Читать книгу Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB) - Wolfgang Schönfeld - Страница 959

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3.Vorübergehender Aufenthalt (sog. 183-Tage-Regelung)

Bei einer nur vorübergehenden Tätigkeit in dem anderen Vertragsstaat bleibt das Besteuerungsrecht unter folgenden Voraussetzungen beim Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers (= Ansässigkeitsstaat):

 Der Arbeitnehmer darf sich in dem ausländischen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres (Steuerjahres) bzw. eines Zeitraums von zwölf Monaten aufhalten (vgl. zum maßgebenden Zeitraum die nachfolgenden Ausführungen);

 der Arbeitgeber darf im ausländischen Tätigkeitsstaat nicht ansässig sein (vgl. nachfolgende Nr. 7);

 der Arbeitslohn darf nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im ausländischen Tätigkeitsstaat unterhält (sog. Betriebsstättenvorbehalt vgl. nachfolgende Nr. 8).

Alle drei Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, hat der Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die vom Arbeitnehmer dort ausgeübte nichtselbstständige Tätigkeit.

Beispiel A

Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in München ist für seine Firma (Sitz ebenfalls München) in der Schweiz vom 1. April bis 31. Mai 2022 (= 61 Tage) tätig. Die Firma hat keine Betriebsstätte in der Schweiz.

Die Besteuerung des Arbeitslohns für die Tätigkeit in der Schweiz steht der Bundesrepublik Deutschland zu, da der Aufenthalt in der Schweiz nur vorübergehend im Sinne des DBA ist (nicht mehr als 183 Tage im Kalenderjahr).

Beispiel B

Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in München ist vom 1. Januar bis 28. Februar 2022 in der Schweiz bei einem schweizerischen Arbeitgeber tätig (der Arbeitnehmer ist kein Grenzgänger vgl. dieses Stichwort). Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn hat die Schweiz, da der Arbeitgeber, der die Vergütungen zahlt, in der Schweiz ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland stellt den Arbeitslohn unter Anwendung des Progressionsvorbehalts steuerfrei.

Beispiel C

Ein in Österreich ansässiger Arbeitnehmer wird von seinem österreichischen Arbeitgeber vom 1. April bis 31. Oktober 2022 in die Bundesrepublik Deutschland zur Montage einer Anlage entsandt.

Der Aufenthalt im Inland überschreitet im Kalenderjahr 2022 (= Steuerjahr) 183 Tage. Der auf die Tätigkeit im Inland entfallende Arbeitslohn ist deshalb in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtig. Da die Montage länger als sechs Monate dauert, führt dies zu einer Betriebsstätte (§ 12 Nr. 8 AO) und der österreichische Arbeitgeber ist als „inländischer Arbeitgeber“ (§ 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zum Lohnsteuerabzug verpflichtet.

Beispiel D

Ein Arbeitnehmer ist vom 1. Oktober 2021 bis 31. Mai 2022 für seinen deutschen Arbeitgeber in Österreich tätig. Eine Betriebsstätte des Arbeitgebers in Österreich besteht nicht.

Österreich hat kein Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn. Die 183-Tage-Frist ist für jedes Kalenderjahr (= Steuerjahr) getrennt zu ermitteln. Der Arbeitnehmer ist weder im Kalenderjahr 2021 noch im Kalenderjahr 2022 länger als 183 Tage in Österreich. Da der Arbeitslohn von einem deutschen Arbeitgeber getragen wird und nicht zu Lasten einer österreichischen Betriebsstätte des Arbeitgebers geht, bleibt das Besteuerungsrecht bei der Bundesrepublik Deutschland.

Die 183-Tage-Frist kann sich beziehen

 auf das Kalenderjahr (z. B. Abkommen mit Belgien, Dänemark, Italien, Österreich, Schweden, Schweiz) oder

 auf einen Zeitraum von 12 Monaten (z. B. Abkommen mit Albanien, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Australien, Belarus, Bulgarien, China, Costa Rica, Finnland, Georgien, Ghana, Großbritannien, Irland, Israel, Japan, Kanada, Kasachstan, Kirgisistan, Korea, Kroatien, Liberia, Liechtenstein, Luxemburg, Malaysia, Malta, Mauritius, Mazedonien, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Philippinen, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Singapur, Slowenien, Spanien, Syrien, Tadschikistan, Taiwan, Türkei, Tunesien, Turkmenistan, Ungarn, Uruguay, Usbekistan, Vereinigte Arabische Emirate und Zypern)[230] oder

 auf ein abweichendes Steuerjahr.

Folgende Vertragsstaaten haben ein vom Steuerjahr der Bundesrepublik Deutschland (Kalenderjahr) abweichendes Steuerjahr und keinen Zeitraum von 12 Monaten:

Bangladesch 1. 7.–30. 6.
Indien 1. 4.–31. 3.
Iran 21. 3.–20. 3.
Namibia 1. 3.–28./29. 2.
Neuseeland 1. 4.–31. 3.
Pakistan 1. 7.–30. 6.
Sri Lanka 1. 4.–31. 3.
Südafrika 1. 3.–28./29. 2.

Weicht das Steuerjahr des Vertragsstaates vom Steuerjahr der Bundesrepublik Deutschland (= Kalenderjahr) ab, ist jeweils das Steuerjahr des Vertragsstaates maßgebend, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird.

Beispiel E

Indien hat ein vom Steuerjahr der Bundesrepublik Deutschland abweichendes Steuerjahr vom 1. 4.–31. 3. Der in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Arbeitnehmer A ist in der Zeit vom 1. 2.–20. 8. für seine Firma (Sitz in Deutschland, keine Betriebsstätte in Indien) in Indien tätig. Der Aufenthalt erstreckt sich somit auf zwei Steuerjahre:

1. 2.–31. 3. (1. Steuerjahr) = 59 Tage

1. 4.–20. 8. (2. Steuerjahr) = 142 Tage.

Da der Aufenthalt in keinem der maßgebenden Steuerjahre länger als 183 Tage dauert, steht das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zu.

Abwandlung

Der in Indien ansässige Arbeitnehmer B ist für seinen in Indien ansässigen Arbeitgeber, der keine Betriebsstätte in Deutschland unterhält, in der gleichen Zeit (1. 2.–20. 8.) in der Bundesrepublik Deutschland tätig. In dem maßgebenden Steuerjahr der Bundesrepublik Deutschland (= Kalenderjahr) beträgt der Aufenthalt 201 Tage und damit mehr als 183 Tage. Das Besteuerungsrecht steht der Bundesrepublik Deutschland zu. Da sich im Inland weder eine Betriebsstätte noch ein ständiger Vertreter befindet, ist der ausländische Arbeitgeber nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Für den Arbeitnehmer ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer durchzuführen, bei der die inländischen Einkünfte besteuert werden.

Mehrere Aufenthalte im Vertragsstaat innerhalb eines Kalenderjahres (Steuerjahres) sind zusammenzurechnen.

Wird in einem Doppelbesteuerungsabkommen statt auf das Steuer- oder Kalenderjahr auf einen „Zeitraum von zwölf Monaten“ abgestellt, sind hierbei alle denkbaren 12-Monats-Zeiträume in Betracht zu ziehen, auch wenn sie sich zum Teil überschneiden. Immer wenn sich der Arbeitnehmer in einem beliebigen 12-Monats-Zeitraum an mehr als 183 Tagen in dem anderen Vertragsstaat aufhält, steht dem anderen Vertragsstaat für die Einkünfte, die auf diese Tage entfallen, das Besteuerungsrecht zu. Mit jedem Aufenthaltstag des Arbeitnehmers in dem anderen Vertragsstaat ergeben sich somit neue zu beachtende 12-Monats-Zeiträume. Die Beachtung und Prüfung dieser Regelung ist daher in der Praxis wesentlich schwieriger als beim Kalenderjahr oder abweichendem Steuerjahr.

Beispiel F

Ein Arbeitnehmer ist für seinen deutschen Arbeitgeber vom 1. April bis 20. April 2021 (= 20 Tage), zwischen dem 1. August 2021 und dem 31. März 2022 für 90 Tage sowie vom 25. April bis zum 31. Juli 2022 für 97 Tage in Spanien tätig.

Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte, die innerhalb des Zeitraums 1. August 2021 bis 31. Juli 2022 auf Tage entfallen, an denen sich der Arbeitnehmer in Spanien aufhält, hat Spanien, da sich der Arbeitnehmer innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums dort an insgesamt mehr als 183 Tagen aufgehalten hat (90 Tage + 97 Tage = 187 Tage). Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte, die auf den Zeitraum 1. April bis 20. April 2021 entfallen, steht dagegen der Bundesrepublik Deutschland zu, da in allen auf diesen Zeitraum bezogenen denkbaren 12-Monats-Zeiträumen sich der Arbeitnehmer an nicht mehr als 183 Tagen in Spanien aufgehalten hat.

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