Читать книгу Kalte Duschen, Warmer Regen - Wiglaf Droste - Страница 22

Bier, Rassismus, AKW

Оглавление

Auf einem Bierdeckel kann man nicht nur wie Friedrich Merz eine Steuergesetzgebung notieren oder, wie ein be­gnadeter Fussballspieler, eine ganze gegnerische Mannschaft austanzen; man kann einen Bierdeckel auch bedrucken, zum Beispiel mit den schwarz auf gelb geprinteten Buchstaben »Kein Bier für Rassisten! Fußball. Bier. Weltoffenheit.«

Meine erste Reaktion auf diese Initiative der Fan-Abteilung des BVB 09 war ein inneres, skeptisches Lachen: Ja klar, und davon verschwinden die Rassisten dann, so simpel ist das. Einfach kein Bier mehr an sie ausschenken, und schon sind sie geläutert und quasi nicht mehr vorhanden.

Das ist aber zu kurz gedacht; der Alkoholentzug gegen Rassisten ist unter Fußballfans eine soziale Abwertung und deshalb richtig; vor und nach dem Spiel gemeinsam Bier trinken – ich rede nicht über Sturzbesäufnisse – gehört für viele Fans zum Fußball dazu wie die Frikadelle beziehungsweise, münteferisch gesprochen, »gehört da mit bei«, und wer nicht mitmachen darf, ist draußen. Ein mieser Spruch über »Schwatte«, wie man Schwarze im Ruhrgebiet nennt, und der rassistische Fitti darf sich am Büdchen allein oder mit seinesgleichen ein tristes Dosenbier in den braunen Schlund gießen.

Alkohol senkt die Hemmschwellen und erhöht bei gewaltbereiten Gestalten den dringenden Wunsch, davon auch Gebrauch zu machen; die meisten der braunen Männchen, die Flüchtlinge, Asylbewerber und Menschen mit nichtweißer Hautfarbe verbal oder physisch attackieren, gefährden, verletzen und im schlimmsten Fall um ihr Leben bringen, haben sich das, was sie »Mut« nennen, weil sie keinen haben, zuvor systematisch und gezielt angesoffen. Sollten die promillegesättigten Hetzer, Schläger und Brandstifter nach vollbrachter Straftat erwischt und verhaftet werden, reden sie sich mit juristischer Hilfe auf verminderte Schuldfähigkeit heraus.

Das Gegenteil ist richtig; wer sich absichtlich abfüllt, um Gemeinheiten oder Verbrechen zu begehen und hinterher alkoholbedingt von nichts gewusst haben will, sollte – zack! – noch einen Strafzuschlag obendrauf bekommen, und die Höllen eines kalten Entzugs möge man ihm auf keinen Fall ersparen. Rassisten, ob sie eine politisch gemeinte Glatze auf dem dicken Hals oder feinen Zwirn tragen, sind hinterhältig und feige, und die Strategie des »Ich schütte mich zu, dann kann mir keiner« muss und kann man unterlaufen.

Wenn ein seit Ewigkeiten mit Stadionverbot geächteter Sonnenbanknazi wie »SS-Siggi«, der für »Die Rechte« in Dortmund den Mann der Politik simuliert, mit dem BVB zu werben versucht – »Vom Stadion direkt ins Rathaus« –, bekommt er das juristisch und bei Strafandrohung untersagt und muss die entsprechenden Plakate auf eigene Kosten wieder abreißen oder entfernen lassen. Manchen Antifas ist das zu wenig und viel zu lasch, aber auf längere Sicht ist der Ausschluss vom sozialen menschlichen Leben eine wirksame Waffe.

Dies alles runkelte mir durch die Rübe, als mir die Bedienung in einem Dortmunder Fußballlokal ein AKW auf den schwarz-gelben Bierdeckel stellte; AKW ist die Abkürzung für AlKoholfreies Weizenbier und für Rassisten viel zu schade.

Kalte Duschen, Warmer Regen

Подняться наверх