Читать книгу 360° um die Welt - Wolfgang Machreich - Страница 31
ОглавлениеRepublik Singapur
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Die Lingua franca Singlisch ist eine Mischung aus Englisch, Malaiisch, Mandarin, Tamil, dem chinesischen Dialekt Hokkien sowie Bengali und Kantonesisch.
Fläche: | 719 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Malta |
Einwohner: | 5.607.300, 13-mal so viele wie Malta |
Glückliche Toiletten
Singapur ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, die stolz auf ihr Image als blitzsaubere Stadt sind und jede Verschmutzung ahnden. So wurde ein Taxifahrer wegen Pinkelns in der Öffentlichkeit zu umgerechnet 510 Euro Strafe verurteilt. Der Mann hatte in höchster Not seine Notdurft hinter einem Stromkasten verrichtet. Andere Taxifahrer beobachteten ihn, notierten das Autokennzeichen und zeigten ihren Kollegen an. Bestraft wird auch das Spucken auf der Straße. Jahrelang war sogar der Verkauf von Kaugummi verboten.
Blitzsaubere Skyline von Singapur
Auch was seine öffentlichen Toiletten betrifft setzt Singapur höchste Maßstäbe. Das Umweltministerium des Stadtstaats initiierte die Aktion „Happy Toilet“, bei der die öffentlichen Toiletten wie Hotels mit ein bis fünf Sternen bewertet werden. „Wir verbringen fast drei Jahre unseres Lebens auf dem Klo“, erklärte eine Broschüre die Relevanz der Aktion. Die vergebenen Sterne gelten für ein Jahr. Lässt der Standard der Toilette nach, kann die Auszeichnung wieder abgenommen werden. Ab drei Sternen steigt ein Klo in die Kategorie „Happy Toilet“ auf.
Im Durchschnitt suchen Menschen sechsmal täglich eine Toilette auf. Freilich nur jene, die das Glück eines Klosetts haben, das sanitäre Mindeststandards erfüllt. Ein Drittel der Erdbevölkerung, zweieinhalb Milliarden Menschen, hat nur eine verdreckte oder gar keine Toilette zur Verfügung. Auf der Erde sind heute mehr Mobiltelefone im Einsatz als Toiletten, die diese Bezeichnung auch verdienen – umgekehrt wäre es besser, stiller in jedem Fall.
Gegen dieses Übel und um diesem fundamentalen menschlichen Bedürfnis dem Status eines Menschenrechts zu geben, hat der Unternehmer Jack Sim 2001 in Singapur die World Toilet Organisation gegründet. Und Sim hat mit seinem Toiletten-Lobbying absolut recht. Hygienische Toiletten sind eine Notwendigkeit und ein Menschenrecht. Sie geben Würde und ermöglichen die jedem Menschen zustehende Intimität. So still es am Stillen Ort sein soll, so laut muss für seine Etablierung überall und für alle lobbyiert werden. Dieser Ort ist ein Kulturgut. Am ärgsten ist die sanitäre Misere in Indien und südlich der Sahara; große Bevölkerungsteile müssen in diesen Regionen ihre Notdurft im Freien verrichten. Fäkalien geraten ins Trinkwasser und machen dieses zur Brutstätte „wasserbürtiger Krankheiten“: Magen-Darm-Leiden, Durchfall, Parasitenbefall … Der Begriff „Notdurft“ bekommt hier eine lebensbedrohliche Zuspitzung.
Jack Sim und sein Abort-Lobby-Verein haben mittlerweile erreicht, dass auch die Vereinten Nationen die Bedeutung des Klos für die Menschheit würdigen und das Menschenrecht auf einen menschenwürdigen Abtritt im Rahmen ihrer Millennium-Entwicklungsziele universal durchsetzen wollen. Der jährliche Welttoilettentag am 19. November wurde mit dem UN-Gütesiegel aufgewertet. Sims Standardantwort auf Schmunzeln und Stirnrunzeln lautet: „Man darf kurz darüber lachen, aber dann sollte man das Thema ernst nehmen.“
World Toilet Day 2016 in Singapur