesprochen: »Militärische Intelligenz ist ein Widerspruch in sich selbst.«

Meine wahren Waffen – Notizbuch und Stift – blieben als solche unerkannt, unbeanstandet und unangetastet, aber der Zigarrenschneider hatte offenbar den Nimbus und Hochgefährlichkeitsrang von Plastiksprengstoff erreicht. Noch niemals hatte ich an einem Flughafen ein Mitnahmeproblem mit dem kleinen, nützlichen Gegenstand gehabt und trug das auch, innerlich zwar relativ fassungslos, äußerlich aber sehr gefasst vor, doch die Uni­formierte blieb dabei: »This is a weapon.«

Schade, dass ich eine Frau vor mir habe, dachte ich; einem Mann hätte ich in geflissentlicher Tücke beipflichten können: »Ja Sir, Sie haben vollkommen Recht. Ich könnte beispielsweise gerade Sie dazu ermuntern, Ihren Penis in die Öffnung des Zigarrenschneiders zu zwängen und das entsprechend mickrige, allenfalls pinkeltaugliche Teil dann abknapsen. Das wäre vielleicht nicht schade drum und keine Träne wert, aber doch eine ziemlich blutige Angelegenheit, und wer soll dann die Wäsche waschen und den Boden sauberwischen? Es wird wohl wieder an mir hängenbleiben. Einmal Zivildienstleistender, immer Zivildienstleistender.«

Also überließ ich der Uniformierten seufzend – Mi­cha­el Crichton hätte gesagt: »Guiterrez zuckte die Achseln« – den Cutter, den sie entweder selbst gut brauchen konnte oder, wahrscheinlicher, als fanatische Nichtraucherin an­geekelt und mit spitzen Fingern in eine Tonne werfen würde.

Man kann, wenn man zu etwas Richtigem nicht imstande ist, alles simulieren: Liebe, Anteilnahme, Sorge, Sicherheit und Arbeit. Ich ziehe eine gute, ehrliche Arbeit vor, und so hörte ich nach meiner Rückkehr eines meiner liebsten Lieder, den »Workingman’s Blues #2« von Bob Dylan, in dem es heißt:

»My cruel weapons have been put on the shelf

Come sit down on my knee

You are dearer to me than myself

As you yourself can see...«

Kalte Duschen, Warmer Regen

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