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Kinder-Schokolade ... macht den Pimmel grade! Wie unfruchtbar kotige Braune gegen süßes Braunes stänkern
ОглавлениеJa ja, man weiß es: »Kinder-Schokolade« ist ganz schlimm, Zahnärzte geben sie ihren Kindern, damit sie nach Feierabend noch was zu bohren haben. Und Ferrero vulgo Nestlé ist ein übler, global verheerend wirkungsmächtiger Lebensmittelschurke, dem man das Handwerk legen muss. Und Fußball ist nichts als Kommerz. Ja, das stimmt alles, aber Kindern jeden Alters ist es manchmal trotzdem egal. Die wollen dann ihren »Kinder-Riegel«, auch wenn sie klug genug sind zu wissen, was sie sich da in den Kopf stecken. Zwar achten sie auf gute und gesunde Ernährung, aber Ausnahmen müssen unbedingt sein, Prinzipienreiterei hält doch keine Sau aus. Und mit Leuten, die protestantisch »konsequent!« sind, ist nicht gut Kirschen essen, weder solche aus dem eigenen Garten, vom Markt, vom Biohof und schon gar nicht »Mon Chéri« genannte, womit wir wieder bei Ferrero sind.
Die Süßkrämer von Ferrero verkauften zur Fußball-EM 2016 eine »Sonderedition« ihrer Schoko-Riegel, auf deren Verpackungen Kinderfotos deutscher Nationalspieler zu sehen waren, zum Beispiel von Mario Götze, der so aussah, als hätte er sein Lebkuchentag nie etwas anderes gefuttert, von André Schürrle, dessen langweiliges Aggressions-Ego nicht einmal mit einer Tonne Lollolade befriedigt werden könnte, von Ilkay Gündogan und von Jérôme Boateng. Man kann Werbeständerei egal wofür doof oder stil- und haltungslos finden, man kann auch, wenn man sonst gerade nichts zu tun hat, über »Kinder-Schokolade« und ihren Verzehr durch die erweiterte Zielgruppe die Hände ringen, aber zwei Dinge tut man nicht ungestraft: einem gut gewachsenen, süßen Herforder Bienenkind seinen Schoko-Riegel verweigern und eine italienische Zuckersüßigkeit deutschnational denunzieren.
»Pegida BW – Bodensee« zeigt via Facebook = Fressenkladde ein Foto von zwei Schokolade-Schachteln, auf denen Gündogan und Boateng zu sehen sind. »Vor Nichts wird Halt gemacht«, ächzt es aus der braunen Dummlumpenhölle, und die Pedigaisten versuchen es auch erbärmlich schlapp mit dem, was sie für »Humor« halten und fragen scheinheilig: »Gibt’s die echt so zu kaufen? Oder ist das ein Scherz?«
Für Ferrero ist die kotbraune Attacke ein gefundenes Fressen, um das Verticken der schokobraunen Schore in Kindergärten und auf Schulhöfen in ein antirassistisch aufschimmerndes Licht zu tauchen: »Wir von Ferrero möchten uns an dieser Stelle ausdrücklich von jeglicher Form von Fremdenfeindlichkeit oder Diskriminierung distanzieren. Wir akzeptieren und tolerieren diese auch nicht in unseren Facebook-Communities. Viele Grüße, dein Kinder-Schokolade-Team«, erklärte die PR-Anduz-Abteilung von Ferrero.
Es ist eben alles Kommerz, sogar der prognostizierbare Zahnschmerz. Aber manchmal muss es eben genau das sein. Auf den gekrähten Kinderreim »Kinder-Schokolade / macht den Pimmel grade« möchte ich nicht verzichten müssen, und wenn es schon etwas mit »a« sein muss, dann lieber Viagra als Pegida.