Читать книгу COLLEGIUM. - Wolfgang Priedl - Страница 32

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Frederica, Edith und Christian saßen um einen Tisch in der Bar und winkten ihnen zu.

»Hallo ihr Hübschen. Wie war der Abend?«, begrüßte sie Frederico mit seiner nachdrücklichen Stimme. »Dürfen wir uns zu euch setzen?«

Christians Lächeln wirkte wie aufgemalt, als wollte er ›wenn es sein muss‹ sagen.

»Bitte«, gab er zurück und zog bedächtig einen Sessel vom Nachbartisch heran. Hajo und Craig folgten seinem Beispiel.

Gerard servierte die Longdrinks und tauschte leere Knabbergebäckschalen gegen volle aus. Die Italienerin bedankte sich, griff in die Schale und zerbiss geräuschvoll ein Stück Rohscheibe.

»... überlege es dir. Unser Angebot steht. Du bist jederzeit willkommen«, hörte Morrison im Niedersetzen seine Schwiegertochter zu Frederica sagen, während sie ihren Arm tätschelte.

Craig wollte sich nach dem Vorschlag erkundigen, doch der Barkeeper kam ihm mit seiner Frage zuvor.

»Das Übliche? Whiskey, Wein und Campari-Soda?«

Hajo streckte beide Daumen in die Höhe.

Gerard schenkte die Drinks ein, als das Haustelefon an der Theke läutete. Während des Telefonats schaute er abwechselnd zur Rezeption und zu seinen Gästen. Gemächlich stellte er die Gläser auf das Tablett.

Craig merkte die besorgten Blicke des Bartenders. Er drehte sich zu ihm. Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn.

Mit schweren Schritten kam Gerard zum Tisch und verteilte die Getränke. Zuletzt beugte er sich zu Morrisons Ohr und flüsterte: »Kirstin Voss ist eine der Toten.«

Eine Garrotte umspannte Craigs Hals. Langsam schloss sie sich enger und hinderte ihn am Reden.

»Was hat er gesagt?«, wollte Frederico wissen.

Sein Freund sah ihm in die Augen, blähte seine Wangen auf, und schüttelte leise den Kopf. Costa rümpfte die Nase und öffnete einen Spalt weit seinen Mund. Er schwieg, denn er erriet bereits die Antwort. Keiner von den beiden wollte der Überbringer der Hiobsbotschaft sein.

»Weiß man schon, wo Kirstin abgeblieben ist?«, platzte es aus Edith hervor, die ständig über ihr Smartphone wischte, ohne ihren Blick zu heben.

»Nein ...«, antwortete Voss knapp. »...wir warten noch auf eine Nachricht von ihr«, fügte er flüsternd hinzu. Er zog sein Mobile aus der Tasche und legte es griffbereit auf den Tisch. Besorgt musterte Frederica sein Gesicht, als könnte sie die Antworten auf ihre Fragen daraus ablesen.

Edith streckte ihr Smartphone in die Höhe, zog Christian zu sich und schoss ein Selfie; für wen auch immer.

Craig bedachte seine Schwiegertochter mit einem abfälligen Blick, der an ihr abperlte, wie Wasser auf einem wasserdichten Stoff.

Frederico legte seinem Freund tröstend die Hand auf den Arm.

Es tat gut, seine eigene Meinung bestätigt zu bekommen. Morrison griff sich an den Hals, massierte ihn und zerbrach sich den Kopf, wie er Hajo die Nachricht übermitteln sollte. Coram publico oder unter vier Augen? Immer wieder schaute er hilfesuchend zu Frederico, den die gleichen Gedanken plagten. Wenn sich ihre Blicke trafen, zuckte sein Freund mit den Schultern und rieb sich über das Kinn.

Unbehagliche Stille herrschte am Tisch, als würde man sich im Auge eines Hurrikans befinden,

»Laut unseren Statuten müssen wir einen zusätzlichen Vorstand nominieren«, versuchte Frederico ein Gespräch zu initiieren.

»Um dem Quotenwahnsinn Genüge zu tun, schlage ich Claire oder Mathilde vor.« Craig atmete tief ein und war für den Themenwechsel dankbar, der ihm Zeit verschaffte.

»Ich bin für Claire. Vergiss Mathilde«, entschied der Italiener mit ruhiger Stimme, die jede weitere Diskussion im Keim erstickte.

Richtige Entscheidung; Craig nickte.

Hajos Smartphone brummte. Er zog es zu sich, nahm es aber nicht in die Hand. Er schaute lange auf das Display, das ihm ›Unbekannte Nummer‹ signalisierte. Er zögerte auf die pulsierende Antwort-Schaltfläche zu tippen, als hätte er Angst, dass es in demselben Augenblick explodieren würde. Nach dem vierten Brummen raffte er all seinen Mut zusammen und drückte zitternd auf den Bildschirm.

»Hajo Voss ... Ja, sie sprechen mit ihrem Vater ...« Je länger das Gespräch andauerte, desto mehr wich sein Nicken einem Kopfschütteln.

Er saß steif auf seinem Sessel, als hätte ihn der Fluch einer Hexe getroffen, der ihn zur Salzsäule erstarren ließ. Sein Kopf füllte sich mit bleiernem Nebel. In seinen Ohren dröhnten schwere Schläge, als würde auf einem Amboss glühend heißer Stahl geschmiedet. Jeder Hammerschlag ein stechender Schmerz, dem er nicht entkommen konnte.

»... Ja ... Ja ... Wo? … Sie schicken mir die Adresse auf mein Handy ... Wann?«, stammelte er ins Mikrofon.

Grußlos legte er das Mobile nieder. Hilfesuchend wanderte sein Blick von einem Freund zum Nächsten.

Keiner wagte, eine Frage zu stellen.

»Kirstin ist tot!«

Hajos Worte schlugen wie eine Bombe ein.

Nur Edith entfuhr ein gleichgültiges »Oh.« Mehr nicht. Sie hob nicht ihren Kopf, fixierte weiter ihr Smartphone und wischte in einem fort darüber. Empathie und soziales Verhalten zählten nicht zu ihren Stärken.

Der Tisch versank in dunkler Niedergeschlagenheit.

»Jetzt werde ich nicht mehr erfahren, was sie mir erzählen wollte«, schluchzte Voss und erinnerte sich an sein letztes Telefonat mit seiner Tochter. Er erhob sich schwerfällig und torkelte zur Theke.

Gerard erschrak, als er in das gramvolle Gesicht seines Gastes schaute. Es war binnen Minuten um Jahre gealtert.

In Fredericas Augenwinkel sammelten sich Tränen. Sie presste beide Hände auf ihren Mund. Schließlich schlang sie ihre Arme um den Brustkorb. Weinkrämpfe schüttelten ihren Körper.

Von ihrem Armband ertönte eine windspielartige Melodie, als würden kleine Glöckchen aneinandergestoßen, gespielt von dem Eiffelturm, dem Wiener Riesenrad und dem Halbmond.

COLLEGIUM.

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