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Nie mehr Frieden mit Xavier Naidoo

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Als der Norddeutsche Rundfunk (NDR) als Veranstalter des European Song Contest (ESC) Xavier Naidoo erst einlud, beim ESC zu singen, um ihn dann wieder auszuladen, wirkte das etwas peinlich; Naidoo hätte perfekt zu einer Veranstaltung gepasst, die mit Musik nicht das Geringste zu tun hat. Herbert Grönemeyer kommentiert den Heckmeck kritisch; etliche Kollegen Naidoos aber fühlten sich gleich zu dem Versuch bemüßigt, das schöne Wort »Solidarität« zu entwerten und unterzeichneten eine Hey-du-bist-unser-Buddy-Note an Naidoo, die auf einer ganzen Seite der FAZ als bezahlte Anzeige erschien.

Zu den Unterzeichnern gehörten neben anderen die Heulboje Tim Bendzko; Roger Cicero, der Sinatra für alle, die nie Sinatra gehört haben; der »Becks«-Werbe­ständer Thomas D; die deutsche Dogge Heinz Rudolf Kunze; die rühmannsche Schmunzelmuffe Jan Josef Liefers, der Dauerangeber und Bild-Palladin Til Schweiger; die Schlagerschreckschraube Christina Stürmer; PUR, deren Sänger Hartmut Engler einmal wie immer viel versprechend und nichts haltend via Bunte verkündet hatte, »an Selbstmord gedacht« zu haben, und – huch! – die Betschwester Antje Vollmer.

Dass Dumme und / oder Gemeine sich mit Xavier Naidoo gemein machen, wundert nicht; nur muss man eben kein Recht auf Meinungs- und Auftrittsfreiheit für ihn erstreiten; beide stehen ihm wie jedem zu, und er kann seinen Quark auch bei den kaiserreichstreuen Irrsinnigen von den »Reichsbürgern« breittreten. »Xavier Naidoo ist ein Künstler, der polarisiert«, teilte der NDR mit; der Satz enthält mindestens zwei schwere Irrtümer. Xavier Naidoo ist kein Künstler, sondern ein Medienmaschinist; es gibt nicht ein Lied oder eine Zeile von ihm, die wert wären, aufbewahrt zu werden, es sei denn aus Gründen der Abschreckung. Wenn Sülze wimmern könnte, hieße sie Xavier Naidoo; verglichen mit der Vorsteherdrüse der »Söhne Mannheims« ist Kindersenf Granit.

Außerdem »polarisiert« Naidoo nicht, er arisiert. »Mus­lime tragen den neuen Judenstern«, behauptet Naidoo in seinem jüngsten Lied »Nie mehr Krieg«, das in dem Diplomaten in eigener Sache Jürgen Todenhöfer einen willigen Multiplikator fand. Mit sehr viel gutem Willen könnte man Naidoo unterstellen, ihm sei die infame Gleichsetzung von schief angekuckt und vernichtet werden aus Gründen gedanklicher Insuffizienz durchgerutscht und er habe sich nur gegen pauschale Diskriminierung von Muslimen äußern wollen. Es geht aber um eine Selbststilisierung einer Religionstruppe, die angeblich von Völkermord bedroht wird und sich gegen diese Gefahr schützen und zur Wehr setzen muss.

Wer »Nie mehr Krieg« jault und Muslimen gleichzeitig verbal das Tragenmüssen des Judensterns andichtet, will keinen Frieden, und wenn er es noch so beteuert. Die Schmierseife, die Naidoo als »Musik« oder »Gesang« absondert, ist nicht leicht zu ignorieren, aber mit Geistesgegenwart und etwas Energieaufwand kriegt man das gerade noch hin. Wenn aber ein aggressiv Gottgläubischer seinen Antisemitismus als Pazifismus verkauft, ist es – gerade für Pazifisten – Zeit, klar zu sagen, mit wem man um keinen Preis auf einunddemselben Planeten wandeln will.

Kalte Duschen, Warmer Regen

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