Читать книгу Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB) - Wolfgang Schönfeld - Страница 968

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8.Betriebsstättenvorbehalt

Werden die Löhne von einer im Vertragsstaat der Tätigkeit befindlichen Betriebsstätte (z. B. Ort der Geschäftsleitung, Zweigniederlassung, Geschäftsstelle, Fabrikationsstätte) oder festen Einrichtung des Arbeitgebers getragen, ist auch bei einem Aufenthalt des Arbeitnehmers in dem Vertragsstaat der Tätigkeit von nicht mehr als 183 Tagen ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats gegeben (sog. Betriebsstättenvorbehalt).

Beispiel A

Ein Arbeitnehmer ist bei einer Betriebsstätte seines deutschen Arbeitgebers vom 1. Januar bis 31. März 2022 in Frankreich tätig. Der Arbeitslohn wird wirtschaftlich von der Betriebsstätte getragen.

Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn hat Frankreich. Der Arbeitnehmer ist zwar nicht mehr als 183 Tage in Frankreich tätig, da der Arbeitslohn aber zu Lasten einer französischen Betriebsstätte des Arbeitgebers geht, bleibt das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht erhalten. Frankreich kann daher als Tätigkeitsstaat den Arbeitslohn besteuern. Die Bundesrepublik Deutschland stellt die Einkünfte unter Anwendung des Progressionsvorbehalts steuerfrei.

Beispiel B

Ein in Japan ansässiger Arbeitnehmer wird für fünf Monate an eine in Deutschland gelegene Betriebsstätte seines japanischen Arbeitgebers entsandt. Der auf diese Tätigkeit entfallende Arbeitslohn wird von dem Unternehmen dem Lohnaufwand der Betriebsstätte zugerechnet und der Arbeitnehmer der Betriebsstätte organisatorisch unterstellt.

Obwohl der Aufenthalt 183 Tage im Kalenderjahr nicht überschreitet, ist der auf die Inlandstätigkeit entfallende Arbeitslohn steuerpflichtig, weil der Arbeitslohn von der im Inland gelegenen Betriebsstätte des Arbeitgebers getragen wird. Zum Lohnsteuerabzug ist die Betriebsstätte verpflichtet. Sie ist inländischer Arbeitgeber im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Maßgebend ist der sich aus dem jeweiligen DBA ergebende Betriebsstättenbegriff. Danach sind Bau- und Montagestellen nur ab einer bestimmten – in den DBA unterschiedlich festgelegten – Zeitdauer als Betriebsstätten anzusehen. Nach zahlreichen DBA ist z. B. eine Bau- oder Montagestelle (anders als nach § 12 AO = sechs Monate) erst ab einem Zeitraum von zwölf Monaten eine Betriebsstätte. Mit Ablauf der in den DBA bestimmten Dauer gilt die Bau- oder Montagestelle allerdings ab Beginn als Betriebsstätte.[234]

Beispiel C

Ein in Großbritannien ansässiges Unternehmen führt in Deutschland ein Bauvorhaben von 10-monatiger Dauer aus. Die dabei eingesetzten, in Großbritannien ansässigen Arbeitnehmer halten sich in Deutschland teils länger, teils weniger als 183 Tage auf. Die Arbeitslöhne zahlt das britische Unternehmen zu Lasten des Gewinns aus dem Bauvorhaben.

Das britische Unternehmen ist zwar inländischer Arbeitgeber und somit grundsätzlich zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Denn es unterhält in Deutschland eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO, da die Bauausführung länger als sechs Monate dauert. Der Steuerabzug setzt aber voraus, dass die Arbeitslöhne der britischen Arbeitnehmer nach dem DBA der deutschen Besteuerung unterliegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt für die Arbeitnehmer, deren Aufenthalt in Deutschland länger als 183 Tage dauert. Hier hat Deutschland als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht.

Die Arbeitnehmer hingegen, die sich nicht länger als 183 Tage im Inland aufhalten, sind in Deutschland mit ihren Löhnen nicht steuerpflichtig. Der britische Arbeitgeber hat nämlich hier keine Betriebsstätte im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens mit Großbritannien, da die Bauausführung nicht länger als zwölf Monate dauert. Folglich werden die Arbeitslöhne nicht vom Gewinn einer Betriebsstätte im Sinne des DBA abgezogen.

Der Arbeitslohn wird zu Lasten einer Betriebsstätte gezahlt, wenn die Vergütungen wirtschaftlich gesehen von der Betriebsstätte getragen werden, das heißt, dieser zuzuordnen sind. Nicht entscheidend ist, wer die Vergütungen ausbezahlt oder wer die Vergütungen in seiner Buchführung abrechnet. Es kommt nicht darauf an, dass die Vergütungen zunächst von der Betriebsstätte ausgezahlt und später vom Stammhaus erstattet werden. Ebenso ist es nicht entscheidend, wenn eine zunächst vom Stammhaus ausgezahlte Vergütung später in der Form einer Kostenumlage auf die Betriebsstätte abgewälzt wird. Entscheidend ist allein, ob und ggf. in welchem Umfang die ausgeübte Tätigkeit nach dem jeweiligen DBA der Betriebsstätte zuzuordnen ist und die Vergütungen deshalb wirtschaftlich zu Lasten der Betriebsstätte gehen (BFH-Urteil vom 24. Februar 1988, BStBl. II S. 819). Wenn der Arbeitslohn lediglich Teil von Verrechnungen für Lieferungen oder Leistungen mit der Betriebsstätte ist, wird der Arbeitslohn als solcher nicht von der Betriebsstätte getragen. Man wird davon ausgehen können, dass der Arbeitslohn wirtschaftlich von einer Betriebsstätte im Sinne des DBA getragen wird, wenn er als abzugsfähige Betriebsausgabe bei der Ermittlung des dieser Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinns behandelt worden ist bzw. so behandelt werden müsste.

Eine selbstständige Tochtergesellschaft (z. B. GmbH) ist übrigens nicht Betriebsstätte der Muttergesellschaft, kann aber ggf. selbst Arbeitgeber sein (vgl. die Erläuterungen unter der vorstehenden Nr. 7).

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