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Zwanzig Uhr zwei. Der Anschlag hatte eine Minute Verspätung. Behutsam steckte Werner Stahmer den Schlüssel ins Schloß. Georg stand einen halben Meter hinter ihm. Er zog die Pistole aus der Tasche. Sie war entsichert. Er starrte auf die Treppe. Von drinnen kamen die Worte eines Einsamen. Georg griente verächtlich. Kurzen Prozeß machen, dachte er. Früher konnten wir solche Burschen mit dem Stuhlbein zusammendreschen, heute aber … Seine Hand schraubte sich zärtlich und brutal um die Waffe.

Unten ging eine Tür auf. Wieder drangen Gesprächsfetzen nach oben. Stahmer zögerte. Der Komplize starrte zur Treppe. Ira verließ die Wirtsstube, aber das wußten die beiden nicht.

Die junge Frau hielt es nicht aus. Sie flüchtete aus der Nervenfolter in nervöse Panik. Nur der Wirt und sie achteten auf die Minuten. Der schweigsame Bauer in der Stube bestellte das dritte Glas Pilsener. Das ältere Ehepaar unterhielt sich über seine Kinder. Die Kellnerin setzte sich einen Augenblick und las die Zeitung. Die Köchin spülte Geschirr. Eine Tasse fiel zu Boden.

Jetzt waren sie da!

Rudolf Formis spürte es. Die Nerven des Emigranten hörten besser als seine Ohren. Er starrte auf die Tür. Sein gekrümmter Zeigefinger war am Abzug. Aber er blieb ruhig. Sonst kämpfte er auf einer anderen Ebene. Jetzt wunderte er sich, wie vertraut ihm auf einmal die Waffe war, wie mit dem Handballen verwachsen; wie kühl sein Kopf blieb; wie normal sein Puls schlug; wie ihn der Haß auf einmal stark machte; wie er sein Manuskript beiseite legte und frei sprach; wie er Worte fand, die der Stegreif redigierte …

Und Rudolf Formis wußte, daß Menschen in Deutschland, irgendwo, am Radiogerät aufhorchten, den Knopf weiter nach rechts drehten, instinktiv spürten, daß hier, irgendwo in der Ferne, im Untergrund, verfemt und verfolgt, einer über sich hinauswuchs, sich erhob, anklagte …

»Wenn meine Stimme abbricht …«, sagte der Emigrant laut und deutlich, »werde ich ermordet … Vielleicht ist mein Mörder schon unterwegs … Vielleicht schleicht er in dieser Sekunde über den Gang … vielleicht geht gleich die Türe auf … Menschen kann man liquidieren, aber das Gewissen nicht umbringen … Ich werde erst schweigen, wenn ich tot bin …«

Während Rudolf Formis diese Worte mit tödlichem Ernst in das Mikrophon sprach, ging lautlos und unheimlich die Tür wie von selbst auf. Der Spalt verbreiterte sich. Zentimeter um Zentimeter. Aus dem Rahmen wuchs ein Schatten. Eine Gestalt. Ein Mann: Werner Stahmer.

Der Agent setzte zum Sprung an.

In diesem Augenblick drückte Formis ab. Sein Schuß zerfetzte die Stille. Das dicke Mauerwerk warf den Schall zurück.

Dreimal. Viermal …

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